Der Weg hinab
Sportplattenreleaseparty im Hamburger Knust
Das schöne am Knust ist ja, dass man quasi hinter den Kulissen unterwegs ist, sobald man aus dem Konzertsaal tritt. Man steht mit dem Sänger vorm Klo an, sieht den Wodka im Backstage-Zimmerchen ankommen und lässt sich von Karl dem Wirt am Würstchenstand schildern, welch traurige Veranstaltung das Alexander-Klaws-Konzert (sic!) im Vormonat war.
So kommt man auch nicht umhin, die mit Näherrücken des Konzertbeginns wachsende Nervosität der Veranstalter zu registrieren: Es kommen einfach keine Leute. Die Bar bleibt spärlich besetzt, Karl mault und entwirft kühne Visionen, wie man das gegenüberliegende Karostar für Werbeprojektionen nutzen könnte (aber auf ihn hört ja keiner), und der Chef vom ganzen schleicht permanent und zunehmend bedrückt dreinblickend zwischen Einlass und Backstageraum hin und her.
Also hilft nur Bier. Man trinkt und wartet, übt sich in Mitleid mit den Jungs von Sport, und hofft.
Einige Flaschen und ein paar Besucher später startet der Abend dann doch noch. Der Raum ist leidlich gefüllt, und die Bühne betreten zum Support Champagner Gloystein. Nicht uninteressant, denkt man - Sterne und Hardcore, warum nicht. Dumm nur, dass das nur dann eine Einheit ergibt, wenn's exakt wie die ganz frühen Sterne klingt.
Da hilft nur mehr Bier. Und so kommt's, dass man die Herren Müller (auch bekannt als die linke Seite des Kante-Sounds), Smukal ("Einer der besten Menschen dieser ohnehin schon schönen Welt", sagt Kantes Peter Thiessen) und Boeters (allegedly Autor einer Nacherzählung von Wittgensteins "Tractatus" - anhand von Skat-Regeln) zwar von weit vorne, aber irgendwie auch von weit weg erlebt. Der Bass pluckert, die Rhythmusmaschine läuft wie geschmiert, die Gitarre bratzt wie gewünscht - aber irgendwie springt der Funke nicht über, auch wenn alle anderen ihren Spaß haben. Sport klingen einem plötzlich wie Jungs mit schweren Gitarren und ohne Phantasie; irgendwo zwischen Mikrofon und Vorderhirn kommen den Songs ihre elegischen Momente abhanden. Und am Ende ist man sogar genervt von Felix Müllers Phrasierung, die nicht mehr melancholisch anmutet, sondern melodramatisch.
Da hilft nur mehr Bier. Nach der letzten Zugabe stolpert man dann noch ein wenig hinter den Kulissen umher, findet früh nach Hause und fragt sich den nächsten Tag lang, ob zuerst der Abend seltsam war und man deswegen trinken musste oder umgekehrt. Und wie Sport wohl mit mehr Publikum und weniger Bier geklungen hätten.
wowosschwester am 20.11.2006 um 09:27 Uhr:
Zur Beantwortung deiner Abschlussfrage: sehr sehr gut! (Bier: null; Publikum: Kantegröße, weil Sport Vorgruppe bei selbigem Konzert)