Stop the press. Mit solch einem Stück hat man 1965 den Grand Prix gewonnen. Von Serge Gainsbourg geschrieben? Eventuell muss ich meine Meinung zu diesem Quatschwettbewerb doch noch mal überdenken. Fantastischer, treibender Song, der zwischen Fröhlichkeit und Melancholie wunderbar pendelt und erfreut. Musste lange nachdenken, ob ich diese Version oder die deutsche Adaption "Das war eine schöne Party" wählen sollte. Beide peak.
Eine Live-Version des Stücks von Arcade Fire 2007 in Paris performt, zeigt, welche Energie in dem Stück steckt und ich hoffe die Begeisterung des Publikums war grenzenlos.
Ich bin gerade etwas wütend, dass es keine Stereolab-Version des Songs gibt, aber das wäre vielleicht zuviel der Perfektion.
Unzerstörbarer Klassiker, immer wieder erstaunlich wie man sich nicht satt hören kann.
Der Bob-Dylan-Song an dem sich alle Dylan-Stücke - zumindest für mich - messen lassen müssen. Bizarrerweise bin ich durch Blumfelds "Jenseits von Jedem" (dem Song) auf dieses mir zuvor unbekannte Stück gestoßen. Und danach konnte ich eben das bizarre Personal von Distelmeyers Stück nicht mehr ganz so gut goutieren, da Dylan die historische und biblische und fantastische Staffage schon fast 40 Jahre früher in Szene gesetzt hat und nun ja, doch etwas besser. Intensiver. Origineller.
Über 11 Minuten Spielzeit sind deswegen natürlich auch nicht zu lang, sondern eher zu kurz.
Das Thema Harmoniegesang werde ich in den ersten 5-10 Jahren dieser Reihe sicher noch mehrfach ins Felde führen, doch hier kommt natürlich noch der Groove mit ins Spiel und die Erleichterung. Und zwar darüber, dass man irgendwann erkennt, dass You can't hurry love nicht von Phil Collins stammt, dann mehr von den Supremes entdeckt und schließlich bei diesem - natürlich auch durch Radio und Filmverwendungen - immer irgendwie im Hintergrund präsenten Stück landet.
Ich kann leider nicht mehr nachvollziehen, wie ich auf die große Nina Simone gekommen bin, aber es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass es durch die 2003er-Remix-Version von Sinnerman von Felix the Housecat war. Das Ironische ist, dass es überhaupt nicht notwendig ist, diesem Song mit einem treibenden Beat die Illusion eines hypnotischen, nach vorne gehenden Rhythmus zu verleihen, denn ein Hören der "Original"-Version von 1965 zeigt: Das ist alles schon da. Ganz ohne House-Klavier. Oder halt mit der Mother of all house klaviers.
Relativ spät in meine Topliste reingerutscht, ist das ein Song, der sofort in Kopf und Beine geht und wo man sogleich freudig mitstampfen und über die Tanzfläche schieben möchte, dass es nur so eine Art hat.
Dieses ikonografische Video hat sich in den Sehzellen eingefräst, bevor man noch die Connection mit dem Song oder gar Interpreten gemacht hat. Und hier gibt es gleich noch eine "Wie bin ich unterbewusst auf das Stück gestoßen, ohne wirklich zu wissen, um welches es sich handelt". In der Kennenlernszene aus Oliver Stones Doors-Biografie zwischen Ray Manzarek und Jim Morrison singt Manzarek als Beispiel, was man nicht machen wollte, u.a. auch dieses Stück vor. Möglicherweise täuscht mich jetzt auch da meine Erinnerung, aber zumindest prägten sich die Zeilen so ein, wie auch die im selben Kontext erwähnte Misses Brown, die eine lovely daughter hatte. Nicer Vetreter der anderen Dylan-Schule, die nicht in Richtung der ausufernden Erzählungen geht, sondern stattdessen einen knackigen zweiminütigen Rocker hinschleudert.
Das Stück hatte ich schon aussortiert, aber glücklicherweise haben die Kollegen da die Beweise gefunden, dass es im aktuellen Jahr erschien. Großartig vorgetragene Marschmusik, die diese Bezeichnung natürlich nicht verdient, liegt sie aber aufgrund des Themas doch so nahe. Wir hören uns hier durch ein Jahr, das vor Hits weiblicher Sängerinnen überquellt und die männlichen Kollegen ein ums andere Mal in den Schatten stellt.
Rubber Soul ist gefühlt Welten oder Lichtjahre vom ein Jahr später erscheinenden Meisterwerk Revolver entfernt. Zu viel simpler Yeah Yeah Yeah Brei verhindert hier, dass sich echter Hörgenuss bei mir einstellen kann (aber ey, warum hast du es dann auf Platz 3 bei den Alben gewählt? - Schnauze Gehirn, sonst gibt es mit dem Wattestäbchen!). Die wohlige Ausnahme ist Norwegian Wood (This Bird has flown), was nicht nur durch die tolle Klammer die Großtaten des nächsten Longplayers endlich andeutet. Ich kann nicht genau festnageln was es ist, aber zwischen der zarten Instrumentierung, dem zurückhaltenden Gesang und dem verschleppten Tempo jenseits allen "Gude Laune!!"-Ansatzes wohnt wohl die Ursache der Beliebtheit meinerseits.
Großartige Single und Zeitzeuge dieser tollen Epoche, wo die Bands Album um Album auf den Markt warfen (die natürlich vor allem Singles-Compilations waren, sind wir mal ehrlich) und zwischendurch aber noch Singles rausbrachten, wo 1 oder meist eben 2 Non-Album-Tracks immer wieder herausragten. So hier Day Tripper, vor allem aber We can work it out, dass mir zweiunddreißig mal mehr zusagt als das vorangehende Rubber Soul Album.
Diese ergreifend traurige Ballade, die - obwohl von den Stones selbst geschrieben - zuvor schon von Marianne Faithfull interpretiert worden war (deren Version kann der Stones-Version jedoch nicht das Wasser reichen) entdeckte ich einst für mich, als ich als 11-12-Jähriger begann, die Plattensammlung meiner Eltern zu durchforsten. Aus dem großen Repertoire der Rolling-Stones-Platten (mein Vater ist ein riesiger Stones-Fan) griff ich eher zufällig zuerst zur LP "December's Children" und war gleich beim ersten Hören völlig fasziniert von diesem Song. Bis heute hat er für mich nichts von seinem Zauber eingebüßt.
Gleich zu Beginn des Songs holen einen die Akustikgitarrentöne voll ab, die später sehr wirkungsvoll von den Streichinstrumenten unterstützt werden, die genau an der richtigen Stelle einsetzen. Und natürlich flasht einen die wunderbare Zerbrechlichkeit in Mick Jaggers Gesang. Ein Meisterwerk!
Manche mögen diesen Song der Righteous Brothers für schnulzig halten, aber ich finde ihn nach wie vor einfach wunderschön. Geht voll unter die Haut und stellt alle anderen Coverversionen des Songs ganz klar in den Schatten.
Teil des Duos ist ja Bill Medley, den ich in meiner Jugend zunächst als (Mit-)Interpret des mich eher nervenden "The Time of my life" aus "Dirty Dancing" kennengelernt hatte. Und auch mit "Unchained Melody" sollte Medley dann wichtiger musikalischer Bestandteil eines Patrick-Swayze-Films ("Ghost") werden, was diesem tollen Lied, in dessen Text der Songtitel bemerkenswerterweise gar nicht vorkommt, noch einmal einen verdienten Popularitätsschub geben sollte.
Zeitloser Klassiker, dessen Text einem beim Hören fast zwangsläufig zwecks Mitsingen über die Lippen geht. Ein wahnsinnig gefühlvoller Song mit einer einfach tollen Melodie. Letztere soll Paul McCartney einst - gespielt von einem Streichorchester - im Traum vernommen und noch im Halbschlaf notiert haben (vgl. ZEITMagazin N°10, 4.3.2021).
Bereits 1964 auf "Wednesday Morning, 3 A.M.", dem Debütalbum von Simon & Garfunkel, veröffentlicht, wurde der Song ein Jahr später in dieser neuen Version als Single auf den Markt gebracht und startete durch, ehe er durch den Film "Die Reifeprüfung" endgültig Unsterblichkeit erlangte, wobei er für mich auch den anderen Klassiker aus dem Film, "Mrs Robinson", toppt.
Neben der wunderschönen Melodie, an der man sich auch nicht überhören kann, fasziniert auch gleich zu Beginn des Songs das gewählte Vokabular ("Hello darkness, my old friend / I've come tot talk to you again") - herrlich poetisch, auch wenn Paul Simon diese Zeilen lapidar damit erklärt, in seiner Jugend oft im dunklen Badezimmer Gitarre gespielt zu haben.
Obwohl es mittlerweile dank Disturbed eine noch geilere Version gibt (hier bin ich ganz anderer Meinung als der Motor), gebührt dem Original nach wie vor meine uneingeschränkte Hochachtung.
Nachdem ich diesen Song kurioserweise im Musikunterricht der Mittelstufe kennengelernt hatte, da wir ihn dort gesungen hatten, waren erste Sympathien geweckt. Richtig lieben lernte ich ihn dann aber Mitte der 90er Jahre auf den Flower Power Parties im Schwabacher "Trend". Mit seiner Eingängigkeit und Melancholie einfach ein toller Ohrwurm.
Gibt es einen größeren Garage-Rock-Song*?
Und dabei ist "Have Love Will Travel" ja sogar nur ein Cover eines 1959er Songs von Richard Berry. Aber wie die Sonics mit den verzerrtesten Gitarren von 1965 dem Berry-Original jede Doo-Wop-igkeit austreiben und den Song in völliger Übersteuerung in die Welt brüllen, das hat soviel Energie wie 11 Jahre später Johnny Rotten bei "God Save The Queen.
Diese ersten sieben Sekunden, die böse groovende Gitarrenfigur und *dieser* Schrei. Besser kann ein Song nicht beginnen.
*Ok ich lass mit mir reden, "Strychnine" der Sonics (ebenfalls '65) gehört auch in den Olymp.
Da Bob Dylan 1965 zwei Alben veröffentlichte, weiche ich meine "1 Song pro Künster"-Regel zugunsten "einen Song pro Album" auf - und selbst hier ist es schwer, sich für den besten Song von "Bringing It All Back Home" zu entscheiden, sind doch mindestens "It's Allright Ma, I'm Only Bleeding" und "It's All Over Now Baby Blue" Top-Ten-tauglich für dieses Jahr. "Subterranean Homesick Blues" erhält letztlich auch wegen seiner historischen Bedeutung den Zuschlag, ist er doch der entscheidende Wendepunkt zu "Dylan Goes Electric". Nachdem alle seine vier vorherigen Alben nur mit akustischer Gitarre gespielt wurden, eröffnete "Subterranean Homesick Blues" mit diesem zweineinhalbminütigen Garage-Rock-Song, der Lou Reeds Unterwelt-Texte um zwei Jahre vorwegnahm. Eine der besten Zeilen eines Songs und Albums überhaupt: "Johnny's in the basement / Mixing up the medicine / I'm on the pavement / Thinking about the government".
„It's the same old story. Boy finds girl, boy loses girl, girl finds boy, boy forgets girl, boy remembers girl, girls dies in a tragic blimp accident over the Orange Bowl on New Year's Day“, lautet das Frank Drebin Zitat aus dem Film „Nackte Kanone“ und praktisch die gleiche Geschichte erzählt auch „Leader Of The Pack“ von den Shangri-Las, nur dass der tragische Unfall selbstredend ein Motorunfall ist.
Die Shangri-La’s sind neben den Ronettes natürlich die größte Girlgroup aller Zeiten und „Leader Of The Pack“ erweitert noch einmal die Grenzen dieses Genres in einem für einen kurzen Popsong untypischen Aufbau, der filmische Soundeffekte, abrupte Tempowechsel - bis zum Stillstand - und eine ganze Lebens- und Liebesgeschichte in diese zwei Minuten 48 Sekunden packt.
(P.S.: Als Single kletterte „Leader Of The Pack“ bereits Ende 1964 bis auf Platz 1 der US-Charts, das gleichnamige Debütalbum der Girl-Group erschien aber erst 1965)
"Inland Empire". Nach drei Stunden von David Lynchs Weirdo-Opus (ja, selbst für David Lynch - Verhältnisse ist "Inland Empire" eine eigene Liga der Weirdness) ist man erschöpft und erledigt, doch dann beginnt eine Kamerafahrt, wildes Tanzen und Nina Simones Zehn-Minuten-Version von "Sinnerman". Eine der größten Schlußszenen der jüngeren Filmgeschichte.
Die Geburt eines ganzen Genres: als The Byrds 1965 den gerade erschienen Bob-Dylan-Song coverten und Dylans knarzig-knödeligen Singer/Songwriter-Ansatz mit himmlischen Harmonien und der 12-Saiten-Rickenbacker-Gitarre verheirateten, trat Folk-Rock auf den Plan und ist dieser Sound bis heute eine der Grundfesten des Indiepops der Jingle-Jangle-Prägung.
Zu diesem Cover mussten The Byrds übrigens von ihrem Manager zunächst überredet werden, aber spätestens Dylans Begeisterung über die Byrds-Version - „Wow, you can dance to that!" - machte dann auch McGuinn, Clark und Crosby klar, welches Werk sie hier geschaffen hatten.
'Oh God said to Abraham, "Kill me a son"
Abe says, "Man, you must be puttin' me on"'
...die Bibel nach Bob Dylan!
Mehr Garagerock als auf "Highway 61 Revisited" war Dylan nie mehr und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Jack White gerade bei "Highway 61" doch ganz genau hingehört hat.
Dylan veröffentlichte 1965 gleich zwei Alben, die zudem noch mit das beste sind, was er je geschrieben hat: im März "Bringing It All Back Home" mit "Subterranean Homesick Blues", "Mr. Tambourine Man", "It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding)" und "It's All Over Now, Baby Blue" sowie nur fünf Monate später eben "Highway 61 Revisited", auf dem neben dem Titeltrack "Like A Rolling Stone", "Ballad Of A Thin Man" und "Desolation Row" zu finden sind.
Die eigentliche A-Seite der "Highway 61"-Single "Can you please crawl out of your window" war zudem auf keinem Album enthalten (wie auch die andere 65er-Non-Album-Single "Positively 4th Street"). Als Dylan übrigens dem Folksänger Phil Ochs "...Window" auf einer gemeinsamen Autofahrth vorspielte und Ochs nur mäßig begeistert war, warf Dylan ihn mit den Worten "You're not a folk singer. You're a journalist" aus der Limousine
Lee Hazelwood schrieb Nancy Sinatra ihren 'signature song' - kaum ein Lied repräsentiert für mich so sehr den Anfang der swinging sixties (auch wenn die ja per Definition mehr ein UK- als US-Phänomen waren), was mit Sicherheit auch an dem unglaublich stylishen Video liegt, das wie "The Thomas Crown Affair" als Songauftritt wirkt. "These Boots" hat eine dem Titel angemessene walking bass line, die den Song dominiert und neben den von Nancy wunderbar hochnäsig-empowered gesungenen Trennungs-Lyrics das Herz des Liedes ist.
Are you ready Boots? So start walking...
Es gab sie also, die Zeiten, als im Eurovision Song Contest tatsächlich gute Lieder gespielt wurden (und nein, wer jetzt an ABBA denkt: dort hinten ist die Schämecke). 1965 gewinnt die damals 18jährige France Gall mit dem von Serge Gainsbourg geschriebenen Song "Poupée de cire, poupée de son" den Wettbewerb. Gainsbourg hatte übrigens auch schon ihren 1964er Hit "Laisse tomber les filles" komponiert, einan anderen Klassiker des, nennen wir es, Girlie-Chansons, die beide genau genommen eigentlich dem YéYé zuzuordnen sind.
Dass France Gall selbst später "Poupée de cire, poupée de son" nicht mehr singen wollte und es gar als "dummes Lied" bezeichnete, dürfte mehr an den von Gainsbourg eingeschmuggelten Untertönen im Text liegen als am Song selbst, der auch heute noch 12 points verdient.
"Poupée De Cire, Poupée De Son" ist im Übrigen auch eine der wenigen Überschneidungen zwischen kommerziellem Hitparadenerfolg in Deutschland und meiner Bestenliste: France Gall war hiermit auch auf Platz 10 der bestverkauften Songs des Jahres.
"Get Off Of My Cloud" wurde von Jagger & Richards als Nachfolgesingle ihres Mega-Hits "Satisfaction" geschrieben und ist aus meiner Sicht der deutlich größere Song, was Keith Richards anders sieht: "I never dug it as a record. The chorus was a nice idea, but we rushed it as the follow-up. But how do you follow-up "Satisfaction"? Actually, what I wanted was to do it slow, like a Lee Dorsey thing. We rocked it up. I thought it was one of Andrew Loog Oldham's worst productions". Der Mainstream ist dagegen auf meiner Seite, die "Get Off Of My Cloud" eine Nummer 1 Platzierung in USA, England und Deutschland bescherte. Für mich in einem starken Jahr der Rolling Stones - neben "Satisfaction" erschienen unter anderem auch "As Tears Go By"sowie "The Last Time / Play With Fire" ebenfalls 1965 - ihr bester Song.
Gerade im Vergleich zu den Beatles und den Stones klingt "My Generation" von The Who doch deutlich kompromissloser, harscher und aggressiver - und nimmt so als eine der ersten britischen Bands die spätere Punkexplosion vorweg.
Insbesondere textlich ist "My Generation" ein einziger Protestschrei gegen das Establishment:
People try to put us down
Just because we get around
Things they do look awful cold
hope I die before I get old
This is my generation
This is my generation, baby
Genauso gut, aber weniger ein Statement ist das ebenfalls in diesem Jahr erschienene "I Can't Explain", das stärker die mod'-ishe Kinks-Seite von The Who betont.