Als
Messer vor einem Jahr zusammen mit
Die Nerven im Stereo spielten, hatten sie etwas darunter zu leiden, dass mich die Vorband so weggeblasen hatte und ich mir sie als Hauptact zwar wohlwollend anhörte, aber nur unter "haben auch gespielt" verbuchte. Seitdem habe ich gerne erzählt, dass ich mir das Album von Messer (
Im Schwindel) dann zuhause aber lieber angehört habe als das der Die Nerven (
Fluidum), während letztere mich live mehr flashen würden.
Stellt man sich die beiden letzten, getrennten Auftritte beider Bands (
Die Nerven am 17.3. im K4 und Messer gestern im Zwischenstockwerk des E-Werks in Erlangen) als imaginäres Doppelheadliner-Konzert vor, dann wird es wesentlich enger. Was vor allem daran liegt, dass beide Live-Auftritte fantastisch waren.
Messer stehen auf der Tour zum Zweitling
Die Unsichtbaren nun plötzlich mit zwei Schlagzeugern auf der Bühne. Erstaunlicherweise wird der Sound (der im E-Werk gestern wirklich klasse war) dadurch auf einmal viel dichter und der auch relativ gut verständliche Gesang von
Hendrik Otremba tut sein Übriges dazu. Klar, erwische ich mich wieder dabei, seine Performance mit der von Ian Curtis zu vergleichen, aber nur im allerpositivsten Sinne. Das ist kein Abklatsch, das ist nicht mal eine Hommage, das ist einfach nur real und authentisch.
Vor allem fragt man sich: "Why?" Wie kann es sein, dass in 30 Jahren Post-Post-Punkzeit keine deutschsprachige Band das auf den Punkt gebracht hat, was Messer nun machen. Ich wiederhole mich, aber es ist eine Wohltat, wie hier mit mal treibenden, mal wavigen, mal psychedelisch-auschweifenden Rhythmen und sperrigen, intelligenten deutschen Texten ein Statement gesetzt wird, das alle schlimmen Werke, die in den 00er und 10er Jahre aus dem Katastrophenstaat kamen, einfach so wegwischt.
Bei unserer Autobesatzung teilte sich die Personenzahl genau in der Mitte zwischen "Schon mal gesehen, kenne die Alben" und "Höre die Band zum ersten Mal, nur kurz in die Platten rein gehört". Bei der Heimfahrt einte Begeisterung die komplette Mannschaft.
Und bemerkenswerterweise bekam ein Song wie
Neonlicht von den Zuhörern eher normal-verhaltenen Applaus, während die Schonmalhörer total umgeweht wurden, wie dieser Übersong auch live eine Gänsehaut erzeugen kann, obwohl man ihn schon fast einmal zu oft gehört hat. Die übrigen, an und für sich unzugänglicheren Stücke wurden hingegen von allen Anwesenden im übertragenen und Wortsinn mit Nachdruck abgenickt.
Fazit: Wenn diese Band aus USA/UK käme, würde sie nach 2 solchen Alben vor 1500 Leuten spielen und würden abgefeiert, wie die erste Lebensrettung seit den Strokes. In der Realität müssen sie sich in den kleinen Clubs den Arsch abspielen, was für mich natürlich angenehm ist, da man in unmittelbarer Nähe zur Bühne die Hypnose, die die Band ausstrahlt, in vollen Zügen genießen kann. Als Anerkennung spürte die Gruppe Messer hoffentlich den langen und starken Applaus sowie die Tatsache dass niemand unserer Mitfahrer ohne Vinyl unterm Arm nach Hause ging. Zufrieden.