Alpha und Omega. Der seltene Fall, in dem ein Album von vorne bis hinten perfekt ist, wo jeder Song in der "Song des Jahres"-Liste landen könnte (und es in meinem Fall auch sehr viele tun). Und wie oft kommt das denn wirklich vor, seien wir mal ehrlich? Für jedes "Karma Police" gibt es im Normalfall ein "Fitter happier" und ein "Treefingers" ist so ein krasser Bruch, dass der auch von drei "Everything in its right place" nicht mehr gekittet werden kann. Nicht so hier, von "Sunday Morning" bis "European Son" gilt hier die oft gebrauchte doch fast nie zutreffende Formel "All killer, no filler".
Kann also ein grandioses Album nur aus einer Reihe von Ausnahmesongs bestehen? Keineswegs, ein Album des Jahres kann auch ohne den einen definitiven Hit auskommen, sondern den Eindruck eines runden Gesamtwerks hinterlassen, das, was ich gerne als "Album-Album" bezeichne. Hier sieht es anders aus.
Der Mythos um die initiale Rezeption des Albums tut sein Übriges zum Status, erreicht wohl nur durch die Story der wenigen Besucher des ersten Sex Pistols-Konzertes in Manchester. Hier wie dort waren der Legende nach Bandgründungen galore die Folge. Ich will es glauben.
Das Plattencover vom bedeutendsten Künstler der damaligen Gegenwart ist mehr als nur das finale Bananenhäubchen, ich könnte ewig so weiter machen und von Nico erzählen, die die Stücke singt, in denen man meint, einen Mann zu hören und die Volltreffer von Lou Reed, diese Songs, die von einer weiblichen Stimme getragen werden.
Mein erstes Lieblingsalbum (zeitlich gesehen), vermutlich sogar mein liebstes Album aller Zeiten. Älter als ich. Fresst das.
Diese wunderbaren Zeiten, in denen eine grandiose Band nicht nur ihr Debüt, sondern gleich das Zweitwerk hinterher feuert, wobei letzteres in diesem Fall für mich sogar noch eine größere Hitdichte aufweist. Top move, den heute keine Plattenfirma mehr machen würde, verstärkt durch den Fakt, dass die helle Flamme innerhalb von 4 Jahren mit 6 Alben - kein schlechtes darunter - schon wieder verbrannt war.
Im Vergleich zum Erstling wirken die Stücke für mich nicht so überspielt, was man natürlich den Musikern nicht wirklich in die Schuhe schieben kann. Mit Moonlight Drive, einem der zentralen Stücke in der Entstehungsgeschichte der Band (zumindest in der Oliver-Stone-Variante), People are strange, meiner ersten unbewussten Begegnung mit den Doors und When the music's over gleich drei der besten Stücke der Band, die mich mehr erreichen als Break on through, Light my fire oder The End.
Man kann den Doors und Morrison viel Prätention vorwerfen, die Drogenverherrlichung im Refrain von Break on through, den gewollt ödipalen Skandal in The End, der heute eher ein "Really?" hervor ruft oder die eine Schicht zu viel Pop in der Single-Version von Light my fire.
Aber letzterer Song hat eben auch diese unglaublich gute Orgel-Passage in der Albumversion, The End mit seinem tranceartigen Spannungsaufbau und der ausufernden Länge und Break on through als perfekter Platten-/und Karriere-Eröffner sind halt auch drei Argumente, die man nur mit allerhöchster Ignoranz leugnen könnte.
Zudem ist das ein Debüt mit elf Songs ohne Ausfall, die auch gerade in den Nicht-Singleauskopplungen bereits gut die Bandbreite der Band und die Interessen Morrisons zeigen, vom Blues bis zum brecht/weillschen Alabama Song.
Die Rezeption der Platte und des Doors-Gesamtwerks ist - sicher nicht nur - in meiner Biografie stark von Oliver Stones Biopic von Anfang der 90er geprägt. Ein Film, der nicht nur Lob geerntet hat und auch nicht als Leuchtturm der Authentizität in die Filmgeschichte eingeht, aber mich damals und jeden Anfangszwanziger überall und jederzeit auf der Welt im richtigen Moment erwischt, um ihn zumindest ein paar Monate oder Jahre mit auf einen Schwimmausflug zum Mond zu nehmen, ach nein, herrje, der kam ja erst mit dem zweiten Album.
Den Platz in den Top 5 meiner Albencharts verdankt das Pink-Floyd-Debüt zu großen Teilen "Astronomy Domine" (aber auch Interstellar Overdrive), welches für mich die Grundstimmung der Platte prägt, dieses drogenflirrende Schweben und ziellose Klangreisen in andere Sphären. Drogentrips interessieren mich wenig, aber wenn sie so akustisch ablaufen, ist das okay. Ich bin sicher nicht der größte Pink Floyd-Fan, verstehe nicht viel des Werks und im Laufe der Zeit auch immer weniger davon (mit der großen Ausnahme Dark Side of the Moon, aber dazu in einigen Monaten mehr), aber das ist durchaus eine Scheibe, die ich gerne immer mal wieder auflege. Das reicht manchmal auch aus.
Also das Cover ist großartig und die Vorstellung, in den 60ern und 70ern stundenlang davor zu sitzen und dann monatelang zu rätseln, wer wer ist und welche Bedeutung das hat - das hat schon was. Ansonsten nimmt dieses Album eigentlich gut die Hybris von "Be here now" 30 Jahre später vorweg, selbst die Reprise-ritis wurde hier ja eigentlich schon abschließend verhandelt.
Dazu genießt die Platte ähnlich dem weißen Album einen für mich etwas zu großen Mythos-Status, sorry, aber ich bin ein Revolver-Mann.
Was hätte die Band besser machen können (falls ich mir wirklich anmaßen möchte, den Beatles Ratschläge zu erteilen, so 55 Jahre später)? Vielleicht nicht zwei ihrer besten Songs EVER einfach nicht aufs Album zu nehmen?
Auf der positiven Seite schließt die Platte natürlich mit einem der besten Beatles-Stücke überhaupt, A day in the life. Manch andere Band (zum Beispiel: jede) würde ihren rechten Arm dafür hergeben.