Dylans Abkehr vom reinen Folk und Hinwendung zu elektrisch verstärkten Klängen (zumindest auf der ersten Hälfte des Longplayers) beginnt gleich höchst eindrucksvoll mit einem Feuerwerk namens "Subterranean Homesick Blues", einem Song, der einen sofort voll abholt und mitreißt - sicher auch das Highlight des Albums. Trotz der herausragenden Rolle dieses Titels ist das Pulver aber damit bereits keineswegs verschossen, sind doch weitere Perlen wie "Maggie's Farm", "Bob Dylan's 115th Dream" (der unterlassene Outtake zu Beginn symbolisiert quasi die spürbare Spielfreude, die dem gesamten Album innewohnt), "Mr. Tambourine Man" und vor allem "It´s All over Now, Baby Blue" auf der Scheibe zu finden. Hinzu kommt, dass "Bringing It All Back Home" wirklich keinen einzigen Lückenfüller aufweist, sondern durchgehenden Hörgenuss bietet. Dylan at his best!
Wahnsinn, was die von mir tatsächlich erst bei der Arbeit an dieser Rangliste entdeckten Sonics auf dieser Scheibe abreißen! Eine Urgewalt, die einem dort akustisch entgegenfegt! Hier wird der Weg zum Punk (noch deutlich vor den Stooges) geebnet und das im Jahr 1965! Besonders faszinierend ist das fantastische Organ von Sänger Gerry Roslie, der immer wieder mit wildem Geschrei aufwartet. Dieses Debütalbum der Band ist - wie viele Longplayer dieser Zeit - mit zahlreichen Coverversionen gespickt, doch die richtigen Kracher sind hier mehrheitlich die Eigenkompositionen, allen voran das mitreißende "Strychnine", das auch in meinem Song-Ranking immer weiter nach oben geklettert ist. Aber auch "Boss Hoss" (verantwortlich für den Namen der musikalisch doch ganz anderswo angesiedelten deutschen Band) und "Psycho" sind echte Juwelen. Von den Cover-Versionen ragt der neuinterpretierte Richard-Berry-Song "Have Love Will Travel" heraus, der fast genauso abgeht wie "Strychnine". Und auch "Good Golly Miss Molly" muss sich nicht vor dem bereits bärenstarken Original des großen Little Richard verstecken.
Ein Hammer-Album!
Startet gleich mit zwei richtigen Krachern, wobei dem bereits sehr gelungenen Titeltrack der noch stärkere Ohrwurm "The night before" folgt. Der alles überragende Song bleibt aber natürlich "Yesterday", dieser zeitlos schöne Klassiker, der einem stets ein Mitträllern geradezu aufzwingt - selbst Individuen mit so geringen Sangesqualitäten wie meiner Wenigkeit. Da zudem zum Abschluss "Dizzy Miss Lizzy" nochmal richtig gut abgeht und mit "Another girl", "Ticket to ride" und "It's only love" weitere durchaus ansprechende Songs vertreten sind, verdient sich das Album trotz einzelner qualitativ abfallender Titel zweifellos eine Top-Platzierung im Musikjahr 1965.
Die Rolling Stones waren anno 1965 in puncto Albenveröffentlichung ja recht umtriebig, wobei "Out of our heads" ihr gelungenstes Opus darstellt. Es beginnt bereits vielversprechend mit dem eingängigen "Mercy, Mercy" und kann im Folgenden mit mehreren richtig geilen Songs punkten. Zu nennen sind hier natürlich die Klassiker "The Last Time" und die ewige Hymne "Satisfaction". Zu meinem persönlichen Favoriten hat sich aber mittlerweile "Play With Fire" gemausert, bei dem insbesondere Mick Jaggers Gesang von herausragender Eindringlichkeit ist. Darüber hinaus sind die Coverversion des Soulsongs "That's How Strong My Love Is" und "I'm All Right" (aus Bo Diddleys Feder) durchaus vorzeigbare Songs, die auch ihr Scherflein zur hohen Gesamtqualität des Albums beitragen.
"Having A Rave Up With The Yardbirds", bereits das zweite Album, das die Yardbirds anno 1965 veröffentlichten, verbindet gekonnt Blues und Psychedelic Rock und ist deutlich stärker einzustufen als der ebenfalls in dieser Rangliste platzierte Vorgänger "For Your Love".
Zwei Songs ragen besonders heraus: der Opener "You're A Better Man Than I" (geile Gitarrenparts!) und das treibende "Heart Full Of Soul", auf dem zur Unterstützung eine Sitar zum Einsatz kommt, noch ehe die Beatles davon Gebrauch machten.
Zudem finden sich drei überzeugende Coversongs auf dem Album: "The Train Kept A-Rollin'" kommt deutlich bluesorientierter daher als das bekannte spätere Aerosmith-Cover. "I'm A Man", der unzählige Male anderswo gecoverte Bo-Diddley-Song, ist gleich zweimal auf dem Album vertreten (als Studio- und als Live-Version). Trotz durchaus zu attestierender Coolness reicht er allerdings weder an das Original noch an die ebenfalls 1965 veröffentlichte Version von "The Who" und erst recht nicht an die sensationelle Black-Strobe-Version heran. Hinzu kommt noch das herrlich bluesige Live-Cover "Smokestack Lightning" (im Original von Howlin' Wolf interpretiert).
Das Album ist übrigens unterteilt in Studio-Aufnahmen auf der A-Seite und Live-Aufnahmen, die bereits aus dem Jahr 1964 stammen, auf Seite B. Bei letzteren ist noch der große Eric Clapton an der Gitarre zu hören, während auf den Studioaufnahmen ein weiterer Gitarren-Heros, nämlich kein Geringerer als Jeff Beck, als sein Nachfolger die Saiten bearbeitet.
Als wären zwei derartige Meister an der Gitarre noch nicht genug für die Historie einer einzigen Band, gab sich ab 1966 auch noch Legende Jimmy Page die Ehre. Nachdem sich die Yardbirds 1967 eigentlich aufgelöst hatten, formierte Page im Jahr 1968 für noch ausstehende Konzerte neue Musiker als "New Yardbirds". Diese Musiker hörten auf die Namen Robert Plant, John Bonham und John Paul Jones. Ja, die kennt man doch irgendwoher.... - richtig, diese Formation schrieb dann unter dem neuen Namen Led Zeppelin Musikgeschichte (und wird mit Sicherheit noch ihre Auftritte in meinen späteren Ranglisten haben - so viel kann ich getrost spoilern)!
Sehr amüsant ist hierzu folgende auf Wikipedia zu findende Anekdote: "Großer Einfluss auf die Namensgebung wird Keith Moon, dem Schlagzeuger von The Who, zugesprochen. Dieser soll 1966 bei den Aufnahmen zur Jeff-Beck-B-Seite Beck’s Bolero (an der Page und John Paul Jones mitwirkten) gesagt haben, eine Band um Page würde ,abstürzen wie ein bleiernes Luftschiff' (,The band will go over like a lead zeppelin'). Diese Bezeichnung sei im Oktober 1968 schließlich von der Band übernommen worden. Da im Englischen das Wort lead sowohl das Verb to lead [liːd] (,führen') als auch das Substantiv lead [lɛd] (,Blei') bezeichnet, strich man auf Vorschlag des Produzenten Peter Grant zur Verdeutlichung der korrekten Aussprache das a, um zu verhindern, dass ,doofe Amerikaner' (,thick Americans') es als ,leed' [liːd] aussprechen." (https://de.wikipedia.org/wiki/Led_Zeppelin)
Nachdem ich Golden Earring, den leibhaftigen Beweis dafür, dass aus den Niederlanden nicht nur Heintje, Vader Abraham oder Caught in the Act, sondern auch musikalisch hochwertige Ware exportiert wurde, zunächst nur als Hardrock-Act der 70er Jahre, insbesondere mit ihrem '73er-Meisterwerk "Moontan" (das auch den legendären Klassiker "Radar Love" enthält), auf dem Schirm gehabt hatte, stellte ich überrascht fest, dass die Wurzeln der Band viel weiter zurückreichen und ihr Debütalbum bereits 1965 erschienen war - damals noch unter dem Namen "The Golden Ear-rings". Stilistisch kommen die Niederländer damals allerdings noch ganz anders daher. So sind insbesondere die ersten Songs stark von der damals populären Beatmusik geprägt, es finden sich aber ebenso deutliche Garage-Rock-Anleihen und auch psychedelische Einflüsse. Alles in allem ein sehr abwechslungsreiches Album, das ganz anders ist als das Material, das ich bisher von der Band kannte und schätzen lernte, aber dennoch so überzeugend, dass ich nicht umhin kam, es nachträglich ins Ranking aufzunehmen.
1965 gehört Bob Dylan. Allein dass in meiner Liste gleich fünf Ewigkeitssongs von Dylan aus diesem Jahr stehen (verglichen mit 3 der Beatles und 2 der Stones beispielsweise) und ich hier noch nicht einmal "Like A Rolling Stone" mit aufgenommen habe. Dass Dylan gleich zwei Alben innerhalb von fünf Monaten veröffentlichte, die jede für sich genommen Platte des Jahres in so gut wie jedem Jahr seit der Erfindung der Gitarre sein könnten. Und dass darüber hinaus auch noch sonst überall in '65 seine Spuren zu hören sind - von den offiziellen Coversongs (Mr Tambourine der Byrds) zu den inoffziellen (A Public Execution von Mouse & The Trapps), von den nicht zu überhörenden Einflüssen ins Songwriting der Beatles (You've Got To Hide Your Love Away) bis Sonny Bono (Laugh At Me).
1965 war Dylan, Dylan war 1965.
"Bringing It All Back Home" steht meiner Nummer 1 "Highway 61 Revisited" kaum nach, in der Frage nach den größeren Einzelsongs ist "Bringing..." vielleicht sogar die *noch* bemerkenswertere Platte - oder wer mag gegen "Subterranean Homesick Blues", "It's Allright Ma (I'm Only Bleeding)" und "It's All Over Now, Baby Blue" anreden? "Highway 61 Revisited" erreicht dennoch für mich den Album-des-Jahres-Platz um eine wirre Lockenlänge eher, da auf "Highway" kein einziger durchschnittlicher Song ist, ich bei "Bringing It All Back Home" aber vielleicht auf den einen oder anderen Track in der Mitte des Albums auch verzichten könnte (was aber Kritik auf sehr hohem Niveau ist).
Die Definition von Garage-Rock und ein nicht unerheblicher Wegbereiter für die spätere Punkexplosion.
Ein Album randvoll mit Hits, Gekreische, Gitarrengekrache, Klaviergehaue und hatte ich schon Hits erwähnt? Mit "Strychnine", "Have Love Wil Travel" und "Psycho" sind drei der größten Garagerock-, ach was: 60ies-Songs!, überhaupt enthalten und dabei habe ich hier noch nicht mal "The Witch", "Money" oder "Do You Love Me" erwähnt.
Dass sich Boss Hoss nach "Boss Hoss" von diesem Sonics-Album benannt haben, gut, dafür kann man die alten Garagenrockhunde ja nicht verhaften
Mein Lieblings-Dylan-Stück "Desolation Row" beschließt dieses Album, das mit DEM Siganture-Song "Like a Rolling Stone" beginnt - wie soll man hier etwas anderes als die 10, also Platz 1, ziehen? Na ja, zum Beispiel wenn der werte Herr im selben Jahr gleich noch ein Kracher-Album auf den Markt wirft. Klar, die Konkurrenz war in dieser Song-Zeit nicht riesengroß, aber das Werk hätte natürlich auch in einem anderen, albumeskeren Jahrzehnt seinen Platz sehr weit vorne sicher.
Dieses Album legte ich relativ unvorbereitet und -wissend ein, gleich begrüßte mich einer meiner Alltime-Favoriten (Der mit den Zetteln mit den Lyrics), aber hey, damit war es ja noch gar nicht getan - im Gegenteil: Da scheppert und revoltiert es Song um Song und kracht, dass man schon fast das (vielleicht eine Etage zu hohe gegriffene) Wort "Proto-Punk" in den Mund nehmen möchte, sich aber dann doch nochmal am Riemen reißt.
Ich bin alles andere als ein Beatles-Experte, sage aber mal aus der Hüfte: Die letzte durchschnittliche Beatles-Platte. Zu sehr ruft dieses Werk eher "Singles-Sammlung" als "Album", was in dieser Musikepoche aber auch alles andere als ungewöhnlich ist. Der Ausruf "Wow, solche Musik in dieser frühen Zeit? Da müssen die Hörer ja zusammen gezuckt sein, als die Eisenbahn direkt auf sie zu fuhr" liegt mir beileibe noch nicht auf den Lippen, aber ein Stück wie Norwegian Wood deutet schon in die richtige Richtung. Die besten Beatles-Songs des Jahres erschienen aber nicht auf Longplayern sondern als 7inch.
Stop the press. Mit solch einem Stück hat man 1965 den Grand Prix gewonnen. Von Serge Gainsbourg geschrieben? Eventuell muss ich meine Meinung zu diesem Quatschwettbewerb doch noch mal überdenken. Fantastischer, treibender Song, der zwischen Fröhlichkeit und Melancholie wunderbar pendelt und erfreut. Musste lange nachdenken, ob ich diese Version oder die deutsche Adaption "Das war eine schöne Party" wählen sollte. Beide peak.
Eine Live-Version des Stücks von Arcade Fire 2007 in Paris performt, zeigt, welche Energie in dem Stück steckt und ich hoffe die Begeisterung des Publikums war grenzenlos.
Ich bin gerade etwas wütend, dass es keine Stereolab-Version des Songs gibt, aber das wäre vielleicht zuviel der Perfektion.
Unzerstörbarer Klassiker, immer wieder erstaunlich wie man sich nicht satt hören kann.
Der Bob-Dylan-Song an dem sich alle Dylan-Stücke - zumindest für mich - messen lassen müssen. Bizarrerweise bin ich durch Blumfelds "Jenseits von Jedem" (dem Song) auf dieses mir zuvor unbekannte Stück gestoßen. Und danach konnte ich eben das bizarre Personal von Distelmeyers Stück nicht mehr ganz so gut goutieren, da Dylan die historische und biblische und fantastische Staffage schon fast 40 Jahre früher in Szene gesetzt hat und nun ja, doch etwas besser. Intensiver. Origineller.
Über 11 Minuten Spielzeit sind deswegen natürlich auch nicht zu lang, sondern eher zu kurz.
Das Thema Harmoniegesang werde ich in den ersten 5-10 Jahren dieser Reihe sicher noch mehrfach ins Felde führen, doch hier kommt natürlich noch der Groove mit ins Spiel und die Erleichterung. Und zwar darüber, dass man irgendwann erkennt, dass You can't hurry love nicht von Phil Collins stammt, dann mehr von den Supremes entdeckt und schließlich bei diesem - natürlich auch durch Radio und Filmverwendungen - immer irgendwie im Hintergrund präsenten Stück landet.
Ich kann leider nicht mehr nachvollziehen, wie ich auf die große Nina Simone gekommen bin, aber es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass es durch die 2003er-Remix-Version von Sinnerman von Felix the Housecat war. Das Ironische ist, dass es überhaupt nicht notwendig ist, diesem Song mit einem treibenden Beat die Illusion eines hypnotischen, nach vorne gehenden Rhythmus zu verleihen, denn ein Hören der "Original"-Version von 1965 zeigt: Das ist alles schon da. Ganz ohne House-Klavier. Oder halt mit der Mother of all house klaviers.
Relativ spät in meine Topliste reingerutscht, ist das ein Song, der sofort in Kopf und Beine geht und wo man sogleich freudig mitstampfen und über die Tanzfläche schieben möchte, dass es nur so eine Art hat.
Dieses ikonografische Video hat sich in den Sehzellen eingefräst, bevor man noch die Connection mit dem Song oder gar Interpreten gemacht hat. Und hier gibt es gleich noch eine "Wie bin ich unterbewusst auf das Stück gestoßen, ohne wirklich zu wissen, um welches es sich handelt". In der Kennenlernszene aus Oliver Stones Doors-Biografie zwischen Ray Manzarek und Jim Morrison singt Manzarek als Beispiel, was man nicht machen wollte, u.a. auch dieses Stück vor. Möglicherweise täuscht mich jetzt auch da meine Erinnerung, aber zumindest prägten sich die Zeilen so ein, wie auch die im selben Kontext erwähnte Misses Brown, die eine lovely daughter hatte. Nicer Vetreter der anderen Dylan-Schule, die nicht in Richtung der ausufernden Erzählungen geht, sondern stattdessen einen knackigen zweiminütigen Rocker hinschleudert.
Das Stück hatte ich schon aussortiert, aber glücklicherweise haben die Kollegen da die Beweise gefunden, dass es im aktuellen Jahr erschien. Großartig vorgetragene Marschmusik, die diese Bezeichnung natürlich nicht verdient, liegt sie aber aufgrund des Themas doch so nahe. Wir hören uns hier durch ein Jahr, das vor Hits weiblicher Sängerinnen überquellt und die männlichen Kollegen ein ums andere Mal in den Schatten stellt.
Rubber Soul ist gefühlt Welten oder Lichtjahre vom ein Jahr später erscheinenden Meisterwerk Revolver entfernt. Zu viel simpler Yeah Yeah Yeah Brei verhindert hier, dass sich echter Hörgenuss bei mir einstellen kann (aber ey, warum hast du es dann auf Platz 3 bei den Alben gewählt? - Schnauze Gehirn, sonst gibt es mit dem Wattestäbchen!). Die wohlige Ausnahme ist Norwegian Wood (This Bird has flown), was nicht nur durch die tolle Klammer die Großtaten des nächsten Longplayers endlich andeutet. Ich kann nicht genau festnageln was es ist, aber zwischen der zarten Instrumentierung, dem zurückhaltenden Gesang und dem verschleppten Tempo jenseits allen "Gude Laune!!"-Ansatzes wohnt wohl die Ursache der Beliebtheit meinerseits.
Großartige Single und Zeitzeuge dieser tollen Epoche, wo die Bands Album um Album auf den Markt warfen (die natürlich vor allem Singles-Compilations waren, sind wir mal ehrlich) und zwischendurch aber noch Singles rausbrachten, wo 1 oder meist eben 2 Non-Album-Tracks immer wieder herausragten. So hier Day Tripper, vor allem aber We can work it out, dass mir zweiunddreißig mal mehr zusagt als das vorangehende Rubber Soul Album.
Zum Glück war eine der unzähligen Coverversionen des Dylan-Klassikers, die nicht nur in diesem Jahr erschienen, die großartige Interpretation von Johnny Cash und June Carter. Wesentlich besser als das - abermals genölte - Original und für mich die definitive Version des Stücks.
Das ist ja von der Aufzählung her schon fast ein Kinderreim mit den Vögeln und den Bienen und den Blumen und den Bäumen und dem Apfelmaaaaann, ach nee. Dazu aber natürlich noch die unzureichend versteckte sexuelle Konnotation mit den Bienen und Blumen (verstehense, verstehense?). Aber swingt halt und man selbst dann auch gleich mit, dagegen habe ich keinen Bock, mich zu wehren, sorry.
Im Gegensatz zum unerträglichen "What's new pussycat?" aus dem selben Jahr und Album, das in seinem unmöglichen zweideutigen Titel und Text und Vortrag zum sofortigen Abschalten zwingt, ist das ein ganz toller, mitreisender Hit, gerade auf der instrumentalen Ebene. Und ausnahmsweise stellt Tom Jones sein markerschütterndes Organ hier in den Dienst des Songs und nutzt es nicht, um auf meinen überstrapazierten Nerven Boogie zu tanzen.
Würde andernorts wohl als guilty pleasure durchgehen, aber ein guter Song ist einfach ein guter Song. Unkaputtbares Stück, das vor allem durch den recht melancholischen Gesang zur eigentlich fröhlichen Melodie (oder ist die auch melancholisch, wenn ich genauer hinhöre, irgendwie schon?) gewinnt. Und das bei diesen doch eher positiven Themen: California! Dreaming! Auch ein recht singulärer Hit für mich, zumindest ist mir gerade kein Mamas und Papas Song präsent, der eventuell noch charten könnte.
Den wollte ich echt rauslassen. Vermutlich nur vom wirklich unerträglichen "Knockin' on a heaven's door" überboten in der Kategorie "unzählige Wiederholungen in Funk und Fernsehen" und halt auch wieder so ein Konsens-Song und dann auch noch die Band im Titel des Stücks führend, die sich nach selbigem benannt hat, ach nein, das haut ja zeitlich gar nicht hin. Aber halt auch so ein herrlicher Ohrwurm, mit der Schweineorgel zu Beginn und der großartigen Frage "How does it feel?", tja, auf die läuft es doch eigentlich immer hinaus im Leben. Wenn auch wohl nur der drittbeste Dylan-Song des Jahres 1965, aber mit der Meinung stehe ich wohl eher alleine da, on my own, no direction home.
Die Vorzeichen sind mal wieder schlecht: Absolut todgenudeltes Stück, das durch seine Verwurstung in Groundhog Day, wo es quasi sinnbildlich für den immer wieder gleichen, tristen Tag ist, der sich wiederholt und wiederholt, steht, endgültig erledigt sein sollte. Indes hört man ihn auch bei der 40. Wiederholung im Film oder auch Formatradio immer wieder gern. Tolles Duett eines nicht so ganz glücklichen Paares (oder verwechsle ich das gerade mit Ike und Tina Turner? Oder war das damals einfach so?) und dann noch dieses fagottartige Geräusch im Hintergrund des Refrains, what's not to like?
Gibt es eine Person, die diesen Song nicht kennt? Eben. Todgenudelt, als sprechende Untermalung für Sendungen und TV-Berichte, die das Songthema nur ansatzweise tangieren und auch in Film und Serien überbeanspruchte Tonspur. Andererseits, wie viele epische Songzeilen vom Format "I hope I die before I get old" gibt es denn schon?
Das Schöne an diesen Jahren ist ja, dass man manche Stücke jedes Jahr in die Charts wählen könnte, weil wieder 13 Künstler das gleiche Stück nochmal gecovert haben, dass es nur so eine Art hat. Wenn man das nicht missbrauchen möchte, sucht man sich einfach die Version aus, die am besten gelungen ist und oft ist das entgegen der landläufigen Meinung nicht das Original. So auch hier, ist die lieblich-zurückhaltende Version der Byrds doch viel passender als das unangenehme Genöle, das Bob selbst in die Bahn geschmissen hat.
Wenn man in den 70ern aufgewachsen ist, wurde man mit Kabarettisten und Protestsängern sozialisiert und entwickelte folglich die entsprechende Abneigung gegen beides oder es war einem halt einfach nicht zu helfen. Wenn sich dann die Helden der deutschsprachigen Indie-Szene der 90er auf einmal immer wieder auf einen der Geschmähten bezogen, den man aber eigentlich gar nicht kannte, vielleicht vom Namen her, und hört dann doch auf einmal auf und zu. Bei dieser Nichtmusik mit dem Nichtgesang, aber halt dem Sendungsbewusstsein und der Fülle an Information und Dingen, zum drübernachdenken, so viel wie halt in fünf Minuten reingepresst werden können.
Das ist mehr als der obligatorische deutsche Song in diesen Charts. Rein aus Quotengründen wollte ich weder das todgespielte Marmor Stein und Eisen bricht noch eine der deutschen Adaptionen internationaler Hits ins Programm nehmen, auch wenn es sehr beachtlich ist, dass France Gall oder Joan Baez damals wie selbstverständlich lokalisierte Versionen ihrer großen Erfolge auf den Markt brachten.
Alleine das Wort "Halbstark" ist einfach so wahnsinnig blöd und gestrig, wird aber noch durch den selten blöden Bandnamen Yankees, gerne um das obligatorische "The" oder noch dümmere "Die" ergänzt, übertroffen. Dennoch ist das in seiner Ohrwurmigkeit einfach ein Smash hit, den man gerne nach 1-2 Kurzen lautstark mitblökt.
(Der Autor hat leider erst später gesehen, dass mit Franz-Josef Degenhardt ja doch noch ein deutscher Interpret vertreten war)
Klasse Version, natürlich auch hier nicht das Original, der Wikipedia-Eintrag ist so herrlich sinnbildlich für diese Ära "1963 von Roger McGuinn (OK, der ist immerhin bei den Byrds) für Judy Collins arrangiert, eigentlich aber ein Peter Seeger Stück von 1962" und auch der Rest des gleichnamigen Albums strotzt ja wie üblich nur so von Coverversionen, Adaptionen und traditionellen Folk-Stücken, die zum 367. interpretiert wurden. Augenöffnend für alle, die das Geseier von "handgemachter, echter Musik" von früher immer so gerne für bare Münze nehmen, alles Quatsch, früher schon alles geklaut gewesen.
Tolle Melodie auf jeden Fall, die sich festhakt im Schädel, der Text ist wohl was biblisches, aber auf Texte höre ich eh nicht, dafür habe ich keine Zeit.
Auch ein schöner Effekt der ganzen Aktion hier: Originale finden. Natürlich war ich der Überzeugung, dass die leidlich bekannte Version von Bow Wow Wow aus den 80ern, mannigfaltig in Filmen platziert, nicht zuletzt in Sofia Coppolas "Marie Antoinette" prominent gefeatured, das Echte wäre. Sollte ich es doch besser wissen, bei diesen ganzen (Post-)Punk-Rockern, wo doch so gerne gecovert wurde. Sei's drum. Schöne Version der ansonsten für mich völlig unbekannten und -schriebenen The Strangeloves.
Das ist nicht die beste Version des Stücks, aber da die Stones-Version schon ein Jahr früher veröffentlicht wurde und ich mir bei Depeche Modes genialer Variante nicht sicher bin, ob ich die in den 80ern tatsächlich charten kann, kommen hier die für mich keine größere Rolle spielenden Them und Van Morrison zu Listenehren. Klasse Song mit tollen Lyrics, die man gerne bemüht und nie richtig mitbrummt.
Verbinde ich als Kind der 80er natürlich mit der Alf-Folge, in der Alf seine außerirdische Freundin Rhonda mit diesem Song kontaktiert. Beinhaltet all das, was die Werke der Beach Boys in ihren besten Momenten zu ebenso guten Stücken macht: Eingängige Melodie, treibende gute Laune ganz ohne Surfgedanken, Harmoniegesang oben drauf - fertig ist die Laube.
Natürlich ist das wieder so ein Act, für den man sich gerne und ausgiebig schämt, auch ohne der gräßlichen Cover-Version von Disturbed vor ein paar Jahren. Aber Simon & Garfunkel sind eben auch ein kultureller Fels von Der Reifeprüfung (könnte dieser Film überhaupt ohne dem Soundtrack funktionieren? Ich denke ja, aber...) bis zu scheinbaren Kleinigkeiten wie dem Cover der G-Stoned EP von Kruder und Dorfmeister. Auch das ist wieder ein Stück, dem man nirgends entkommen kann und eher 100 als 10 mal gehört hat, das aber auch die Klippe des Todgespieltwerdens umschifft wie ein Lachs auf dem Weg zum Laichen.
Diese ergreifend traurige Ballade, die - obwohl von den Stones selbst geschrieben - zuvor schon von Marianne Faithfull interpretiert worden war (deren Version kann der Stones-Version jedoch nicht das Wasser reichen) entdeckte ich einst für mich, als ich als 11-12-Jähriger begann, die Plattensammlung meiner Eltern zu durchforsten. Aus dem großen Repertoire der Rolling-Stones-Platten (mein Vater ist ein riesiger Stones-Fan) griff ich eher zufällig zuerst zur LP "December's Children" und war gleich beim ersten Hören völlig fasziniert von diesem Song. Bis heute hat er für mich nichts von seinem Zauber eingebüßt.
Gleich zu Beginn des Songs holen einen die Akustikgitarrentöne voll ab, die später sehr wirkungsvoll von den Streichinstrumenten unterstützt werden, die genau an der richtigen Stelle einsetzen. Und natürlich flasht einen die wunderbare Zerbrechlichkeit in Mick Jaggers Gesang. Ein Meisterwerk!
Manche mögen diesen Song der Righteous Brothers für schnulzig halten, aber ich finde ihn nach wie vor einfach wunderschön. Geht voll unter die Haut und stellt alle anderen Coverversionen des Songs ganz klar in den Schatten.
Teil des Duos ist ja Bill Medley, den ich in meiner Jugend zunächst als (Mit-)Interpret des mich eher nervenden "The Time of my life" aus "Dirty Dancing" kennengelernt hatte. Und auch mit "Unchained Melody" sollte Medley dann wichtiger musikalischer Bestandteil eines Patrick-Swayze-Films ("Ghost") werden, was diesem tollen Lied, in dessen Text der Songtitel bemerkenswerterweise gar nicht vorkommt, noch einmal einen verdienten Popularitätsschub geben sollte.
Zeitloser Klassiker, dessen Text einem beim Hören fast zwangsläufig zwecks Mitsingen über die Lippen geht. Ein wahnsinnig gefühlvoller Song mit einer einfach tollen Melodie. Letztere soll Paul McCartney einst - gespielt von einem Streichorchester - im Traum vernommen und noch im Halbschlaf notiert haben (vgl. ZEITMagazin N°10, 4.3.2021).
Bereits 1964 auf "Wednesday Morning, 3 A.M.", dem Debütalbum von Simon & Garfunkel, veröffentlicht, wurde der Song ein Jahr später in dieser neuen Version als Single auf den Markt gebracht und startete durch, ehe er durch den Film "Die Reifeprüfung" endgültig Unsterblichkeit erlangte, wobei er für mich auch den anderen Klassiker aus dem Film, "Mrs Robinson", toppt.
Neben der wunderschönen Melodie, an der man sich auch nicht überhören kann, fasziniert auch gleich zu Beginn des Songs das gewählte Vokabular ("Hello darkness, my old friend / I've come tot talk to you again") - herrlich poetisch, auch wenn Paul Simon diese Zeilen lapidar damit erklärt, in seiner Jugend oft im dunklen Badezimmer Gitarre gespielt zu haben.
Obwohl es mittlerweile dank Disturbed eine noch geilere Version gibt (hier bin ich ganz anderer Meinung als der Motor), gebührt dem Original nach wie vor meine uneingeschränkte Hochachtung.
Nachdem ich diesen Song kurioserweise im Musikunterricht der Mittelstufe kennengelernt hatte, da wir ihn dort gesungen hatten, waren erste Sympathien geweckt. Richtig lieben lernte ich ihn dann aber Mitte der 90er Jahre auf den Flower Power Parties im Schwabacher "Trend". Mit seiner Eingängigkeit und Melancholie einfach ein toller Ohrwurm.
Gibt es einen größeren Garage-Rock-Song*?
Und dabei ist "Have Love Will Travel" ja sogar nur ein Cover eines 1959er Songs von Richard Berry. Aber wie die Sonics mit den verzerrtesten Gitarren von 1965 dem Berry-Original jede Doo-Wop-igkeit austreiben und den Song in völliger Übersteuerung in die Welt brüllen, das hat soviel Energie wie 11 Jahre später Johnny Rotten bei "God Save The Queen.
Diese ersten sieben Sekunden, die böse groovende Gitarrenfigur und *dieser* Schrei. Besser kann ein Song nicht beginnen.
*Ok ich lass mit mir reden, "Strychnine" der Sonics (ebenfalls '65) gehört auch in den Olymp.
Da Bob Dylan 1965 zwei Alben veröffentlichte, weiche ich meine "1 Song pro Künster"-Regel zugunsten "einen Song pro Album" auf - und selbst hier ist es schwer, sich für den besten Song von "Bringing It All Back Home" zu entscheiden, sind doch mindestens "It's Allright Ma, I'm Only Bleeding" und "It's All Over Now Baby Blue" Top-Ten-tauglich für dieses Jahr. "Subterranean Homesick Blues" erhält letztlich auch wegen seiner historischen Bedeutung den Zuschlag, ist er doch der entscheidende Wendepunkt zu "Dylan Goes Electric". Nachdem alle seine vier vorherigen Alben nur mit akustischer Gitarre gespielt wurden, eröffnete "Subterranean Homesick Blues" mit diesem zweineinhalbminütigen Garage-Rock-Song, der Lou Reeds Unterwelt-Texte um zwei Jahre vorwegnahm. Eine der besten Zeilen eines Songs und Albums überhaupt: "Johnny's in the basement / Mixing up the medicine / I'm on the pavement / Thinking about the government".
„It's the same old story. Boy finds girl, boy loses girl, girl finds boy, boy forgets girl, boy remembers girl, girls dies in a tragic blimp accident over the Orange Bowl on New Year's Day“, lautet das Frank Drebin Zitat aus dem Film „Nackte Kanone“ und praktisch die gleiche Geschichte erzählt auch „Leader Of The Pack“ von den Shangri-Las, nur dass der tragische Unfall selbstredend ein Motorunfall ist.
Die Shangri-La’s sind neben den Ronettes natürlich die größte Girlgroup aller Zeiten und „Leader Of The Pack“ erweitert noch einmal die Grenzen dieses Genres in einem für einen kurzen Popsong untypischen Aufbau, der filmische Soundeffekte, abrupte Tempowechsel - bis zum Stillstand - und eine ganze Lebens- und Liebesgeschichte in diese zwei Minuten 48 Sekunden packt.
(P.S.: Als Single kletterte „Leader Of The Pack“ bereits Ende 1964 bis auf Platz 1 der US-Charts, das gleichnamige Debütalbum der Girl-Group erschien aber erst 1965)
"Inland Empire". Nach drei Stunden von David Lynchs Weirdo-Opus (ja, selbst für David Lynch - Verhältnisse ist "Inland Empire" eine eigene Liga der Weirdness) ist man erschöpft und erledigt, doch dann beginnt eine Kamerafahrt, wildes Tanzen und Nina Simones Zehn-Minuten-Version von "Sinnerman". Eine der größten Schlußszenen der jüngeren Filmgeschichte.
Die Geburt eines ganzen Genres: als The Byrds 1965 den gerade erschienen Bob-Dylan-Song coverten und Dylans knarzig-knödeligen Singer/Songwriter-Ansatz mit himmlischen Harmonien und der 12-Saiten-Rickenbacker-Gitarre verheirateten, trat Folk-Rock auf den Plan und ist dieser Sound bis heute eine der Grundfesten des Indiepops der Jingle-Jangle-Prägung.
Zu diesem Cover mussten The Byrds übrigens von ihrem Manager zunächst überredet werden, aber spätestens Dylans Begeisterung über die Byrds-Version - „Wow, you can dance to that!" - machte dann auch McGuinn, Clark und Crosby klar, welches Werk sie hier geschaffen hatten.
'Oh God said to Abraham, "Kill me a son"
Abe says, "Man, you must be puttin' me on"'
...die Bibel nach Bob Dylan!
Mehr Garagerock als auf "Highway 61 Revisited" war Dylan nie mehr und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Jack White gerade bei "Highway 61" doch ganz genau hingehört hat.
Dylan veröffentlichte 1965 gleich zwei Alben, die zudem noch mit das beste sind, was er je geschrieben hat: im März "Bringing It All Back Home" mit "Subterranean Homesick Blues", "Mr. Tambourine Man", "It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding)" und "It's All Over Now, Baby Blue" sowie nur fünf Monate später eben "Highway 61 Revisited", auf dem neben dem Titeltrack "Like A Rolling Stone", "Ballad Of A Thin Man" und "Desolation Row" zu finden sind.
Die eigentliche A-Seite der "Highway 61"-Single "Can you please crawl out of your window" war zudem auf keinem Album enthalten (wie auch die andere 65er-Non-Album-Single "Positively 4th Street"). Als Dylan übrigens dem Folksänger Phil Ochs "...Window" auf einer gemeinsamen Autofahrth vorspielte und Ochs nur mäßig begeistert war, warf Dylan ihn mit den Worten "You're not a folk singer. You're a journalist" aus der Limousine
Lee Hazelwood schrieb Nancy Sinatra ihren 'signature song' - kaum ein Lied repräsentiert für mich so sehr den Anfang der swinging sixties (auch wenn die ja per Definition mehr ein UK- als US-Phänomen waren), was mit Sicherheit auch an dem unglaublich stylishen Video liegt, das wie "The Thomas Crown Affair" als Songauftritt wirkt. "These Boots" hat eine dem Titel angemessene walking bass line, die den Song dominiert und neben den von Nancy wunderbar hochnäsig-empowered gesungenen Trennungs-Lyrics das Herz des Liedes ist.
Are you ready Boots? So start walking...
Es gab sie also, die Zeiten, als im Eurovision Song Contest tatsächlich gute Lieder gespielt wurden (und nein, wer jetzt an ABBA denkt: dort hinten ist die Schämecke). 1965 gewinnt die damals 18jährige France Gall mit dem von Serge Gainsbourg geschriebenen Song "Poupée de cire, poupée de son" den Wettbewerb. Gainsbourg hatte übrigens auch schon ihren 1964er Hit "Laisse tomber les filles" komponiert, einan anderen Klassiker des, nennen wir es, Girlie-Chansons, die beide genau genommen eigentlich dem YéYé zuzuordnen sind.
Dass France Gall selbst später "Poupée de cire, poupée de son" nicht mehr singen wollte und es gar als "dummes Lied" bezeichnete, dürfte mehr an den von Gainsbourg eingeschmuggelten Untertönen im Text liegen als am Song selbst, der auch heute noch 12 points verdient.
"Poupée De Cire, Poupée De Son" ist im Übrigen auch eine der wenigen Überschneidungen zwischen kommerziellem Hitparadenerfolg in Deutschland und meiner Bestenliste: France Gall war hiermit auch auf Platz 10 der bestverkauften Songs des Jahres.
"Get Off Of My Cloud" wurde von Jagger & Richards als Nachfolgesingle ihres Mega-Hits "Satisfaction" geschrieben und ist aus meiner Sicht der deutlich größere Song, was Keith Richards anders sieht: "I never dug it as a record. The chorus was a nice idea, but we rushed it as the follow-up. But how do you follow-up "Satisfaction"? Actually, what I wanted was to do it slow, like a Lee Dorsey thing. We rocked it up. I thought it was one of Andrew Loog Oldham's worst productions". Der Mainstream ist dagegen auf meiner Seite, die "Get Off Of My Cloud" eine Nummer 1 Platzierung in USA, England und Deutschland bescherte. Für mich in einem starken Jahr der Rolling Stones - neben "Satisfaction" erschienen unter anderem auch "As Tears Go By"sowie "The Last Time / Play With Fire" ebenfalls 1965 - ihr bester Song.
Gerade im Vergleich zu den Beatles und den Stones klingt "My Generation" von The Who doch deutlich kompromissloser, harscher und aggressiver - und nimmt so als eine der ersten britischen Bands die spätere Punkexplosion vorweg.
Insbesondere textlich ist "My Generation" ein einziger Protestschrei gegen das Establishment:
People try to put us down
Just because we get around
Things they do look awful cold
hope I die before I get old
This is my generation
This is my generation, baby
Genauso gut, aber weniger ein Statement ist das ebenfalls in diesem Jahr erschienene "I Can't Explain", das stärker die mod'-ishe Kinks-Seite von The Who betont.
Pete Doherty hatte Anfang der 2000er schalkhaft in Interviews erzählt, eigentlich hätte er ja "Dreaming Of You" von The Coral geschrieben. Was natürlich (?) nicht stimmt - was aber richtig ist: "Dreaming Of You" ist ein Fast-Cover des Supremes-Smashes "My World Is Empty Without You", was 1965 genau den Sweet Spot zwischen treibender Motown-Soul-Produktion und dem Girl-Group-Wall-Of-Sound traf.
Gut 25 Jahre später coverte übrigens Jim Jarmusch mit seiner kurzlebigen No-Wave-Band The Del-Byzantees "My World Is Empty Without You" und machte daraus einen dystopisch-repetitiven Post-Punk-Song zwischen Joy Division und The Slits. Sehr gut. Sehen wir garantiert in der 1981er Bestenliste wieder, falls ich so lange lebe bis wir in dem Jahr endlich ankommen werden mit diesem Projekt!
"Where Have All The Good Times Gone" ist ursprünglich als B-Seite zu "Till The End Of The Day" erschienen und textlich mit einem erstaunlichen Ansatz, singt hier doch ein 21jähriger Ray Davies über die unwiderbringlich verlorenen guten Zeiten. Pete Doherty hat sich hier sicherlich seine Notizen gemacht, wenn ich mir die Idee von dessen "The Good Old Times" auf dem Libertines'schen Debütalbum ansehe!
Auch The Kinks hatten 1965 ein ganzes Füllhorn an brillanten Singles neben dieser EP: "Tired of Waiting for You", "Ev'rybody's Gonna Be Happy","Set Me Free", "See My Friends" sowie nicht zuletzt "A Well Respected Man", mein anderer 65er-Favorit der Kinks.
Im Original von P.F. Sloan geschrieben (den wir weiter unten in der Liste mit "The Sins of a Family" noch einmal wiedersehen werden), aber natürlich in der Version von Barry McGuire zum Welthit geworden. Da die Plattenfirma zunächst Bedenken hatte, ob das Radio einen so "negativen" Song über die Weltenzerstörung, für die Bürgerrechtsbewegeung, gegen die Regierung ("Think of all the hate there is in Red China / Then take a look around to Selma, Alabama!") sowie die allgegenwärtige Heuchelei der christlich geprägten USA ("Hate your next-door-neighbour, but don't forget to say grace") spielen würde, wurde "Eve Of Destruction" auf die B-Seite von "What’s Exactly The Matter With Me" verbannt. Insbesondere durch ständiges Spielen auf Piratensendern verbreitete sich "Destruction" dennoch und verkaufte sich sagenhafte sechs Millionen mal.
Für Freunde der härteren Kost empfehle ich Juliane Werdings deutsche Version, die es schafft, sämtliche politische Anspielungen ausgerechnet aus diesem Prototyp eines Protestsongs zu verbannen:
Mit Vierzehn kam er irgendwo in die Lehre
Lernte Brötchen holen, die Werkstatt auskehren
And're führten längst schon Mädchen spazieren
Auch er wollte einer mal imponieren
Sie hieß Su und hatte rote Haare
Er knackte Automaten, stahl heiße Ware
Doch der Richter gab ihm dafür zweieinhalb Jahre!
Du kannst kämpfen und schrei'n
Du fällst immer bergab
Wie ein rollender Stein
Denn ein morscher Baum
Trägt keine guten Früchte!
Dieser Nummer-1-Hit auf beiden Seiten des Atlantik (nur #2 in Deutschland!) hat sich in meinem 1965er Ranking ganz knapp vor zwei anderen Klassikern durchgesetzt: John Lennons Bob-Dylan-Verneigung "You've Got To Hide Your Love Away" und "In My Life". Von den dreien ist sicher "Help!" der größte Popsong, übrigens hauptsächlich von John Lennon geschrieben und - wie er in einem Playboy Interview von 1980 bekannte - tatsächlich als eine Art Hilferuf zum überbordenden Fames dieser Jahre gedacht.
Einer der ganz großen klassischen Chansons und Charles Aznavours ewiges Meisterwerk, "Du lässt dich gehen" hin oder her (just joking)! Dieser wehmütige Rückblick auf die wilden Tage von Montmartre fängt auch heute noch den verruchten Zauber einer wilden Jugend als Bohemian brillant ein.
Der ursprünglich für Nina Simone geschrieben Song wurde 1965 auch von den Animals um Eric Burdon aufgenommen: "It was never considered pop material, but it somehow got passed on to us and we fell in love with it immediately", so Burdon.
Ein weiterer 1965er Hit der Animals: "We Gotta Get Out Of This Place", dessen fantastischer Refrain mich lange hat ringen lassen, welcher Animals-Song nun die Ehren der Nominierung verdient.
Neben den Beach Boys sind The Mamas & The Papas eine der stilprägendsten Vertreter des California Sounds, aber im Gegensatz zu den vor allem in der Frühphase mehr Strand & Party thematisierenden Beach-Boys-Songs durchweht die Mamas & Papas Songs immer auch ein wehmütiges Sehnen. Besonders tritt das in "California Dreamin'" hervor, das von einem kalten New Yorker Wintertag aus ein Heimweh nach Kalifornien besingt.
Es unterstreicht nur noch einmal, wie cool Johnny Cash schon weit vor seiner späten Wiederentdeckung durch Rick Rubin war: bereits 1965, als die Langhaarigen und Gammler noch Pariahs der Gesellschaft waren und das konservative Country-Establishment der Counter Culture nun wirklich nicht die Hand geben wollte, covert Johnny Cash mit "It Ain't Me" einen Bob Dylan - Song, der ein Jahr zuvor auf "Another Side Of Bob Dylan" erschienen war. Cash, der den Song mit seiner Frau June Carter aufnahm, entwickelt aus dem leicht nöligen "du, ich bin nicht der richtige für dich"-Song von Dylan einen treibenden Countrykracher.
Der Man in Black fand Dylan so gut, dass er auf seinem „Orange Blossom Special“-Album mit "Don't Think Twice, It's All Right" gleich noch ein zweites Cover hinterherschob. Die Zuneigung beruhte auf Gegenseitigkeit, wie man an Dylans Meldung zu Johnny Cashs Tod merken kann: "Johnny Cash war und ist der Nordstern; du konntest dein Schiff nach ihm steuern – der Grösste der Grossen damals und heute“.
Cash '65 - Ebenfalls hörenswert: "Besser So, Jenny-Jo" und "Wer kennt denWeg", zwei von Cash auf deutsch eingesungene Lieder (letzteres natürlichein Eigencover von "I Walk The Line")
„Im Oktober 1965 erschien der19-jährige Drafi Deutscher im MusikverlagMeisel undträllerte „dam-dam, dam-dam“. Der Schlagerkomponist Christian Bruhn, der mitdem Verlag zusammenarbeitete, fragte nach der Fortsetzung, worauf Deutscherantwortete: „Det machst du.“Unter dem vorläufigen Arbeitstitel „Marmorstein und Eisen bricht“ schrieb der Autor Günter Loose einen Text, Bruhn sorgte für die Melodie“ erzählt Wikipedia schön die Entstehungsgeschichte dieses Klassikers, der sich allein in Deutschland 800.000mal verkaufte und – inklusive seiner ebenfalls erfolgreichenenglischsprachigen Version namens „Marble Breaks and Iron Bends“ – insgesamt sogar die Millionengrenze an Verkäufen übersprang sowie, Sachen gibt’s!, in den USA bis auf #80 chartete.
Für mich der seltene Fall, in dem der deutscheSchlager und der englische Beat eine glückliche Hochzeit schlossen.
Der einzige richtig große Hit der britischen Band Unit 2+4 war 1965 aber auch wirklich groß: ein Nummer-1-Song in Großbritannien, Top30 in den USA und überall sonst auf der Welt: Coverversionen dieses "unsterbliche Liebe"-Liedes.
Da wollte natürlich auch der deutsche Schlager nicht hinten an stehen und veröffentlichte via Horst Wiegand "Ein Fremder kam vorbei". Gut 20 Jahre später coverte dann die Berliner Synth-Pop-Band Hongkong Syndicate "Concrete & Clay" in englischer Sprache, erstaunlich werkgetreu und Un-80ies übrigens.
Noch ein Jahrzehnt später: Dexys Midnight Runner Kevin Rowlands zieht ein kurzes weißes Kleid an und singt "Concrete & Clay" auf dem legendären/berüchtigten "My Beauty". "Concrete & Clay" damit durchgespielt!
"I'm In The Mood For Ska" ist Lord Tanamos Ska-Version eines Frances Langford Songs von 1935 und klingt wie die schönsten jamaikanischen Ska-Songs dieser Ära so wunderbar staubig-rumpelig, dass auch diese Version beinah mehr an '35 als '65 erinnert. Aus mir nicht bekannten Gründen erlebte "I'm In The Mood For Ska" 1990 eine kleine Renaissance und kletterte bis auf #58 in den UK-Charts.
Dieser Top-5-Hit ist als zweite Single des zweiten Albums der Motown-Band Four Tops erschienen und für mich der bessere ihrer beiden 1965er Hits, ist Vorgänger (und Nummer-1-Hit) "I Can't Help Myself (Sugar Pie Honey Bunch)" dann doch die eine Ecke zu süßlich geraten. Der Legende nach ist "Same Old Song" tatsächlich innerhalb von 24 Stunden geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht worden. Nimm das, Streaming-Jugend!
"I never thought I'd cut a record by myself but I got somethin' I wanna say. I want to say it for Cher and I hope I say it for a lot of people" beginnt "Laugh At Me" und tatsächlich sollte "Laugh At Me" Sonny Bonos einziger Solo-Hit bleiben. Hintergrund des Liedes ist übrigens, dass Sonny Bono wegen hippiesker Erscheinung der Eintritt in ein Restaurant in Los Angeles verweigert wurde.
In seiner Intonation wirkt "Laugh At Me" klar von Dylan beeinflusst.
A propos 'von Dylan beeinflusst': "A Public Execution", der Hit der Garage-Rock-Band Mouse and the Traps ist so nah an Dylan, dass man sich fast wundert ob es sich um ein Quasi-Cover oder eine Parodie von "Like A Rolling Stone" handeln soll. So oder so: näher an Dylan war wohl kaum jemand wieder.
Deutsche Beat-Bands hatten durchaus immer etwas schlageresques an sich, so auch die Bremer The Yankees mit ihrem Hit "Halbstark", der seinen Platz zwischen den Biker-Songs der Shangri-Las, Doo-Wop-Harmonien und Beat-Rhythmen einnimmt.
Rührend sind die Wikipedia-Notizen zum Erfolg der Band: "Immerhin gewann die Band im Mai 1962 einen Wettbewerb im Jugendfreizeitheim Walle (Bremen). Es wird überliefert, dass die Gitarren-Anlage bis zu diesem Zeitpunkt aus halb-akustischen Gitarren bestand, die über große Röhrenradios verstärkt wurden. Anfang 1963 lernten die Yankees den Elektriker Wolfram Schloenzig kennen. Dieser baute ihnen eine – für damalige Zeiten überdimensionale – Verstärkeranlage mit 100 Watt Leistung, die kaum eine Band in Deutschland vorweisen konnte. Premiere hiermit war am 23. Februar 1963 bei einer Faschingsfeier im Bremer Berufsschulzentrum".
Nachdem 1964 das erste Album von Simon & Garfunkel gefloppt war, trennte sich die Band. Paul Simon zog zurück nach England, Art Garfunkel ging wieder an die Universität.
Erst nachdem eine Radiostation in Boston anfing, den Song zu spielen, entschied sich der Produzent Tom Wilson, "Sound Of Silence" neu abzumischen und in dieser abgeänderten Version als Single zu veröffentlichen - ohne dass Simon & Garfunkel davon wussten oder die neu abgemischte Variante kannten. Zum Jahreswechsel 1966 kletterte "Sounds Of Silence" bis auf Platz 1 in den USA, 1967 dominierte das Lied den Soundtrack zu "The Graduate" ("Die Reifeprüfung") und der Rest ist, wie man so schön sagt: Geschichte und viel trubbeliges Wasser unter einer Brücke.
Brian Wilson soll "California Girls" während seines ersten Acid-Trips geschrieben haben. Obwohl der Song nicht allzu psychedelisch klingt, wirkt er schon wie ein Brückenschlag zwischen den frühen Strand/Surf-Songs und den späteren, opulenten Kompositionen wie "Good Vibrations". Brian Wilson selbst nannte später "California Girls" eine Hymne an die Jugend und seinen liebsten Beach-Boys-Song.
Einer der großen Protestsänger und Erbe des Vermächtnisses von Woody Guthrie bis Pete Seeger. In einem Antikriegslied wie "I Ain't Marching Anymore" kann man wiederum deutlich hören, wie Billy Braggs Protestsongs der 80er von Phil Ochs beeinflusst waren, um die Ahnengalerie des kämpferischen Protestsongs vollständig aufzuhängen.
Während des "Trial Of The Chicago 7" wurde Phil Ochs übrigens auch als Zeuge vor Gericht gerufen, da er während der Ausschreitungen aufgetreten war. Es wurde ihm vor Gericht verboten, "I Ain't Marching Anymore" zu singen, woraufhin Ochs die Lyrics rezitierte.
Die jamaikanische Rocksteady-Gruppe The Techniques, die vor allem durch ihre Harmonien und mehrstimmigen Gesang beeindruckten und noch älter als 1965 klingen. Habe ich einst vor Jahren auf einem der tollen Trojan-Sampler entdeckt.
"Take A Heart", ein düster-grooviger Song in der Art von Thems "Baby Please Don't Go", ist der einzige Chart-"Hit" (#21 in UK) der britischen Freakbeat-Band The Sorrows aus der Mod-Szene.
"Wooly Bully" von Sam the Sham and the Pharaohs ist praktisch die Definition eines Novelty Hits (und wäre womöglich heutzutage im Fadenkreuz von Cultural Appropriation Diskussionen auf Twitter) - war aber 1965 tatsächlich die erfolgreichste Single des Jahres. Obwohl "Wooly Bully" nie auf Platz 1 der Billboard Charts kletterte, war das nach der Katze des Sängers benannte Lied der meistverkaufte Song des Jahres in Amerika!
In "Moonlighting" (aka "Das Model und der Schnüffler") - einer meiner liebsten Fernsehserien überhaupt - gibt es auch eine schöne Sequenz, in der Büro-Faktotum Herbert Viola zum Füllen einer aufgrund eines Autorenstreiks zu kurz geratenen Episode von Bruce Willis überredet wird, "Wooly Bully" zu singen. Wie konnte ich mich also in diesen Song nicht verlieben?
So quatschig "Wooly Bully" auch scheinen mag, B-Seite "Ain't Gonna Move" ist übrigens ein bluesig-grooviger Song, der auch von Booker T & The MGs stammen könnte.
Bevor Suzi Quatro zum Weltstar des Glamrock wurde, spielte sie in den Pleasure Seekers, dieser räudigen All-female-garage-rock-Band aus Detroit. "What A Way To Die" ist die b-Seite ihrer Debütsingle "Never Thought You'd Leave Me".
"I Fought The Law" ist natürlich vor allem durch die fantastische Power-Version von The Clash bekannt, die 1979 auf der "The Cost Of Living EP" erschienen ist. Die texanische Rocknroll-Band Bobby Fuller Four coverte diesen ursprünglichen Crickets-Song jedoch bereits 1965 und brachte leichte Country-Untertöne in diesen stampfenden Rocksong, der in der Fuller-Four-Version #9 in den USA erreichte und so ihre einzige Top-Ten-Single wurde.
Ein Jahr später starb Bandleader Bobby Fuller unter ungeklärten Umständen im Auto vor seinem Haus.
Zwei Versionen existieren von Otis Redddings bis dato größtem Hit "I've Been Loving You Too Long" - auf der einen spielt Booker T Klavier, auf der anderen Isaac Hayes.
Noch besser als diese beiden Studioversionen ist aber die Liveaufnahme vom Monterey Festival 1967, die kürzlich auch in der einen großen romantischen Szene der dritten Staffel von Twin Peaks zum Einsatz kam.
"Crawdaddy Simone" ist die B-Seite zur dritten und letzten Single der britischen Beat-Band The Syndicats - und ihr schroffster Song, der gegen Ende in eine regelrechte Kakophonie abdriftet. Harter, von der britischen Studio-Legende Joe Meek ("Telstar") produzierter Garage-Rock, den ich durch eine Empfehlung von The Horrors kennengelernt habe.
"Unchained Melody" - im Original 1955 als Titelsong für einen kleinen, unbekannten Film ("Unchained") geschrieben - ist eines der meistgecoverten Lieder der Geschichte. Allein 1955 charteten drei verschiedene Unchained Melodies in den USA sowie sogar vier unterschiedliche Aufnahmen in UK. "Unchained Melody" erreichte zudem mit vier verschiedenen Interpreten den ersten Platz in den britischen Charts, ein Rekord bis heute. Die Version von Robson & Jerome war 1995 die meistverkaufte Single des Jahres - Jerome (Flynn) sollte übrigens drei Jahrzehnte später als Bronn in "Game Of Thrones" zu einer anderen Berühmtheit gelangen.
Die bekannteste "Unchained Melody"-Variante ist aber sicherlich die 1965er Aufnahme durch die Righteous Brothers, die (wahrscheinlich) von Phil Spector produziert und ein Jahr nach ihrer Zusammenarbeit mit Spector zu "You've Lost That Lovin' Feelin'" veröffentlicht wurde.
Der Titelsong zum 1961er Film "Guns Of Navarone" wurde als Single 1965 veröffentlicht und darf als einer der zentralen Tracks der Ska-Geschichte gelten. Schlüssig, dass der zunächst unter dem Solonamen von Roland Alphonso erschienene Song später den Skatalites, einer der wichtigsten Ska-Bands, zugeordnet wurde.
Lee "Scratch" Parry ist übrigens Background-Shouter auf "Guns Of Navarone".
Ein eher auf der Kitschseite der Chansongeschichte gelagerter Song, der in Frankreich 1965 über eine Million Einheiten verkaufte. Dieser Erfolg ist für die zweite Single von Christophe durchaus überraschend, wurden von seiner Vorgängersingle "Elle s'appelait Sophie" doch nur 27 Stück abgesetzt. "Aline" ist übrigens der Name der Assistentin des Zahnarztes von Christophe, so viel zur Romantik.
Ein Jahr nach ihrem fantastischen "Dancing In The Streets" veröffentlichteen Martha & The Vandellas mit "Nowhere To Run" einen weiteren Soul-Klassiker für Motown.
Nochmal Motown: "The Tracks Of My Tears" von Smokey Robinson und The Miracles ist einer von vier Millionen-Sellern der Band.
"You Didn't Have To Be So Nice" ist die zweite Single von The Lovin' Spoonful nach "Do You Believe In Magic" - und neben dem Gassenhauer "Summer In The City" ihr bester Song.
Der schottische Folksänger Bert Jansch schrieb diesen Song über den Tod seines Freundes Buck Polly. Thematisch passend auch, dass Jansch ein halbes Jahrhundert später auf einem Babsyhambles-Album zum Doherty-Song "The Lost Art Of Murder" Gitarre spielte.
Drei Jahre vor ihrem großen Psych-Pop-Meisterwerk "Odessey & Oracle" veröffentlichten die Zombies ihr Debüt "Begin Here", auf dem das vom Orgelspieler Rod Argent komponierte "She's Not There" enthalten ist.
P.F. Sloan ist nicht nur der Autor von "Eve Of Destruction", sondern hat im gleichen Jahr auch "The Sins Of A Family" geschrieben, was ebenfalls von Barry McGuire gecovert wurde. Kennengelernt habe ich wiederum "The Sins Of A Family" vor gut 20 Jahren als eine B-Seite der Strokes-Copycats The Star Spangles, falls die noch jemand kennt!
Barbara schrieb den Chanson "Göttingen" anlässlich eines Konzertes in dieser deutschen Stadt, das sie aufgrund ihrer eigenen Flucht vor den Nazis zunächst unwillig gegeben. Überrascht von der freudigen Aufnahme in Deutschland blieb sie länger und verfasste den Chanson, der die deutsch-französischen Beziehungen nach dem zweiten Weltkrieg betrachtete.
2018 coverte Michaela Meise Barbaras Lied in einer mindestens ebenso guten Version.
Bevor Donovan als verspulter Psychedelic-Hippie-Songwriter aus heutiger Sicht recht unbegreiflich großen Erfolg auf beiden Seiten des Atlantiks hatte, schrieb er mit "Universal Soldier" noch einen klassischen Protest-Song gegen das Kriegeführen wie der frühe Dylan.
Der Debütsong der Small Faces ist inspiriert von Solomon Burkes "Everybody Needs Somebody to Love".
Dank seiner treibenden Orgel ist dieser R&B-Song der amerikanischen Sängerin Barbara Lynn wie gemacht für Northern-Soul-Allnighters.
"Pierrot Le Fou" (aka "11 Uhr nachts") ist nach "Bande à part" wohl mein liebster Film von Jean-Luc Godard.
Nicht mit der wilden Naivität der Außenseiterbande, aber dafür mit dem Beweis, dass Kunstkino (und verdammt noch mal, wieviele Einstellungen in "Pierrot Le Fou" schreien Kunstkino und wurden in den Folgejahrzehnten kopiert!) auch flott und unterhaltsam, durchgeknallt und liebenswert, spannend und mitreissend sein kann.
Und was für ein Farbenrausch!
Und Anna Karina!
Oh, Anna Karina.
Wie sagt Jean-Paul Belmondos Ferdinand doch so treffend in einer Art Selbstbeschreibung des Films:
"Tender and cruel... real and surreal... shocking and mocking... nocturnal and diurnal.... usual and unusual... handsome as can be."
Neben dem etwas surrealeren "Der Mann, der zweimal lebte" von Frankenheimer ist Edwards Dmytryks "Mirage" (aka "Die 27. Etage") einer meiner liebsten Paranoia-Filme der Mitt-60er. Dmytryk spielt hier in der Hitchcock-Liga: durchgehend spannend und mysteriös.
Das einzige, was - wie fast immer bei Filmen prä68 - stört, ist die Frauenfigur, die aus heutiger Sicht einfach nicht mehr schlüssig wirkt. Ansonsten ist es von bemerkenswerter Konsequenz, wie Dmytryk uns mit dem Protagonisten in diese völlige Unsicherheit wirft und dem Zuschauer eben gar keine Zusatzinfos liefert, sondern miträtseln lässt, warum alles gerade überhaupt passiert.
Polanskis deep dive in die beängstigenden Dinge, die innerhalb des eigenen Kopfs vor sich gehen können. Ein Horrorfilm, der umso verstörender ist, weil es nicht die Außenwelt ist, die das Grauen bringt, sondern es sich dort in Rissen und Unebenheiten nur manifestiert: "Repulsion's depiction of a young woman's dissolution into madness is one of the most harrowing mental descents ever depicted onscreen" (Marjorie Baumgarten). Wie später "Rosemary's Baby" einer der Urtexte des modernen Horror.
Costa Gavras Debütfilm von 1965 heißt: „Mord im Fahrpreis inbegriffen“. Der französische Öffentlichepersonennahverkehr war also schon in den 60ern mit All Inclusive Angeboten unterwegs, als die deutsche Bahn von Free WiFi noch nicht mal zu träumen wagte. Typisch! Danke Merkel!
Jedenfalls, im Schlafwagen fahren sechs Passagiere in Marseille los, doch in Paris kommen nur fünf davon lebend an. Was nach einer klassischen Hitchcock meets Agatha Christie – Ausgangslage riecht, wird bei Costa Gavras zu einem flott inszenierten, durchaus etwas Nouvelle Vague beeinflussten Unterhaltungsfilm, in dem so viel geredet wird, als wär Robert Altman der Dialogcoach gewesen.
Trotzdem ist „Mord im Fahrpreis inbegriffen“ angenehm frisch, erstaunlich schnell und beeindruckend besetzt (Yves Montand, Simone Signoret und ein fantastisch schwitziger Michel Piccoli). Wenn mir jemand das für mich äußerst random erscheinende Ende erklären könnte, wäre ich dennoch sehr verbunden.
Einer der großen James-Bond-Filme aus der klassischen Sean-Connery-Ära. Gemeinsam mit "Goldfinger" (1964) begründet "Feuerball" viele der mythischen Elemente, die die James-Bond-Reihe von den Agentenfilmen seiner Zeit so abhob. Die Megalomanie ist dem Bösewicht Emilio Largo genauso eingeschrieben wie der Produktion des Films und Sean Connery definiert die Rolle des coolen Actionhelden in "Feuerball" für alle Zeit.
Eine Pop-Art-Explosion im Korsett eines Science-Fiction-Films. Als würde ein Swinging-Sixties-Künstlerkolletiv Schwarzeneggers "Running Man" verfilmen: eine Reality-TV-Show auf Leben und Tod, in den schicksten Kostümen und den geometrischsten Szenerien vorstellbar.
Kalter-Krieg-Klassiker von Martin Ritt auf Basis des berühmten John Le Carré Buchs. Hier wird spioniert und getäuscht und doppelgetäuscht, dass das schwarz-weiße Bild nur so durch den Kinosaal fliegt: "What the hell do you think spies are? Moral philosophers measuring everything they do against the word of God or Karl Marx? They're not. They're just a bunch of seedy squalid bastards like me, little men, drunkards, queers, henpecked husbands, civil servants playing "Cowboys and Indians" to brighten their rotten little lives. Do you think they sit like monks in a cell, balancing right against wrong? Yesterday I would have killed Mundt because I thought him evil and an enemy. But not today. Today he is evil and my friend."
"Motor Psycho" ist ein schwarz-weißes Thrillerdrama über Outlaw-Biker, die marodierend durch eine Wüstenlandschaft/dorf ziehen und so ein interessanter, sehr früher Russ Meyer - Film, der ganz anders als seine berühmt-berüchtigten späteren Werke ist. Natürlich ist seine Vorliebe im Casting auch hier zu erkennen, aber praktisch nudity-free.
Thematisch ist "Motor Psycho" damit näher an Biker-Exploitation-Filmen wie "Wild Angels" als an einem späteren Russ-Meyer-Titten-Opus.
Nebenbemerkung: auch hier zeigt sich übrigens wieder Meyers protofeministische Attitude. In einer Dialogszene zwischen einem Polizisten und dem Ehemann nach einer Vergewaltigung versucht sich der Polizist im "victim blaming" ("so wie sie angezogen war, braucht sie sich ja nicht zu wundern" etc) und wird darauf hin entschieden zurecht gewiesen wird. Da war Meyer moderner als viele seiner Zeitgenossen, gerade auch im Exploitation-Film.
Trivia: Die norwegische Psych-Rock-Band Motorpsycho hat sich nach Russ Meyers Film benannt: "they picked their name after seeing the Russ Meyer film of the same name as part of a Russ Meyer triple bill - there was already a band named after Mudhoney and a band named after Faster, Pussycat! Kill! Kill! - the other two films on the bill."
Agnes Vardas zweiter Spielfilm lässt mich rätselnd zurück - ist das eine Klage über die Austauschbarkeit der Frau? Eine der Freien-Liebe-Zeit der 60er geschuldete freundliche Lobrede der Polyamorie? Ein raffiniertes Ausstellen von Klischees? Oder eine Kritik am Glücksstreben und des Immermehrwollens des Menschen (des Mannes?)? Ich weiß es nicht.
Ich weiß aber zumindest, dass die Farben und die Szenerien ganz fantastisch anzuschauen sind.
Godard goes Genre-Kino: dystopische Science-Fiction und Film Noir sind die Spielbälle, die Godard in die Luft wirft und mit dem Zaubertrick des Brecht'schen Verfremdungseffekts in Kunstkino verwandelt. Ohne "Alphaville" sähen die Texte und Bücher von Messer-Mann Hendrik Otremba mit Sicherheit anders aus.
Erinnert mich in seinem destruktiven Nihilismus durchaus etwas an Werner Herzogs schwer erträglichen "Auch Zwerge haben klein angefangen", nur dass Marco Bellocchio seinen "Mit der Faust in der Tasche" im italienischen Neorealismus erdet, wohingegen Herzog sich dem Dadaismus und der Absurdität der Welt hingegeben hat. Ein Vergnügen ist keiner der beiden Filme, allerdings besitzen sie eine Kraft der Auflehnung, die mir Respekt abnötigt und die 1965 bzw. 1970 noch so viel ärger gewirkt haben muss.
"Mit der Faust in der Tasche" hat dank Morricone-Lounge-Soundtrack und einigen sehr schön inszenierten Momenten (ich denke hier vor allem an die Partyszene und die Tanzsequenz von links mit dem allein sitzenden Alessandro rechts) aber durchaus auch seine hellen Momente in all dem Nihilismus.
Edgar Wallace - Schwank und konfus erzählte Fortsetzung von "Der Hexer", die mehr Gesichtsmasken-Twists bereithält als die ganze "Mission: Impossible"-Reihe.
Interessant an beiden "Hexer"-Filmen ist, dass hier der titelgebende Bösewicht im Grunde ein good guy unter Bösen ist und den eher trotteligen Scotland-Yard-Detektiven hilft, die Mordserie aufzuklären.
Positive Überraschung: Klaus Kinski spielt die Harfe.
Dass der mittlere Teil von Sergio Leones grandioser Dollar-Trilogie ein echtes Meisterwerk ist, deutet bereits die sehr kunstvoll gestaltete Anfangsszene an, die zunächst mit der endlosen Weite der unschuldigen Prärie aufwartet, deren Idylle durch den pfeifenden Reiter noch verstärkt wird, aber nach wenigen Sekunden jäh die Gefahr und Brutalität, die der folgenden Handlung innewohnt, ankündigt, ehe die geniale Musik von Morricone, die den Film auch fortan trägt, einsetzt. Leone schafft zudem eine sehr interessante Personenkonstellation, indem er dem wahrlich diabolischen Bösewicht Indio (eindrucksvoll gespielt von Gian Maria Volonté) mit den hartgesottenen Kopfgeldjägern Monco und Colonel Mortimer gleich zwei Antagonisten gegenüberstellt, deren Kennenlernen und erstes "Beschnuppern" auch mit toller Intensität und der für die beiden Hauptfiguren charakteristischen Wortkargheit dargeboten wird. Clint Eastwood ist die Rolle natürlich auf den Leib geschneidert, aber Lee van Cleef (hier im Gegensatz zum letzten Teil der Trilogie noch als der "Gute" unterwegs), dessen Figur durch das Rachemotiv auch facettenreicher gestaltet ist, toppt ihn hier in puncto schauspielerischer Leistung sogar. Besonders legendär ist die Szene, in der sich Mortimer an der von Klaus Kinski verkörperten Figur "Wild" ein Streichholz anzündet und diesen weiter provoziert. Kinski wirft für die Reaktion dann seinen ganzen Wahnsinn in die Waagschale - so kann bzw. konnte das wohl kein zweiter Mime je spielen.
Auch wenn der Film vereinzelte Logiklücken aufweist, besticht er durch seine Intensität und Spannung, den stimmungsvollen Soundtrack, aber auch lässige Dialoge. Für zarte Gemüter ist er aber aufgrund zahlreicher von Brutalität geprägten Szenen sicher nicht geeignet. Als Notiz am Rande sei noch erwähnt, dass "Für eine Handvoll Dollar" auch ein Tabu gebrochen hat, indem die Figur Indio wiederholt beim "Gras"-Rauchen gezeigt wird, damals ein Novum für einen Film dieser Größenordnung.
Zweimal sah ich diesen gut besetzten Western als Kind bzw. Jugendlicher und er hinterließ einen bleibenden Eindruck bei mir. Die Handlung fesselte mich damals zusehends und ich fieberte beim Kampf der vier ungleichen Brüder für Gerechtigkeit leidenschaftlich mit (schon in jungen Jahren zeichnete sich hier wohl ab, dass ich mich zu einem Gerechtigkeitsfanatiker entwickeln würde). Die Charaktere der Brüder sind erfreulich differenziert gestaltet, wobei mein Held übrigens nicht die eigentliche Hauptfigur John Elder alias John Wayne, sondern der von Dean Martin verkörperte Tom war.
Auf jeden Fall einer dieser Filme, die sich ins Gedächtnis gebrannt haben und an die auch nach mehreren Jahrzehnten noch deutliche Erinnerungen vorhanden sind.
2005 gab es ja dann auch noch ein ebenfalls gelungenes Remake (mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle), in dem die Handlung in die heutige Zeit verlegt wurde, das aber bei mir nicht gegen den nostalgischen Zauber des Originals bestehen kann.