The Kid's Guide To… Post-Punk, the new wave of

06.10.2006 | 18 Kommentare | Christian_alternakid

Die Regel ist einfach: Ein Countdown von zehn auf eins und jede Band darf nur einmal vertreten sein.
Here it comes now, die zehn besten, wichtigsten, eckigsten Post-Punk-Songs der letzten Jahre, der Neuen Welle. Take a deep breath, babe, ’cos we’ve just started…

10. Radio 4 – Dance To The Underground

In gewisser Weise beinhaltet Radio 4s größter Song das Credo des Post-Punk-Booms der letzten Jahre. In New York erschwerte Bürgermeister Giuliani den Clubs und Diskotheken das Leben, so dass sich eine Underground-Bewegung etablierte, die Radio 4 hier besingen - wider dem Tanzverbot! Dass James Murphy und seine DFA-Mannschaft bei der Hymne der Bewegung ihre Finger im Spiel hatte verwundert demnach kaum, doch letzen Endes blieb Dance To The Underground Radio 4s einzig wirklich majestätischer Song.

Weiterhören: Eyes Wide Open, Start A Fire, Gotham! (Album)


9. The Sunshine Underground - Commercial Breakdown

In keiner Band dieser Liste ist wohl so deutlich der Einfluss The Raptures herauszuhören wie bei den Mannen aus Leeds. Nicht ganz mit deren Hang zum wilden Experiment gesegnet und etwas bodenständiger sind The Sunshine Underground jedoch mehr New York als all ihre britischen Zeitgenossen. Entdeckt vom Dance To The Radio – Label des !Forward Russia! – Gitarristen Whiskas, legten Sunshine Underground mit „Commercial Breakdown“ und „Put You In Your Place“ zwei Topsingles vor und konnten insbesondere live ihre Ambitionen unterstreichen.

Weiterhören: Put You In Your Place, The Way It Is, Raise The Alarm


8. Maximo Park - Apply Some Pressure

Eine gewisse Kuriosität sind Maximo Park schon: im Gegensatz zu beinahe jeder jungen britischen Band wurden Maximo Park in deutschen Musikzeitschriften gefeiert, als der NME sich noch verhältnismäßig bedeckt hielt. Folge war ein Senkrechtstart der Band aus Newcastle, die nach der Debütsingle „The Coast Is Always Changing“ mit „Apply Some Pressure“ ihre Post-Punk-Prüfung erfolgreich bestand. Das dazugehörige Album wies eine breitere Stilvielfalt als bei manch anderem der Post-Punk-Klasse von 2005 auf, so dass man durchaus gespannt sein darf, in welche Richtung das zweite Album eckig tanzt.

Weiterhören: The Coast Is Always Changing, Graffiti


7. Bloc Party – Helicopter
Bloc Party waren eine der ersten britischen Bands, die die Erfolgskrümel vom Franz Ferdinand Brosamen aufliesen. Die Erfolgsgeschichte begann, als das kleine, feine Label Angular Records die jungen Briten auf ihre New Cross Compilation nahm. Wenige Singles später wurde klar, dass hier eine Band heranwuchs, die das Potential hatte, aus dem normalerweise kommerziell relativ limitierten Post-Punk-Zirkel auszubrechen. Geschadet hat zudem kaum, dass Frontmann Kele ein gewisses Emo-Edge zur Post-Punk-Gleichung addierte und in Helicopter Bushbashing von Michael Moorschen Ausmaßen demonstrierte (“Better luck next time / Just like his Dad, just like his Dad (the same mistakes) / Some things will never be different / Hungry and dumb, hungry and dumb (so wait in line)“). Are you hoping for a miracle?

Weiterhören: Banquet, Positive Tension, Silent Alarm (Album)


6. Arctic Monkeys – Fake Tales Of San Francisco

Die limitierte Debutsingle der Band kündete von something glorious is about to happen. Wie groß alles wurde, konnte dennoch keiner ahnen. Das schnellstverkaufte Debutalbum aller Zeiten in England sowie zwei Nummer 1 – Singles mit „Bet You Look Good On The Dancefloor“ und „When The Sun Goes Down“ in Folge zeigten, dass eckiger Punk mit intelligenten Texten nicht nur seine Daseinsberechtigung hat, sondern für einen kurzen Augenblick auch die größte Band der Welt schaffen kann.

Weiterhören: Bet You Look Good On The Dancefloor, Red Light Indicates Doors Are Secured, A Certain Romance


5. !!! – Me And Giuliani Down By The Schoolyard (A True Story)

Das “Fool’s Gold” der Post-Punk-Generation. Neuneinhalbminuten tanzender Wahnsinn des ungooglebaren New Yorker Kollektivs, das natürlich von James Murphy, der Gallionsfigur des new sound of new york produziert wurde. Hier kommt alles zusammen, was die Kombination aus dem bösen Wort Groove, Rhythmik und pure Tanzbarkeit versprechen könnte. Wie bereits Radio 4 beziehen auch !!! Stellung zum Tanzverbot in New Yorker Clubs durch Bürgermeister Giuliani und machen das in der subversivsten Art vorstellbar: indem sie einen Song produzieren, der so sehr das Tanzen fordert, verlangt, ja, befiehlt, dass ein Tanzverbot nicht einmal vorstellbar wäre, sägst du dem Tänzer die Beine ab.

Weiterhören: Hello? Is This Thing On?, Shit Scheisse Merde, Dear Can


4. Franz Ferdinand – Take Me Out

War unsere Nummer 1 der Song, der den Untergrund, die Magazine wachrüttelte und die Wege bereitete, haben Franz Ferdinand das Lied geschrieben, das Post-Punk huckepack nahm und geradewegs den Massen zutrug. „Take Me Out“ ist der exakte Moment als Post-Punk overground ging, die Decke durchbrach und nicht mehr wegzudenken war. Ohne “Take Me Out” keine Bloc Party im Maximo Park!
Die vier Schotten sind dabei von dem rhythmusorientierten Post-Punk der Gang Of Four genauso beeinflusst wie dem Post-Punk-Indie-Pop-Hybrid des Postcard Labels, das Orange Juice und Josef K hervorbrachte und allein deshalb schon weniger dem Diktat des Tanzens unterworfen. Lässig genug, dass Tanzen dabei als Nebenprodukt abfällt – und wie! „Take Me Out“s zweigeteilte Struktur kann auch als Stück des Übergangs von einer Szene in die nächste interpretiert werden. Das Intro fährt Windmühlengitarren direkt aus dem Strokes-Vermächtnis auf, bis ein Beat einsetzt, der Tanzböden all around the globe erschütterte. Das beste aus zwei Welten in einem Song vereint.

Weiterhören: Darts Of Pleasure, Matinee, Jacqueline


3. Yeah Yeah Yeahs – Mystery Girl

Man war doch schon so verwöhnt von großen jungen Bands, die um die Ecke tanzten, da meldete 2002 eine Dreier-Combo um eine unglaubliche Frontfrau Ansprüche an, hier jetzt und überhaupt die Definition von cool zu werden, im Handstreich Herzen, Dancing Shoes und Genitalien jedweden Geschlechts in aller Welt zu erobern.
Die Debut-EP der Yeah Yeah Yeahs war ein Ereignis. 5 Songs ohne jeden Makel, in der Garage nebenan produziert und mit fantastischen Texten, ätzend und doch sexy, versehen. Peaches wirkte bemüht neben einer Karen O, die uns in „Bang“ entgegenkrakeelte „as a fuck, son, you suck“. In der Tat, the girl hit hard like a barracuda baby, she floated on air like a crest of wave, she was a primal institution she was a danger to herself, yeah!
Das war fordernd, das war hier. No surrender, no chance of retreat.
Auf „Art Star“ nahmen sie eine etwaige Kombination aus Chicks On Speed und den Blood Brothers vorweg, doch ihren größten Moment hatten die Yeah Yeah Yeahs in „Mystery Girl“, dessen Drums geradewegs von den beiden großen Post-Punk-Frauenbands The Slits und Liliput stammten und zudem Poly Styrenes überaggressiven Gesang der X-Ray Spex in die Wirklichkeit zurückholte. Die Post-Punk-Geschichte in a nutshell aus Frauenperspektive und eine der fantastischsten EPs der letzten 25 Jahre - and all the grown men came to see the girl who tamed the tiger, yeah yeah.

Weiterhören: Art Star, Pin, Black Tongue


2. LCD Soundsystem – Losing My Edge

James Murphy, DFA und die Nationalhymne von Nerdland: I had everything before anyone. Ein brillanter gesprochener Text, der beiläufig 50 (!) Namen von Bands fallen lässt, selbstkritisch sezierend den Blick auf Nerdtum und Fanatismus wirft, sich selbst belächelt, anklagt und doch versteht. Kurzum, die Krone. Yeah yeah yeah, yeah yeah yeah yeah yeah. The Sonics! The Sonics!

Weiterhören: Yeah, Give It Up, Daft Punk Is Playing At My House


1. The Rapture – House Of Jealous Lovers

Der Song, der alles veränderte. 2002 - noch staunt die Welt über Strokes & Stripes und begrüßt gerade erst die Libertines, da werfen The Rapture ihre Kuhglocke in den Ring und sind für die nächsten zwei Jahre Hausmeister. Die perfekte Melange aus Punk, Indie-Rock, Dance und Electro, mehrfach wiederveröffentlicht und nicht tot zu kriegen, wird House Of Jealous Lovers in den Kanon der großen Singles der Musikgeschichte eingehen und ist beinahe eigenhändig für alles verantwortlich, was danach kam. Das Smells Like Teen Spirit der new wave of post punk - now take your year in the provence and shove it up your arse.

Weiterhören: Heaven, Out Of The Races And Onto The Tracks, Sister Savior
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Kommentare

Kern am 06.10.2006 um 13:36 Uhr:

die Bloc Party Geschichte begann aber eher auf dem großartigen Dim Mak Label

Christian_alternakid am 06.10.2006 um 13:40 Uhr:

nee glaube ich nicht, denn Bloc Party hatten einen song auf dem ersten Angular Records sampler, bevor sie überhaupt irgendetwas veröffentlicht hatten.

motorhorst am 06.10.2006 um 17:34 Uhr:

Geil, wie ihr beide die Nerds macht.

Björnstar am 06.10.2006 um 18:32 Uhr:

da haben sich die beiden schönsten gefunden!

lindihopp am 06.10.2006 um 18:38 Uhr:

tja, mh.de ist halt multifunktional, besonders beliebt: die alkoholiker- und nerd-dating-abteilung

Christian_alternakid am 06.10.2006 um 19:30 Uhr:

ja. der gute soll mal langsam machen, england ist mein gebiet - ich erzähl ihm ja auch nicht, auf welchem US-Label If You Don't Take This Drink I Won't Take You Home, Tonight erschienen ist.

pony_rieneck am 06.10.2006 um 19:55 Uhr:

hier kann man alkoholiker daten? interesting.

Christian_alternakid am 07.10.2006 um 06:16 Uhr:

ruhich mit den jungen pferden, pony.

Robbie am 07.10.2006 um 13:04 Uhr:

Super Ihle. Du bereicherst immer wieder auf´s neue.
Und !!! kenne ich gar nicht. Das muss sich jetzt wohl ändern.

motorhorst am 07.10.2006 um 13:30 Uhr:

Das muss sich aber unbedingt ändern Robbie! Freue mich schon darauf, wenn Du im Plattenladen nach der Band fragst. Das erinnert mich daran, als Christian sich Konzertkarten für !!! kaufen wollte und ihm die Verkäuferin beinahe Tickets für die drei Fragezeichen verkauft hätte!

Natürlich lob für den Artikel, mal wieder eine ganz große und fast selbstlose Idee des Frankenshambles.

Christian_alternakid am 07.10.2006 um 14:25 Uhr:

ja. und da ich am gleichen tag auch karten für Robocop Kraus käuflich erwerben wollte, bekam ich als antwort die rückfrage "Robocop Kraus? Das ist Comedy, oder?"

FrauK am 07.10.2006 um 14:42 Uhr:

!!! sah ich gestern im britischen MTV2. Superst.

wowo101 am 07.10.2006 um 16:59 Uhr:

da schließe ich mich den lobeshymnen doch mal schnell an. neue steinchen für meinen referenzbaukasten, großartig!

va.bene am 07.10.2006 um 20:28 Uhr:

jawohl!!! meine verneigung!
wünsch mir mehr von den nerd-diskussionen da kann man ja noch richtig was lernen.
folgenden satz über die arctic monkeys könnte man gerne in stein meiseln:
[...]dass eckiger Punk mit intelligenten Texten nicht nur seine Daseinsberechtigung hat, sondern für einen kurzen Augenblick auch die größte Band der Welt schaffen kann[...]
nur dass die arctic monkeys eine sehr lange zeit die größte band der welt sein werden

The Face am 07.10.2006 um 22:29 Uhr:

sehr schöne definition von post-punk:

'"Take Me Out“ ist der exakte Moment als Post-Punk overground ging'

Sollte ins Lexikon aufgenommen werden.

martina am 09.10.2006 um 00:12 Uhr:

und was bringt der artikel jetzt? kennen wir das nicht schon alles?

Basti am 09.10.2006 um 09:21 Uhr:

naja schon, aber das ist ja bestimmt nur das, was christian in früheren Jahren in sein schwarzes Büchlein geschrieben hat. Jetzt kommts halt auf Motorhorst.de ... oder was sacht der shambles selbst? das hast du doch für dich, und nicht für uns geschrieben, oder? haha. tritzdem natürlich sehr gut. keine Frage!

Christian_alternakid am 09.10.2006 um 14:42 Uhr:

naja, erstens ist ja das der beginn einer reihe, die mehrere genres durchhechelt, zweitens weiß ich auch, wenn der NME eine "Best British Albums Of All Time"-Liste macht, dass sich da The Queen Is Dead, The Stone Roses und Definitely Maybe um platz 1 prügeln und lese es aber trotzdem gerne und drittens haben wir hiermit dem Kern gelernt, dass Bloc Party auf Angular waren bevor sie zu Dim Mak gingen und dem Robbie !!! nahe gebracht.

Nerdgirl, nicht immer von dir auf andere schließen ;-)
sachen, die wir noch nicht kennen, gibts dann wieder am 2.januar wenn es heißt "I Predict A Riot. 2007".


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