Diskriminierung

01.07.2010 | 0 Kommentare | motorhorst

Eine Kolumne aus bayreuth4u vom Februar 2008 zur Einführung des allgemeinen Rauchverbots in Kneipen und Kaschemmen.
Ich betrete in der ersten Januarwoche die Stammkneipe und nach dem üblichen "Prost Neujahr"-Quatsch sehe ich mich verwundert um: Haben die umgebaut in der knappen Woche, die ich nicht hier war? Irgendwie wirkt das alles größer hier und - Hey! - da vorne ist ja ein Fenster aus dem man direkt auf die Straße schauen kann. Früher war da nur diffuser Nebel als wäre man beim Sisters-Of-Mercy-Konzert...

Nach wenigen Momenten der Desorientierung wird aber schnell klar: Das mit diesem Rauchverbot war gar kein Witz! Man merkt es nicht nur an der durchsichtigen Luft: Mehrere übernervöse Raucher sitzen bereits am Tisch und spielen mit Feuerzeugen, haben nicht angezündete Zigaretten im Mund oder drücken verträumt ein Knoblauchbrot im Aschenbecher aus.

Für die ersten 3 Stunden ist so auch für Gesprächsstoff gesorgt (später wird sich herausstellen, dass es eher für 3 Wochen, hoffentlich nicht sogar für 3 Monate reicht): Rauchverbot. Nur Rauchverbot. Nichts weiter. "Gespräch" ist dabei übertrieben. Die Hälfte der Teilnehmer verschwindet nämlich spätestens alle 25 Minuten vor die Tür, um für die dringend notwendige Nikotinzufuhr zu sorgen. Verloren sitzen die wenigen verbliebenen Nichtraucher herum und versuchen irgendwelche Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. Die eigentlich gerade erzählte Geschichte kann man ja nicht weiter ausführen, da man sonst bei der Rückkehr der Tabak-Junkies alles noch mal wiederholen müsste.

Meine Gedanken schweifen zu den militanten Nichtrauchern, die zuhause sitzen und sich einander zuraunen: "Hihi, jetzt könnten sogar wir in Kneipen und Gasthäuser gehen. Wenn wir wollten!" und sich noch ein Mineralwasser einschenken bevor sie um 22.00 Uhr ins Bett gehen. In der Realität stinkt hier die Luft nach Küchenfett und Menschenschweiß, kein neutralisierender Zigarettenrauch beseitigt die üblen Düfte. Während sich abermals der Tisch leert und die Raucher feixend nach draußen verschwinden (die hübschen Mädchen gehen mal mit, denn da draußen riecht es nach Abenteuer und nicht nach trister Genussfeindlichkeit) und mich alleine zurück lassen, wünsche ich mir sehnlichst den blauen Dunst zurück - zum Schutz der Nichtraucher!
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