Joachim Lottmann: Die Jugend von heute

19.12.2005 | 7 Kommentare | motorhorst

Die Jugend von heute spielt in den Clubs und Bars und stylishen Wohnungen von Berlin (neben Stipvisiten in andere Städte). Dazu ist ständig von einer neuen Droge namens Samsunit die Rede. Doch beides ist eigentlich scheißegal. Es geht einzig und alleine um den Ich-Erzähler, eben um den Lottmann.

Man kennt diese (Kunst?)Figur aus zahlreichen Artikeln, vor allem in der SZ, wo er mit haarsträubenden sachlichen Fehlern und noch absurderen Meinungen und Schlussfolgerungen versucht, popkulturelle Dinge zu beschreiben und - noch schlimmer - zu erklären und kläglich scheitert. Hinzu in jedem zweiten Satz das meist unverhohlende Gejammere über den Verlust der eigenen Jugend, manchmal als verständnisvolles Beobachten und Analysieren getarnt.

Alles in allem ein herrlich hirnverbrannter Schmarrn, ohne echten Sinn oder Tiefgang, natürlich auch keinem echten Schluss oder ähnlichem altmodischemn Krimskrams. Relativ leicht und locker zu lesen, auch wenn es 40 Seiten anstatt 319 getan hätten. Andererseits wären dann aber vielleicht Sätze verloren gegangen, wie "Ich fühlte mich plötzlich wie Stuckrad-Barre, der Anke Engelke verloren hatte."
Teilen: Facebook Twitter

Reihe


Bewertungen

3 Bewertungen
Schnitt: 2,67
Um eine Bewertung abzugeben, musst Du ein eingeschaltenes Mitglied der Motorjugend sein.

Kommentare

Christian_alternakid am 19.12.2005 um 23:52 Uhr:

da ist aber eine ordentliche diskrepanz zwischen dem verriss in den worten und den ganz okayen drei punkten.

motorhorst am 20.12.2005 um 09:03 Uhr:

Stimmt auch wieder.
Wird mal korrigiert.

xmagic am 21.12.2005 um 21:50 Uhr:

Um's kurz zu machen: Das war wohl nix.

apstrakt am 22.12.2005 um 11:14 Uhr:

Was? Es ist ein Meisterwerk. Das Buch des Jahres (2004). Es steckt voller Ironie und ist vor allem eines: LUSTIG - genauso wie seine Artikel in der SZ. Überhaupt der einzige Grund, die SZ zu lesen, deren dämliche Feuilletonisten in Sachen Popkultur sonst fast immer voll daneben liegen. Es geht doch bei so einem Artikel nicht darum, sachlich korrekt zu sein, sondern selbsr POP zu produzieren.

motorhorst am 22.12.2005 um 11:16 Uhr:

Also bei den Artikeln bin ich inzwischen auch zur Überzeugung gekommen, dass das alles Ironie ist. Ansonsten wäre es ja fahrlässig, so etwas immer wieder zu drucken. Ich frage mich nur, ob die prinzipiellen Verschreiber vor allem bei Bandnamen (Block Party, etc.) auch irgendwie als "ironisch" erklärt werden können...

apstrakt am 22.12.2005 um 12:36 Uhr:

Wie großartig der riesige SZ-Artikel über Philip Boa war, in dem JoLo jedoch fast nur über die Stadt Dortmund lästert (und damit eigentlich über das ganze Ruhrgebiet): das "Stalingrad der Nachkriegshoffnungen".

Oder in der taz sein Artikel über den Papstbesuch.
"Die Mädchen auf dem Weltjugendtag sehen atemberaubend aus. Sie wirken wie befreit von der allgemeinen Pornografisierung. Sie sind unter das schützende Dach der Kirche geflüchtet. Der Papst war übrigens auch da."
http://www.taz.de/pt/2005/08/20/a0168.nf/text

Den hier nicht zu vergessen:
http://www.taz.de/pt/2005/10/05/a0128.nf/text
Hat sich natürlich als sehr falsch erwiesen, die These, dass Schröders letzter Akt es war, Merkel zu verhindern. Lottmanns Schröderismus muss man nicht teilen, aber solche Sätze hier, sprechen Bände: "Dieser Mann war wie kein zweiter: Deutschland. Um das zu verstehen, muss man sich das Land einmal ohne ihn vorstellen. Politmanager laufen herum, deren größtes persönliches Risiko, das sie je eingegangen sind, der Besuch einer Juravorlesung ohne Krawatte gewesen ist."

Beste Polit- und Gesellschaftssatire.

Und so weiter. Muss ich es noch erwähnen? Ich bin ein Fan.

Im übrigen ist die Kernaussage des Romans, wenn man ihn denn als pseudosoziologische Studie über die Jugend von heute missverstehen will, wie es etwa auch damals in der debug-Rezension geschehen ist, die Kernaussage ist: die Jugend von heute bohnert nicht mehr, die kuschelt nur. ;)

Christian_alternakid am 22.12.2005 um 16:14 Uhr:

buch kenne ich nicht und kann nichts sagen, aber den SZ artikeln, bei denen mir schon klar ist, dass die mehr als parodie auf eine rezension angelegt sind, spreche ich trotzallem jeglichen wert ab. ich finde sie weder unterhaltend noch informierend. was sollen sie mir darüber hinaus denn geben? mir gefällt der stil nicht, ich finde die beobachtungen nicht treffend, es ist ausschließlich selbststilisierend, was man gerne machen kann, aber dann nicht erwarten darf, dass ich die selbststilisierung in den artikeln auf irgendeine art interessant finde. wird dann eben für andere geschrieben.


Kommentieren

Als Mitglied der motorjugend mit dem Rang Blicker oder mehr kannst Du an dieser Stelle einen Kommentar zu dieser Text abgeben und andere Kommentare kommentieren.