Die letzte Woche stand zunächst wie meist unter dem Eindruck der Podcasts, ich stellte bei der Gelegenheit auch fest, dass ich bei last.fm im Vergleich zu Vielhörer Christian_alternakid nur etwas mehr als die Hälfte seiner Scrobbles aufweise (116.000 versus 197.000) und das obwohl wir auf den Tag genau gleich lang bei der Chose mitmachen. Way to go.
Nicht völlig überraschend lagen zwei Alben alter Bekannter ganz vorne: Das Underworld-Album STRAWBERRY HOTEL hat mich seit sehr langer Zeit bei einem ihrer Werke von Anfang an begeistert und auch wenn mich die Hits des Albums etwas an alte Großwerke erinnern (denver luna und Hilo Sky sind gerade meine Favoriten), wird die Scheibe noch öfter in meinem Spotify-Player rotieren und recht weit oben in der Jahresabrechnung landen.
The Cures SONGS OF A LOST WORK ist nichts weniger als ein Meisterwerk, die erste gelungene The-Cure-Platte seit Wish (32 Jahre ey) und damit quasi das Gegenteil von dem, wenn man Wish bei Wish bestellt. Die Vorab-Single Alone war schon erstaunlich und lief immer wieder seit Release im September, aber das komplette Album setzt noch mal einiges drauf. Ich glaube, am Release-Tag lief das komplette Werk 5 oder 6 mal hintereinander durch (kommt in der Wochenstatistik irgendwie nicht raus, da last.fm 73 The-Cure-Scrobbles dem 31.10. zugeordnet hat). Neben der Vorabsingle sind vor allem "I can never say goodbye" und das epische "Endsong" meine Favoriten, letzteres ist viel zu kurz mit seinen zehneinhalb Minuten.
Später ging dann das Nachhören der potenziellen Alben des Jahres los, das schlägt sich aber in dieser Übersicht noch nicht ganz nieder, das folgt wohl erst nächste Woche.
Meist gespielte Bands des Jahres bisher:
1. Sonic Youth (468)
2. Radiohead
3. The Cure
4. Depeche Mode
5. Die Nerven
Meist gespielte Tracks des Jahres bisher:
1. Die Nerven - Das Glas zerbricht und ich gleich mit (27)
2. Die Nerven - Achtzehn
3. Die Nerven - Als ich davonlief
4. Die Nerven - Große Taten
5. Klez.e - Erregung
Meist gespielte Albern des Jahres bisher:
1. Klez.e - Erregung (101)
2. Ja, Panik - Don't play with the rich kids
3. Die Nerven - Wir waren hier
4. Pet Shop Boys - Nonetheless
5. Underworld - Strawberry Hotel
Anfang November sollte man mal mit den Jahresendlisten anfangen, allzu viel Neues kommt dann nicht mehr und zudem wird man (ich) feststellen, was man alles verpasst hat oder zwar wahrgenommen, aber nicht mehr als am Rande gehört.
Die Liste der Kandidaten für das Album des Jahres war spontan erstmal gewohnt kurz (es ging los mit 5 Titeln), schließlich hört man die meisten Titel ja doch nur ganz kurz, einmal die ersten paar Tracks oder halt gar nicht. Nicht jedes Album ist Songs of a Lost World oder Strawberry Hotel, die gerade in den letzten Tagen ständig auf dem virtuellen Plattenteller waren.
Nach den ersten vier Tagen Sichtung bin ich jetzt bei
Das sind insgesamt 45 Alben, nicht die Welt, wenn man überlegt, was im Kalenderjahr so erscheint, aber auch viel zu viel, um es jetzt im Schnelldurchlauf abzuarbeiten und dann selbst die gecharteten Titel in den nächsten Jahren zu ignorieren oder vergessen, es gibt ja wieder so viel Neues.
Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Replik auf Freund Dr. Lukas ist, der in seinem formidablen Blog Coffee And TV ausführlich auf das kettcar-Debüt und die Geschichte danach blickt oder mir dieser Text schon die ganze Zeit durch den Kopf ging. Zumindest ansatzweise. Z.B. jedes Mal als ich am vergangenen Wochenende an der U-Bahn-Station Landungsbrücken vorbeifuhr und augenblicklich der zugehörige kettcar-Song in meinem Kopf gespielt wurde, ich aber dennoch in der Bahn sitzen oder stehen blieb.
Die Story ist ganz klar: Da war dieses Gemunkel in den inneren Kreisen des Popzirkels im Frühjahr 2002, dass da was Großes kommen würde. Man solle sich diese Band kettcar unbedingt anschauen, die zwar noch kein Album draußen hatte, aber auf eine bewegte Musikgeschichte ihrer Mitglieder zurückblicken konnte. Deswegen nahm ich die Gelegenheit beim Schopfe als kettcar am Nachmittag von Rock im Park 2002 im New Talent Forum oder der Alternastage oder wie das Eisstadion damals eben hieß, spielen durfte.
Manchmal ist es ein bestimmter Song, manchmal ein Albumcover, das letztendlich den Ausschlag gibt, warum einem eine Band nicht mehr aus dem Kopf geht. Bei kettcar reichte ein einziger Satz, den ich bei dem Konzert aufschnappte und der mich dann fluchartig begleitete und allen möglichen Menschen ins verständnislose Gesicht gefeuert wurde: "Und ihr wisst ja, wie es ist. Es ist: Das Geld kommt aus der Wand." (aus Money Left To Burn).
Da ich zu dem Zeitpunkt für ein großes Musikmagazin Dinge mit Computern machte, konnte ich danach auch noch beim Meet & Greet mit Eric von kettcar sprechen, was gleich den Eindruck von "wunderbare Menschen sind das auch noch!" verfestigte und ich versprach am Tag nach Rock im Park natürlich zum Konzert ins Glashaus zu kommen, was ich aber idiotischerweise nicht machte/konnte.
Es gab dann noch ein weiteres fulminantes Konzert im kleinen Raum des K4 in Nürnberg im Dezember des selben Jahres und da konnte man dann die Texte schon mitsingen, da das Album dann schon draußen war. Und das Album bekräftigte alles, was man sich positiv ausgemalt hatte: Schon der Titel eine herrliche Referenz aber auch Reverenz an den Jahrhundertfilm The Breakfast Club und auch die Texte waren mit diesen augenzwinkernden oder meist unverständlichen Querverweisen ausgestattet. Denn die Sprache von kettcar war keine leicht verständliche. Elliptische Satzfragmente auf der einen, auf viele Zeilen/Verse verteilte Schachtelsätze auf der anderen Seite. Die Reihenfolge von Subjekt, Prädikat und Objekt hatte ich in der Schule irgendwie anders gelernt, aber das Problem schob ich man eben auf die norddeutsche Herkunft der Band.
Das daraus entstehende Immerwiederhören-Können bzw. Müssen, um dabei zu neuen Erkenntnissen zu kommen, während man gleichzeitig schon intuitiv von Anfang an verstand, um was es in den Songs eigentlich geht, kannte ich bereits von den ersten Berührungen mit den Die Sterne, aber hier war das doch eine Spur radikaler (These: Kettcar verhielt sich zu Tomte ungefähr so wie Die Sterne zu Tocotronic, discuss!).
Und dann ging es mir und kettcar wie Christoph Daum nach dem Gespräch mit Uli Hoeness im Sportstudio 1989 am nächsten Donnerstag: Der Weg endete hier. Vielleicht waren es die seltsamen, "normalen" Leute, die plötzlich auf kettcar-Konzerten auftauchten, vielleicht hat mich das zweite Album mit dem vielleicht zu gewollten Titel "Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen" einfach nicht mehr so gepackt, der Effekt war jedenfalls verpufft. Vielleicht war das ein Vielleicht zu viel. Die nachfolgenden Alben habe ich mir gar nicht mehr wirklich angehört. Klingt bitter, ändert aber überhaupt nichts an der Ausnahmestellung des Debüts.
Das Grand Hotel van Cleef feiert das 10jährige Jubiläum mit einer Deluxe Edition des Albums, welches ich mir zwar nicht kaufen werde, aber dennoch bedingungslos jedem empfehlen kann, der das Original noch nicht kennt oder dessen Vinühüüül zu verkratzt ist.
Den Bonus-Teil der Deluxe-Version kann man übrigens bei Spotify hören.
Das Konzert von Hot Chip am letzten Freitag in der Großen Freiheit 36 in Hamburg war ganz wunderbar und bizarr, allen voran natürlich die Location, die mitten in der Amüsiermeile der Reeperbahn liegt und stellenweise auch genau so aussieht. Was wunderbar war: Einlass 18 Uhr, Beginn der Vorband (die beinahe schon vergessenen, aber tatsächlich schon 2010 auf dem Bootboohook gesehenen Hundreds) um 19:00 und kurz nach 20 Uhr steht dann der Hauptact auf der Bühne. Um kurz vor 22 Uhr ist dann auch schon alles vorbei und man kann den ganzen Abend noch sinnvoll füllen anstatt wie leider viel zu oft im Glashaus noch 1 bis 2 Stunden zu warten, dass es endlich losgeht...
Der Auftritt selbst war ganz wunderbar. Hot Chip sind einfach eine Band, der man gerne zusieht und dabei immer den Eindruck hat, dass sie selbst großen Spaß am dargebrachten Werk hat. Wer sich selbst davon überzeugen möchte hat übrigens zur Zeit bei tape.tv die Chance das Konzert in voller Länge anzuschauen. Die paar Minuten, die ich schon gesehen habe, wirken ähnlich gut wie der Live-Eindruck, Kamera + Schnitt sind ganz vorzüglich!
Hot Chip am 02.11. in der Großen Freiheit 36 - Das komplette Konzert auf tape.tv
Das Leid mit den Listen. Irgendwann, gefühlt ist es ein gutes Jahr her, beschloss ich, die besten Songs eines jeden Jahres zu küren. Vom Anbeginn der Zeit und natürlich jeweils in eine Reihenfolge gebracht und am besten auch auf eine Zahl pro Jahr begrenzt, sagen wir 20 oder besser 50 oder gleich 100.
Das erste Problem: Die alten Esel
Wenn man sich dann durch die überschaubaren Aufnahmen aus den 20ern, 30ern oder 40ern des letzten Jahrhunderts hört. stellt man.....Moment, kleiner Exkurs. Mit "man" meine ich ebenso wie alle Talkshow- oder "Familien im Brennpunkt"-Teilnehmer natürlich mich selbst. Ich stelle also fest, dass ich weder Bluesman noch der Jazzer bin, was für eine Aufarbeitung dieser Phase hilfreich wäre.
Folglich mache ich den Schritt bis zum ersten Jahr, in dem ich tatsächlich mehrere Titel nennen kann. In meinem Fall war das 1964. Folglich sollte die erste Liste alles davor abbilden. Diese Liste der alten Eselmusik erhielt also das Motto "1963 und früher".
Das zweite Problem: Die Relevanzdebatte
Soll ich wirklich den Anspruch haben, Songs und Stücke auszuwählen, die besonders wichtig für die weitere Entwicklung der Hörgewohnheiten oder der Musik im Allgemeinen waren/sind? Hier war die Antwort leicht: Natürlich nicht. Es geht einzig und alleine um den Anspruch "Gefällt mir. +1. Kann ich mir anhören ohne mich zu quälen. Könnte ich im entsprechenden Rahmen auflegen ohne mich zu schämen oder ein wissendes Augenzwinkern in die Menge zu senden. Und alles auf heutiger Sicht."
Das dritte Problem: Der Distinktionsgewinn
Ich kann mich also auf Klassiker beschränken, die in einer alten Version immer wieder gespielt werden (z.B. Johnny Cashs "I Walk The Line") oder in immer neueren Versionen auf den Markt geschmissen oder durch die Hermes House Band auch den jungen Menschen bekannt sind (Gerry & The Pacemakers - You'll Never Walk Alone). Oder ich nehme tatsächlich die Songs, die mir auf die eine oder andere erklärbare oder unerklärliche Weise über den Weg gelaufen sind und mich weiter begleiten (Bob Dylan - In My Time of Dyin').
Ich habe mich für eine Mischform entschieden, das wichtigste ist aber doch der letzte Punkt. Gerade wenn man die erste Liste von 1963 und früher anschaut, wird man entdecken, dass der Distinktionsgewinn nicht sonderlich groß ist, sondern hier noch eher die allgemeinen bekannten Werke vorherrschen. Kann man aber halt nix machen.
Das Problem des Rankings
Könnte ich bei den 7 Titeln der ersten Liste sicher noch einführen (tatsächlich ist die Anordnung der Titel in meiner Liste in diesem Fall sogar ein Ranking!), bei den immer mehr werdenden Titeln pro Jahr mit Höhepunkten in den 4er-Jaren (1994, 2004) und beinahe 100 Songs in jenen Listen wird das aber schnell ein schwieriges, ach was, ein unüberwindbares und vor allem unsinniges Unterfangen. Deswegen ist das Ranking zweitrangig. Wenn ein Titel wirklich nicht mehr guten Gewissens hörbar ist, wie "Seven Nation Army", dann fällt das lieber raus als dass es den Gnadenplatz 97 erhält.
Das Technische
Nur Singles? Nur Songs, die auf Alben in diesem Jahr aufgenommen wurden? Auch wenn es einen Bootleg gibt, der schon fünf Jahre älter ist? Ich versuche mich da einigermaßen zu orientieren, dass keine allzu große Diskrepanz zwischen tatsächlichem Release und Listung auftritt. Die Fälle von
- Single schon im Jahr vor dem Album veröffentlicht
- Single 2 Jahre nach dem Album ausgekoppelt
- Aufgenommen im November, veröffentliche im Januar
sind halt nicht unbedingt die Ausnahmen. Im Zweifelsfall sollte immer die erste Veröffentlichung Vorrang haben, in der Praxis gebe ich dem Album meist den Vorzug vor einer vorzeitigen Single-Auskopplung im Vorjahr.
Im Allgemeinen gilt auch hier: Bitte nicht hörstlicher als der Horst sein.
Die Einschränkung
Nur ein Song pro Band pro Jahr? Nur Originale, keine Cover?
Wem wäre damit geholfen? Was kann Pearl Jam dafür, wenn alle anderen nur Mist produzieren, auf der Ten aber schon die ersten sechs Songs alle in eine Bestenallerbesten-Liste reingehören? Gar nichts, genau. Deswegen landen dann zur Not halt auch mal 9 Beatles-Songs in einer Top Ten. In der Praxis natürlich nie.
Und eine gute Coverversion (was später noch definiert wird) hat natürlich genau so ein Lebensrecht wie ein originärer Song, vor allem wenn sie viel besser ist.
So nüchtern sollen die zukünftigen Einträge übrigens nicht mehr werden.