7 Tage - 7 Songs (1/7): Grandmaster Flash & The Furious Five - The Message (1982)

17.09.2015 | 0 Kommentare | motorhorst

Facebook-Trottel posten sieben für sie wichtige Songs an sieben Tagen. Ich bin einer davon, dehne die Aktion aber vielleicht auch in die Unendlichkeit aus.
Zum ersten Mal so etwas wie Distinktionsgewinn durch Musikhören erfuhr ich etwa 1983/84, als eine komplette Musikrichtung auf mich herein brach, die sich mir weder durch Bravo noch durch die Top Ten/Hitparade im Bayrischen Rundfunk am Freiagabend vorgestellt hatte. Weder HipHop noch Rap waren damals Begriffe, die der Allgemeinheit geläufig waren, weswegen man diese auch nicht wissend droppen konnte, sondern geheimbündlerisch herumdruckste, nicht zuletzt um auch sein eigenes Unwissen zu verbergen.
 
Leider habe ich gerade nicht Zugriff auf die Original-Platte von damals, deren Cover ich irgendwann mit Tesafilm Stück für Stück umwickelte, um so dem Verfall durch das ständige Verleihen an alle Mitschüler meiner Jahrgangsstufe entgegen zu wirken, aber ich werde beizeiten ein Fotos posten. Das Video natürlich super campy, was die Anzahl an Worte, die damals wirklich niemand verwendete, die in diesem Text aber vorkommen, schon auf eine zweistellige Zahl hinauf schraubt.
Wichtig: Damals wie auch oft noch heute, kam die Empfehlung, sich den illen Shit mal reinzupfeifen, von Bekannten. Daran hat sich trotz Spotify und YouTube und allem anderen Quatsch nix geändert: Die besten Tipps kommen immer noch von Freunden.
 
Der Song wurde dann übrigens stilecht auf einem Ghettoblaster gehört, der ca. 12 Batterien (diese ganz fetten) brauchte, um dann einen ganzen Abend zu halten. Das geschah wirklich, nicht nur in eurer nostalgischen Erinnerung, die nach genauerem Überlegen dann doch nur aus "Generation Golf" stammt. So konnte man dann stolz wie Oskar über den Campingplatz laufen und sich cool fühlen und in Wirklichkeit allen Leuten big time auf den Geist gehen, wie es die Chabos auch heute noch machen. Alles wie gehabt, also.

Wie erschließt sich im Nachhinein die Faszination für HipHop zu dieser Zeit, wo man schon mit elementarstem Englisch so eine Schwierigkeiten hatte? Noch dazu, wo es kabelfensehlos eine heraklesartige Arbeit war, überhaupt an authentische Übermittlung von US-Kultur zu gelangen? Wenn ich nur an das "Aha!"-Erlebnis beim Schauen von Rocky III denke, als sich offenbarte, dass sich hinter der mythischen Figur "Halkuchen", von der jahrelang die Rede war, ein Wrestler namens "Hulk Hogan" versteckte...nun ja, da fährt mir schon ein leichter Schauer der Peinlichkeit über den Buckel.
Aber um auf die Eingangsfrage vor diesem Exkurs zurück zu kommen: Es war wohl der Beat. Der relativ minimalistische Sound, diese Synthie-Sprengsel, die dem Gehörten in erster Linie die Kraft gaben. Und natürlich auch die Rhythmik, die auch ohne Verständnis erkennbar war und mich mitnahm: Don't. Push. Me. Cause. I'm. Close. To. The. Eeeeeeeeeeeedge.
Das war auch ohne Kenntnis des Sinns irgendwie klar.

Große Verwirrung stiftete in den folgenden Jahren die Vielzahl von Großmeistern, die da jenseits des Schachspiel-Betriebs existierten. Grandmaster Flash, Grandmaster MelleMel? Sind das Feinde? Aber wieso arbeiten die dann beide mit den Furious Five zusammen? Tja, löst das mal ohne Internet. Gerne wird die Zeit ohne www ja verklärt, aber leckt mich bitte am Arsch, es war eine Qual.
Irgendwann dann die Erleuchtung. Flash war der DJ, der hat überhaupt nicht gesungen bzw. gerappt. MelleMel war dann der Rapper. 
Im Video selbst war dann wohl doch Flash der Typ in der Fantasie-Uniform, bei der man doch etwas peinlich berührt denkt: Und wo sind der Cowboy, der Indianer und der Seemann?
Quatsch, das ist einfach mit sehr beschränkten Mitteln gefilmt und wird Song-Inhalt und der Zeit eigentlich mehr als gerecht. Schaut lieber mal eure eigenen Fotos aus der Zeit an. Aha, auf einmal ist Ruhe im Karton.

Ich hab mir dann so nach und nach die ganzen Alben gekauft, liegt alles auf Vinyl irgendwo im Dachboden und wird aber auch heute noch gerne mal als MP3 hervor geholt. Nicht unbedingt "White Lines", das trotz der Thematik irgendwie so ein fröhlich-joviales Kirmes-Element hat, aber "The Message" doch immer wieder gerne mal, Da ich auf mysteriöse Sounds von unten rechts stehe, liegt auch gerne mal "Girls love the way he spins" auf dem MP3-Teller, wie das sehr aufgekratzte "Scorpio". Über das Frank-Sinatra-Cover "New York New York" brauchen wir natürlich gar nicht erst reden, das wäre auch ein verdienter Kandidat für "Episode I" gewesen.

Dass der Grandmaster in späteren Jahren tatsächlich auch in Bayreuth "gespielt" hat, ist natürlich eine der bizarreren und auch komischeren Geschichten der Pophistorie. Ich verzichtete damals auf einen Besuch im A9, vielleicht um irgendwelche Illusionen zu erhalten, vielleicht auch nur, weil ich da gerade "anders drauf" war.


Platz 1 im US-Rolling Stone "The 50 Greatest Hip-Hop Songs Of All Time"
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