Im Jahr 2008 entdeckte ich das Hörbuch. Also mir war schon vorher bewusst, dass es so etwas gab, aber so richtig warm wurde ich eigentlich nie damit. Wann hat man schon einmal die Zeit, sich in aller Ruhe hinzusetzen und konzentriert einem Vorleser zu lauschen? Etwas nebenbei zu erledigen ist quasi unmöglich. Entweder muss man dazu das Zimmer verlassen und bekommt dann die Hälfte nicht mit. Oder man versucht nebenbei etwas zu arbeiten, was aber auch unmöglich ist, will man zumindest von einer der beiden Tätigkeiten auch nachhaltigen Nutzen haben (ich kann nicht mal deutschsprachige Musik beim Arbeiten hören, weil das zu sehr meine Konzentration fordert, englisch läßt sich dann doch leichter ausblenden). Letzte Möglichkeit: Beim/zum Einschlafen hören. Das ist eine Super-Idee, wenn man am nächsten Tag dann ewig suchen will, wo man denn war und im Halbschlaf gerne Fetzen mitbekommt, die sich leider aber nicht immer um die Chronolgie scheren.
Arbeitsbedingt begab es sich nun aber, dass ich täglich 70-80 Minuten im Auto saß und so eher zufällig einmal Roger Willemsens Deutschlandreise hörte,
worüber ich hier schon einmal ausführlicher schrieb. Während es mir trotz mehrmaliger Versuche nicht gelungen war, in der Buchversion mehr als drei Seiten am Stück zu lesen, ging mir die geschwurbelte Sprache Willemsens beim Hören umso mehr ins Ohr. Ich war fortan Fan.
Es folgte die Hörbuchversion von "Sofies Welt" von Jostein Gaarder, welches ich vor etlichen Jahren bereits als Buch gelesen hatte. Dieses Hörbuch kam eher als eine Art Hörspiel daher, d.h. viele Sequenzen wurden nicht 1:1 gelesen, sondern wie früher von den Kassetten mit den drei Fragezeichen (Chk Chk Chk) bekannt, eher so gespielt. Hörspiel eben, sagt ja der Name schon. Ich habe aber meine Probleme damit, wenn kleine Mädchen plötzlich zu singen beginnen und war deshalb öfter peinlich berührt, als dass dieses Werk eine nostalgisch-schöne Reise in die Vergangenheit gewesen wäre.
Um das Thema Geschichte der Philosophie aus Sofies Welt so halbwegs mitzunehmen, griff ich als nächstes die Geschichte der Menschheit von Manfred Mai (gelesen von Gerhard Garbers), verteilt auf 5 CDs an. Das bereitete mir sehr große Freude und ich konnte nicht verstehen, wieso ich den Geschichtsunterricht früher so zum Kotzen fand. Oder eben schon, weil der eben nicht so logisch aufgebaut war, wie dieses Hörbuch, sondern nur aus idiotischem Auswendiglernen bestand, bevor man dann die letzten 5 Jahre immer wieder das Dritte Reich von vorne bis hinten durchnahm, bevor dann ca. 1949 die Geschichte mit einem Schlag endete. Dieses Hörbuch gab mir mein Interesse am Thema mit Leichtigkeit zurück. Klar, die CDs richten sich eher an junge Hörer, aber die Sendung mit der Maus darf ja auch jeder Erwachsene anschauen ohne schamesrot zu werden, ich finde die aber blöd (bis auf das Augenklappern und das Tröten des Elefanten).
Als nächstes stand die Hörbuch-Sammlung des Werks von
H.P. Lovecraft auf dem Programm. An dieser Stelle nur ein Link auf seinen Wikipedia-Eintrag, doch hat mich das ganze Drumherum um ihn und sein Schaffen so in den Bann gezogen, dass eventuell beizeiten noch einmal eine ausführliche Hommage folgt.
Inzwischen gibt es acht Folgen der
Bibliothek des Schreckens, wobei eine jede aus mehreren (meist 4) CDs besteht. Gelesen werden sie von bekannten Synchronsprechern wie David Nathan (Johnny Depp, Christian Bale), Joachim Kerzel (Jack Nicholson, Anthony Hopkins) oder Lutz Riedel (Timothy Dalton). Untermalt werden die Erzählungen nur von gelegentlich irren Synthesizer-Sequenzen, die das Herz jedes Mittelalterfreaks mit Ledermantel und Zöpfen im Bart sicher höherschlagen läßt. Wie Willemsen verwendet Lovecraft eine sehr eigene Sprache, durch das Gothic-Horror-Thema und die Entstehungszeit (etwa 1920-1935) ist die bei Lovecraft schon aus naheliegenden Gründen natürlich altertümlicher. Ich habe mir bereits in den 80ern einige Lovecraft-Bücher gekauft, bis auf wenige Kurzgeschichten habe ich dort aber nicht viel lesen können. Das Problem ist, dass man ohne die zentralen Werke wie "Der Ruf des Cthulhu", "Der Schatten über Innsmouth" und "Berge des Wahnsinns" aber nicht den richtigen Zugang zu Lovecrafts (Cthulhu-)Mythos erhält. Dies ist mir nun beinahe 25 Jahre später dank der Hörbuch-Reihe gelungen und ich freue mich bereits furchtbar auf den eben erschienen Teil 8: Necronomicon, der mir wieder einige Autobahnfahrten versüßen wird.
Die Zeit bis zu diesem achten Teil vertrieb ich mir mit Neil Gaimans "American Gods". Dieses nur als Download erhältliche, über 22 Stunden lange Buch erfüllte eigentlich alle Voraussetzungen, um ein guter Lesespaß zu werden.
Neil Gaimans Sandman fand ich als Comic-Laie so großartig, dass ich selbst die
Sekundärliteratur
dazu verschlang. Fantasy hab ich eigentlich immer gemocht (wenn auch lange nicht mehr gelesen) und Gaimans Fantasy/Neuzeit/London-Crossover Niemalsland hat mir auch Spaß gemacht. Der Leser, der Schauspieler Stefan Kaminski, macht seine Arbeit gut, obwohl (weil?) er seine Stimme je nach sprechendem Charakter anpasst (keine leichte Aufgabe bei mehr als 20 handelnden Personen). Die Geschichte Fantasy - Roadmovie, "alte gegen neue Götter" klang vielversprechend. Aber: Hey, ich bin offenbar endlich zu alt, Fantasy zu lesen. Jetzt, definitiv. Auch wenn sie modern, humorig und von einem gemochten Autor stammt. Das Buch war langatmig, aber da ich nie, nie, nie etwas beenden kann, bevor es fertig ist, musste ich es bis zum enttäuschenden, nichtssagenden Ende hören. Als Lehre daraus, werde ich als nächstes auch nichts von Terry Pratchett lesen, obwohl der doch so furchtbar lustig ist und ich ihn bestimmt lieben würde, wenn ich noch mal 15 wäre. Oder Mittelalterfreak
Gerne nehme ich aber Tipps an, was ich mir nach dem "Necronomicon" als nächstes vornehmen soll.
Jahresliste
01 H.P. Lovecraft - Bibliothek des Schreckens
02 Manfred Mai - Weltgeschichte
03 Die Saga vom Dunkelelf - Teil 7 bis 9
04 Roger Willemsen - Deutschlandreise
05 Jostein Gaarder - Sofies Welt