Superstore

01.10.2002 | 0 Kommentare | motorhorst

Ein Interview
Die Interview-Situation
Kamerakind: Rü

Als Herr Motor vor 2 Jahren zum ersten Mal in der Jury von "Rockin' Bayreuth" sitzen durfte, fiel ein Demo aus der Vielzahl der anderen heraus. Superstore aus Mitterteich boten eine gelungene Alternative-Rock-Mischung, die an gute alte Zeiten im Seattle der Neunziger Jahre erinnerte. Nach heftigen Diskussionen, ob eine Band aus Mitterteich unbedingt bei Rockin' BAYREUTH spielen sollte, stellte sich aber spätestens mit dem Live-Auftritt heraus, dass die positive Entscheidung richtig war. Mit einem weiteren Auftritt bei Bayreuth Bootleg 2002 und der abermaligen Headliner-Position bei "Rockin' Bayreuth 2002" stellten Superstore nochmalig ihre Qualitäten unter Beweis: Gitarrenrock, der die Schubladen Grunge oder Alternative gerne bedient, dazu oft der zweistimmige Gesang und eine überzeugende Live-Umsetzung des letzten Albums "When all the beauty's gone". Im Rahmen des diesjährigen Auftrittes im Bayreuther Zentrum nahm man die Gelgenheit beim Schopfe, mit Superstore backstage ein Interview zu führen. Das Gespräch führte Horst Motor mit Unterstützung von Rü und Georg.

Wenn ich Euch auf der Bühne sehe oder das Album anhöre, dann fallen mir spontan Namen wie Pearl Jam, Alice in Chains oder Silverchair ein, gerade was den zweistimmigen Gesang in vielen Eurer Songs betrifft.
Tino: Ja, der Vergleich ehrt uns natürlich, wobei es uns natürlich nicht darum geht, den Bands genau nachzueifern.

Inzwischen vergriffen: Das Debut Missing Link
Das wollte ich nicht sagen, aber man sucht sich ja immer Anhaltspunkte, wenn man neue Musik hört und vergleicht dann zwangsläufig mit bereits Bekanntem....
Tino: Diese erwähnten Bands sind einfach Gruppen, die wir privat hören.
Andi: Die Anderen haben mir erzählt, als sie angefangen haben zu zweit, dass sie dann Gitarrenstücke nachgespielt haben, vor allem mit zweistimmigem Gesang und da ist Alice In Chains ja ein herausragendes Beispiel.
Stefan: Gerade die Alice In Chains Unplugged, die haben wir zuerst zu zweit mit Gitarre und dann zusätzlich noch mit Bass gespielt, als Christian, unser Bassist, dazugekommen ist. Wir hatten zu der Zeit einen Verstärker (Allgemeines Gelächter) und haben dann einfach mit viel Spaß losgespielt, ohne Hintergedanken oder irgendwas. Nach einer kleine Flaute haben wir dann von einem leerstehendem Bürogebäude in Waldsassen gehört, wo wir einen Proberaum daraus machen könnten. Das haben wir dann gemacht, hatten einen Raum und waren zu dritt und brauchten dann nur noch einen Schlagzeuger, der auf unserer Wellenlänge war. Nach einigen Versuchen haben wir dann über mehrere Ecken und Mädchenbekanntschaften Andi kennen gelernt und es einfach mal probiert und es hat auf Anhieb funktioniert.
Andi: Wir hatten praktisch auch unabhängig voneinander die gleichen Sachen gehört. Ich mußte mich musikalisch überhaupt nicht anpassen, sondern das war ja auch die Musik, die mir privat gefallen hat und insofern hat man sich da echt gefunden. Und es macht natürlich auch einen viel größeren Spaß, wenn man die Musik macht, die man auch sonst hört und hat dazu dann noch Leute mit dem selben Geschmack.
Tino: Der Samstag in Waldsassen, an dem wir uns getroffen haben, der hatte einfach etwas von einem magischen Moment. Auf einmal ist ein Schlagzeug dabei und es passt einfach. Alle vier sind irgendwo am gleichen Level und man macht plötzlich genau das, was man machen wollte oder selber hört....
Andi: Es hat einfach gepasst und wir haben immer weitergemacht und so hat sich das dann alles ergeben.

Jetzt könnte man natürlich kritisch anmerken, dass die Glanzzeiten des Grunge und der zuvor erwähnten Bands vorbei sind. Habt ihr nie dran gedacht, die Musikrichtung zu wechseln?
Tino: Das ist für uns eigentlich nicht die Motivation, Musik zu machen, um in zu sein oder voll im Trend zu liegen. Unser allererstes Ziel, als wir endlich einen gemeinsamen Proberaum hatten, war irgendwann mal einen Auftritt zu haben. Das war es dann, worauf wir uns konzentriert haben. Nicht, irgendwie möglichst schnell „nach oben“ zu kommen.
Andi: Es wäre ja auch echt schwachsinnig, irgendeine Art von Musik zu machen, nur weil die gerade in ist. Das hört sich dann auch schnell unecht an und man merkt das auch. Viel wichtiger ist, was man beim Musikmachen fühlt. Musik ist ja auch was für die Seels. Darauf kommt es mir eigentlich am meisten an, dass mich die Musik bewegt.

Man erlebt ja bei Nachwuchswettbewerben, aber auch bei etablierten Acts desöftern, dass Bands, die vor ein paar Jahren noch auf der Crossover-Welle geritten sind, jetzt auf NuMetal umschwingen, weil das gerade „in“ ist...
Tino: Wir wollen einfach unser Ding machen und lassen uns da auch nicht einschränken. Heute abend spielen zum Beispiel viele harte Bands, aber deswegen spielen wir unsere Sachen trotzdem so, wie wir sie immer spielen.

the album:
superstore - when all the beauty's gone

12 große Songs versammeln sich auf dieser CD, welche für 5 Euro plus Versand zum Beispiel auf www.superstorenet.de zu bestellen ist.
Befehl: Sofort machen!
Ihr kommt aus Mitterteich, wie auch Mawe vom pittiplatsch 3000 – Fanzine. Ist es notwendig, aus der Einöde zu kommen oder vom flachen Land, weil es mangels dortiger Alternativen einfacher ist, sich auf ein Ziel, hier das Musikmachen, zu konzentrieren?
Tino: Ach, ich weiß nicht. Das Angebot um unser Kaff ist natürlich nicht weltbewegend. Es war schon so, dass wir dann die Wochenenden mit Proben oder Lieder schreiben verbracht haben. Also insofern vielleicht schon.
Stefan: Ich denke nicht, dass man das unbedingt davon abhängig machen kann, welche Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung man hat. Freilich hat man in einer Großstadt mehr Auswahl an Kneipen, in die man gehen kann. Sicher hätte man in einer großen Stadt vielleicht einen größeren Bekanntenkreis, oder zumindest mehr Leute, die auf derselben Wellenlänge liegen. Aber ich denke nicht, dass man in der Einöde leben muss um zu sich zu finden, es gibt ja auch genug Bands, die aus Großstädten kommen.
Andi: Ich kann das gar nicht so beurteilen, weil ich halt nicht weiß, wie das in der Großstadt ist. Aus Seattle wurde ja auch so ein Mythos gemacht, weil es so regnerisch ist und da kann man nicht raus gehen, also muss man Musik machen, damit man einen Zeitvertreib hat. Ich kann mir das nicht vorstellen, dass man da unbedingt einen Zusammenhang herstellen muss.

Das ist nicht das Mikrofon, Herr Motor!
Kamerakind: Rü
Welche Gefühle hat man denn als Musiker, wenn man sich unter Umständen jahrelang in Proberäumen einen abspielt und nicht unbedingt talentierte Schönlinge werden dann durch Sendungen wie „Popstars“ innerhalb kürzester Zeit ins Rampenlicht katapultiert?
Christian: Ich denke nicht, dass man das so abfällig betrachten sollte. In erster Linie sollte man sich nur an sich selbst orientieren. Man hat eh keinen Einfluß darauf, was da passiert. Es gibt viele Leute, die die Musik, die da gemacht wird gut finden und es verkauft sich ja auch offenbar.
Stefan: Ich weiß auch nicht, ob man da neidisch drauf sein sollte. Meist entscheiden die Manager ja auch, was die Musiker machen sollen und diese sind damit wenig mehr als Marionetten. Die machen weder ihr eigenes Ding noch bringen die ihre eigenen Gefühle in die Musik ein. Also ich glaub nicht, dass man da neidisch drauf sein muss. Vielleicht wenn es Kohle gibt, aber andererseits ist das ja auch nicht die Erfüllung.
Ich meine, die haben sich da alle da beworben und haben mit Sicherheit auch Talent, wenn sie es bis zum Schluß schaffen. Es gibt anscheinend einen Markt dafür, so ist halt die Mediengesellschaft. Das wird auch sicherlich wieder abflauen und dann gibt es wieder was Neues.

Superstore Live
Kamerakind: Frosch
Wenn man ein Album aufnimmt, hat man dann immer schon im Hinterkopf, dass das siebte Lied das beste sein muss.
(Großes Erstaunen)
Andi: Welches Lied ist denn überhaupt das siebte?
The Bill. Das erinnert mich übrigens sehr an Silverchair.
Andi: Welches Album?
Neon Golden.
Andi: Neon Golden ist doch Bush?
Ach nee, Neon Golden ist Notwist. (Man einigt sich schließlich auf Neon Ballroom von Silverchair als Vergleichsmaßstab)
Andi: Ich dachte immer eher das sechste wäre das beste. Also ich höre mir bei einem neuen Album meist als erstes das sechste an, dann weiß ich, ob die CD gut ist.
Ein Beispiel?
Andi: Naja, von der Ten ist das sechste z.B. „Jeremy“
(Im Anschluß folgte eine pseudowissenschaftliche Diskussion, bei der abwechselnd das sechste, siebte und achte Stück das beste auf einem Album war)
Andi: Was war denn eigentlich die Frage? (Großes Gelächter)

Am 16.11.2002 im Glashaus: Superstore
Kamerakind: Frosch
Keine Ahnung. Kommen wir lieber ein wenig auf die Texte zu sprechen. Wie ensteht ein Song. Sind da zuerst die Texte da oder kommt erst die Musik. Oder hat man ein Thema im Kopf, wenn man die Musik dazu macht?
Tino: Also wir schreiben die Songs eigentlich getrennt voneinander und jeder für sich. Die bringt man dann mit zur Probe und spielt sie den anderen vor. Dann nimmt eigentlich jeder noch seinen Einfluß darauf. Ich denke jeder macht das auf seine Art, aber bei mir ist es eigentlich schon so, wenn ich eine Gitarrenmelodie im Kopf habe, dass ich an was Bestimmtes dabei denke und schon die ersten Textfragmente dazu schreibe. Was ich dabei fühle halt. Ich weiß jetzt auch nicht, ob die Texte dann andere Menschen bewegen, aber für mich sind sie auf jeden Fall wichtig.

Wie wichtig sind die Texte im Bezug zur Musik? Müssen sie in erster Linie zur Musik klingen oder ist die Bedeutung schon von....äh...Bedeutung?
Tino: Der Text soll auf jeden Fall etwas aussagen, naja und dass es zur Musik passt ist auch klar. Das ist mein Verständnis davon. Also wenn ich eine Melodie im Kopf habe, dann denke ich automatisch darüber nach, in welche Richtung der Text gehen muss.

Habt ihr mal darüber nachgedacht, auf deutsch zu singen? Das ist ja seit einigen Jahren durchaus so, dass immer mehr deutsche Bands wieder in der lange verpönten Muttersprache singen?
Stefan: Naja, es ist schon so, dass die englische Sprache in der Musik einfach runder klingt.
Andi: Wir hören halt vor allen Dingen englischsprachige Musik, ich denke dass das einfach daher kommt. Man ist den Klang gewohnt und orientiert sich daran.
Christian: Einen kleinen Anteil hat es mit Sicherheit auch, dass man im Deutschen unseren Dialekt stärker hören würde, also das Oberpfälzische.
Andi: Echt? Findest Du? Also das beeinflußt mich nicht.
Christian: Ich hab ja auch nur gesagt, dass es ein kleiner Grund dafür ist, Englisch zu singen.
Andi: Viele Sachen klingen ganz einfach auch nicht so schmalzig oder kitschig, wenn man sie auf englisch singt, obwohl sie im Prinzip genau das Gleiche aussagen. Auf englisch versteht man weniger und der selbe Text hört sich dann nicht mehr so „schlimm“ an.

Headliner Rockin' Bayreuth 2002: Superstore
Kamerakind: Frosch
Zuguterletzt, immer wieder gerne genommen, die Platten für die Ewigkeit?
Tino: Alle drei Queens of the Stone Age-Alben, Silverchair – Neon Ballroom, Pearl Jam – Vs. und Vitalogy. Myballoon – Perfect View.
Andi: Soundgarden – Down on the upside, Paul Simon – Graceland, Silverchair – Diorama. Foo Fighters – The Colour & the Shape. Pearl Jam – eigentlich alle, aber die besten Vitalogy und No Code.
Hier folgte eine Diskussion zum Stück „Bugs“ und dessen künstlerischem Wert bzw. der musikalischen Umsetzung der Lyrics.
Stefan: Beatles – Sergeant Pepper‘s Lonely Hearts Club Band Großes Gelächter). Red Hot Chili Peppers – BloodSugarSexMagick, Cake ist eine saugeile Band, wenn auch nicht so bekannt. Und dann noch Jimi Hendrix Experience, Alice In Chains, schade, dass es sie nicht mehr gibt uuuund.......
Andi: Bitte nicht die Dire Straits....
Stefan: ...die Dire Straits sind auch eine geile Band. (Großes Geschrei: „Nein, bitte nicht!“)
Christian: Ja, und Danzig! (Das stellt sich dann aber wohl eher als Insider-Gag heraus)
(Auf der Bühne wird dann noch erwähnt werden, dass man Neil Young vergessen habe, spaßigerweise stellt die Band das fest, nachdem sie eben „Hey hey, my my“ gecovert hatten)

Superstore, ich bedanke mich für dieses Gespräch.

Das Konzert
Was im Anschluß folgt, ist ein wunderbares Konzert, bei dem Stücke aus den beiden Alben sowie neue Songs gebracht werden. Außerdem covert Superstore Neil Youngs "Hey hey, my my". Dem Verfasser drängt sich abermals der Eindruck auf, dass Sänger Tino beim Singen, vor allen Dingen bei den intensiveren Passagen sehr an Eddie Vedder (also auch optisch) erinnert und stellt sich vor, einmal "State of Love and Trust" als Superstore-Cover präsentiert zu bekommen.
Alles in allem ein wunderbarer Abend, auch wenn der Headliner traditionell das Problem hat, dass viele Rocker das Zentrum schon wieder verlassen haben. Die, die dageblieben sind, haben es sicherlich nicht bereut.

Wer selbst das Superstore-Feeling live erleben möchte, dem kann übrigens in Kürze geholfen werden: Am 16. November beehren Superstore das Glashaus. Wir sind vor Ort.
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