Vorsicht, jetzt wird’s politisch korrekt ... ähem ... unkorrekt ... ähem ... arrgh!

06.11.2006 | 16 Kommentare | barracuda

Noch irgendjemand hier, der den Namen Borat nicht mehr lesen bzw. hören mag?
Auch die üblichen Bilder und deutschsynchronisierten Trailer kann ich nicht mehr ertragen. Keine Ahnung, ob der Film wirklich so gut ist, wie seit Wochen über ihn geschrieben wird. Die Feulletionisten überregionaler Natur überschlagen sich ja, machen „den politisch unkorrektesten“ Film des Jahres zu einem „das-muss-man-unbedingt-gesehen-haben“. Aber ehrlich gesagt. Ich möchte ihn jetzt gar nicht mehr angucken. Die medienüberfließende Berichterstattung bringt mir mittlerweile den neongrünen Auswurf nach oben. Und ganz egal, wieviel Intoleranz der Herr Cohen bei bestimmten USA-Bewohnern aufdeckt. Ist das wirklich so eine große Neuigkeit?

Das wissen wir doch bereits seit Herrn Moore. Und der war wenigsten wirklich dick. Wie geht's dem eigentlich?
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Kommentare

Christian_alternakid am 06.11.2006 um 16:39 Uhr:

nein, keine neuigkeit, aber funny as fuck. definitiv einer der wenigen gelungenen versuche, einen fernsehsketch auf die leinwand zu bringen - vielleicht der einzige außer Jackass, der mir überhaupt einfällt. ja, sogar die rahmenhandlung funktioniert und Borat hat mehr zarte momente als man vermuten möchte. ich habe ihn allerdings auch unsynchronisiert gesehen und möchte keinesfalls eine deutsche synchronisation eines bewusst brüchig sprechenden engländers hören. was man bei all dem feuilletonfirlefanz ja nicht vergessen sollte: im gegensatz zu Moore, der ja in erster linie blossstellen will und als kollateralschaden lustiges produziert, will Cohen an vorderster front amüsieren und demaskiert nur als kollateralschaden. deshalb ist der verweis auch sinnlos.

wer mir eine lustigere szene als die Judenjagd und das Nacktwrestlen aus diesem jahr nennen kann, der trete vor und lache den ersten stein.

Marquant am 06.11.2006 um 16:49 Uhr:

Das schlimme daran ist ja im Endeffekt nur, das wirklich niemand ernsthaft versteht das dieser Film eher eine traurige Gesellschaftskritik als ein ulkiger Unterhaltungsstreifen ist. Oder sehe ICH da etwas falsch?

Christian_alternakid am 06.11.2006 um 16:52 Uhr:

ich denke schon es ist in erster linie ein ulkiger unterhaltungsstreifen, der eben nur im vorbeigehen demaskiert. aber ich denke ja auch dass Jackass in der tradition der Wiener Aktionisten steht, aber nicht in erster linie, sondern eben nur nebenbei.

die frage ist natürlich immer, ob eine Judenjagd nicht vielleicht von dem einen oder anderen auf der ersten, nicht auf der zweiten ebene lustig gefunden wird, was dann selbstredend wieder zweifelhaft wird.

Ka am 06.11.2006 um 17:13 Uhr:

Die deutsche Fassung des Films ist auch sehr gut gelungen. Natürlich ist er in Orginal auf andere Weise besser.
Der russisch-deutsche Akzent von Borat, der eine suprasegmentale Eigenschaft von Lauten, Wörtern und Sätzen ist, entspricht den orginalen der Russland-Deutschen hier.
JA! Die Szene des Nacktwrestlen und der Judenjagd brachte auf jeden Fall das ganze Kino zum lachen..auch der einzigartige unästhetische "sexy" String ist natürlich nicht zu vergessen

Tanzbär am 06.11.2006 um 17:20 Uhr:

meine frage: Wie viel neongrün verträgt die welt?

kaThr!N am 06.11.2006 um 17:27 Uhr:

Als du in den Laden kamst, wechselte das Neonlicht auf grrrrün.

(muss ich heute wirklich jeden Scheiß kommentieren?)

kaThr!N am 06.11.2006 um 17:30 Uhr:

"jeder Scheiß" meint nicht den Tanzbär sondern allenfalls mich. Also ich mich, selber. Kommentieren.

major am 06.11.2006 um 23:15 Uhr:

mich hätte natürlich auch mal interessiert, wenn der eine schöne Deutschenjagd gemacht hätte; mal schauen, wer dann noch lacht. »Sir, how many of these fucking Germans can I .....«

Christian_alternakid am 07.11.2006 um 09:46 Uhr:

hätte wahrscheinlich eher gewirkt, wenn deutsche gejagt hätten. so mit der verknüpfung des humors in der historie. deutsche sind ja noch nicht sooo oft durch städte gejagt worden.

major am 14.11.2006 um 23:26 Uhr:

hmm, ich glaube, du hast da was nich verstanden. aber egal. der film is eh überflüssig wie ein kropf und humorlos. außerdem ist alles fake, aber auf »echt« gemacht, also zwei oder drei ligen unter Moore, ohne auch nur annähernd so subtil zu sein

kaThr!N am 14.11.2006 um 23:51 Uhr:

Wo ist denn Michael Moore subtil? Oder hab ich wieder irgendeinen Witz verpasst?
Der olle Borat interessiert mich trotzdem nicht sonderlich, zu Recht oder zu Unrecht - damit muss man dann halt leben.

major am 15.11.2006 um 08:44 Uhr:

na ja, ich dachte so an die Frage »did you ever of Ghandi, he reached everything without violance« einem nicht besonders intelligenten Waffen-Redneck gegenüber geäußert, entfaltet schon eine sehr eigentümliche Kraft. Oder denke an die erste Doku über Flint, als er auf einmal beim Chef von GM steht.

Christian_alternakid am 15.11.2006 um 09:06 Uhr:

nun, humor ist natürlich immer eine frage des eigenen geschmacks und macht deshalb keinen sinn darüber zu streiten. allerdings glaube ich sehr wohl, dass mein argument, warum dein einwand unsinn war, sehr wohl berechtigt ist. nochmal: mir geht es nicht darum, darüber zu streiten, ob du jetzt den film lustig/gut/whatever findest, sondern allein um deinen einwand einer deutschenjagd. die karikatur des antisemitismus funktioniert ja nur, weil es antisemitismus gibt, sonst wäre er nicht karikierbar. der humor entsteht dabei (oder eben bei manchem auch nicht) durch die völlige überzeichnung, was ja generelle grundlage ist. ich probiers mal an einem harmlosen anderen beispiel zu erklären: eine deutschenjagd als gegenpunkt zu setzen, ist - frank und frei formuliert - unsinn, weil es sich ausserhalb eines historischen kontextes oder einem in irgendwelchen köpfen verankerten deutschenbildes abspielen würde, ergo keine karikatur wäre, demnach pointless. ein gegenbeispiel, das verdeutlicht, wie der "deutsche" karikiert wird, wäre John Cleese in Fawlty Towers, der einerseits den Stechschritt einsetzt (physische karikatur des deutschen) und andererseits die catchphrase "don't mention the war" hat. hier liegt der humor eben auch in der karikatur eines in den köpfen verankerten deutschenbildes, so falsch das auch sein mag (oder wann bist du das letzte mal im stechschritt durch bayreuth marschiert?). kommt mein punkt rüber? gespannt wäre ich aber schon, wo ich was falsch verstanden habe.

subtilität bei Moore zu vermuten, erscheint mir zumindest in teilen absurd. es ist chuzpe, die Moore aufweist, subtilität lässt er zumeist dann doch lieber daheim.

zum thema "fake / nicht fake": analyse von newseek gibt's hier. nur mal nebenbei: die genauigkeit und unbedingte echtheit ist nicht unbedingt Moores stärke, was ja leider immer wieder flanken für angriffe der konservativen in amerika öffnet, ärgerlicherweise.

ansonsten ist der vergleich Moore - Cohen natürlich eh etwas schief, da beide unterschiedliche intentionen haben.

major am 15.11.2006 um 18:45 Uhr:

hmm, also gut, da unterscheiden sich wohl unsere ästhetischen Urteile. Jackass halte ich für degenerierten Crap einer white trash Jugend, die zu dumm ist, von der Welt noch etwas zu erwarten; zu dumm wohlgemerkt, nicht konsequenterweise o.ä. Sie sind einfach armselige Subjekte des Spätkapitalismus, nur merken sie das nicht (was ja zur Ideologie des SK oder GlobKa oder Postmodernen Ka oder whateveryouname it gehört). In diesem Sinne stimme ich Dir da zu, daß Borat da Anleihen hat, nur finde ich das deswegen besonders unintelligent... Vom Situationismus sehe ich darin auch nicht unbedingt was, denn der war ja (zumindest in weiten Teilen) durch diese Absurdität politisch, Jackass ist das nicht.
Zum »Aufdeckungscharakter«: well, ich sach mal, die Mehrheit hat in meinem Kinosaal gelacht, weil es halt üblich ist, über Juden, Schwule etc. Witze zu reißen und die checken DIESEN WIRKLICH EINZIG GEILEN SUBTILEN WITZ der Kellerasseln nicht, denen man MEHR GELD hinterherschmeißt, weswegen es da auf einmal rel. still im Saal wurde: also daß is jetzt schon krass oder, das ist ja echt gemein, die Juden als Asseln, also bitte!
Da wäre das Potential, das Du zu Recht ansprichst, der subtilen Überschreitung/Lächerlichmachen der Vorurteilsstruktur tatsächlich angelegt, aber mir schwant, es verstanden nicht so viele. Widerlegung gerne willkommen ... Ich mein jetzt aber nicht die hochreflektive Motorjugend harhar.
Deshalb mein lapidarer Hinweis: wenn man wie ich annimmt, daß das alles viel profaner als Deine (der Struktur nach sicher richtigen und nachvollziehbaren) Argumente aussieht, dann hätte ich eigentlich nur drauf gewartet, so nen Spruch mal über Deutsche zu bringen, und zwar nicht von MontyP. Es spielt für den Joke dieser Sache meiner Meinung nach ne untergeordnete Rolle, ob die »historische Wahrheit« so oder so war, es ist einfach ne plumpe Vorteilsstruktur. Machen wa mal nen Test und gehen zu nem Autohändler hier, und fragen ihn, wieviel sein Prachtbulle im Stall von diesen jubelpersernden WM-Spastis wegmachen kann, wenn man richtig reinfährt, mal kucken, was passiert. Oder das ganze nen Engländer oder Ami-Händler in Zeiten des Post-Irakkrieges fragen.The answer will be fucking serious, i suppose. Aber ob hier noch einer lacht? Auch spielt sich das nicht jenseits eines bestimmten, kolportierten Deutschenbildes ab ... but don't mention the war!
Der Moore-Hinweis stimmt natürlich, wenngleich er darauf abzielt (zwar ideologisch Anti-Bush aber egal), zumindest einen Funken Wahrheit aus dem anderen rauszukriegen, auch wenn er dabei manchmal »nachhilft«. bei Borat sehe ich da nicht mal ne Intention, weswegen man das wirklich nicht vergleichen sollte. Was ich aber vorziehen würde, ist, glaube ich, klar geworden

wowo101 am 15.11.2006 um 20:36 Uhr:

dass nicht jede demaskierung bei jedem publikum als solche ankommt, das hatten wir ja schon im zweiten ak-kommentar, wenn ich richtig lese. falls das aber das problem sein sollte, dann kann man fast jede form der satire in die tonne kloppen.

dann: es ging hier auch nicht um irgendwelche historischen wahrheiten, sondern darum, dass das objekt einer karikatur als bedinungung einer solchen zumindest *existieren* muss (ziemlich simpel einzusehen, eigentlich). und das objekt wäre dann, ja: die vorurteilsstruktur, der antisemitismus, whatever.

bleibt die frage, ob bei borat die intention einer demaskierung hinter dem (mehr oder minder) brachialen humor steht. und das scheint mir ehrlich gesagt ziemlich klar zu sein: es geht hier nicht um kotzeomeletts, sondern um minderheitenwitze, also bittesehr. und wenn man dazunimmt, dass cohen als ali g. unter britischen politikern ob seiner entlarvenden (sic!) interviews gefürchteter war als renommierte bbc-journalisten, ist die sache doch klar, oder?

major am 16.11.2006 um 00:45 Uhr:

nun, ich würde genau letzteren Punkt bestreiten, der Film liefert keine (oder fast keine) Karikaturen ab, sondern schwimmt parasitär auf den Vorurteilsstrukturen, die ich oben ansprach. Wenn eine Karikatur nicht sich selber als solche kenntlich machen kann (und auch beim »Empfänger« ankommt), dann hat sie wohl versagt. Es ist halt einfach keine Karikatur, Feministinnen mit Chauvi-Geschwätz auf den Nerv zu gehen, sorry.


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