Die Kust des Dissens - Teil 2

17.09.2004 | 0 Kommentare | Christian_alternakid

The Art Of Dissing - die Typologie kehrt zurück.
g) Der Mut-zur-Lücke Diss

Vertreter: Noel Gallagher
Diss: „Fuckin’ Bin Liner or whatshisname?“
Über: Osama Bin Laden

Nichts drückt besser deine Geringschätzung aus, als wenn du nicht einmal den Namen deines Diss-Objektes in Erinnerung behältst. Eine besondere Leistung ist das sicherlich bei „absoluten Personen der Zeitgeschichte“ (aus: das BVerfG zur Pressefreiheit), die medial einer Überexposition ausgesetzt sind.

h) Der „ist mir doch egal“ – Diss

Vertreter: Hape Kerkeling
Diss: „Morgen rennt eine andere Sau durchs Dorf“
Über: Journalisten & Medien, die seine Homosexualität, respektive das ungewollte Outing als Schlagzeilenfutter missbrauchten.

Toll an dieser Art des Dissens ist die Größe, mit der über einem persönlichen Angriff gestanden wird. Hape Kerkeling beweist hier die mentale Stärke einer Eiche, an der sich die Medienwildsau schabt.


i) Der plakative Diss

Vertreter: Bobby Gillespie
Diss: „Kill All Hippies“
Über: Hippies

Der plakative Diss hat Vor- und Nachteile: er ist dumpf, nicht subtil, nicht wirklich amüsant und auch nicht gerade intelligent, aber er schaut verdammt geil auf T-Shirts aus.


j) Der politisch-korrekte Diss

Vertreter: Thees Uhlmann
Diss: „Der nächste Song ist für Ferris MC und Samy Deluxe und den Typen, mit dem Sie im Garten waren“
Über: Ferris MC und Samy Deluxe als Paradebeispiel des Schwulen-Bashings im Hip-Hop

Ein sehr geschickt eingeführter Diss zu Beginn des Hidden Tracks auf der Tomte-Platte „Eine Sonnige Nacht“. Gut gemacht ist auch die Subtilität, mit der berechtigt auf einen Missstand hingewiesen wird. Dieser einleitende Satz zu dem Song „Adam & Steve“ ist nämlich kaum hörbar und nur undeutlich im Gitarrenverzerre zu vernehmen (weswegen für die obige Transkription auch keine Garantie übernommen wird), bringt aber trotzdem den Punkt home. Gegenstand von Thees’ ernstgemeinter Kritik ist, dass durch Ferris MC und Samy Deluxe, mehr aber durch den Hip Hop im allgemeinen, „Schwuler“ wieder ein Schimpfwort geworden ist. Der Verve, die Intelligenz und der Einsatz, mit dem dieser Diss vorgetragen wird, schafft den selten Fall, dass ein politisch-korrekter Diss auch gut sein kann. Ansonsten heißt es hier für den Diss-Trendsetter vorsichtig sein, denn merke: Hippies can’t diss.


k) Der politisch-unkorrekte Diss

Vertreter: Noel Gallagher (Oasis), Nicky Wire (Manic Street Preachers)

Noel-Diss: „Der Gitarrist ist ok, aber ich hoffe der Sänger und der Bassist sterben an AIDS“
Über: Damon Albarn und Alex James von blur

Nicky-Diss: „Ich hoffe, Michael Stipe geht den gleichen Weg wie Freddy Mercury.“
Über: R.E.M.

Eine sichere Art, Aufsehen zu erregen, ist der politisch-unkorrekte Diss. Für erfahrene Disser bietet es sich an, ihn in einem Plaudergespräche auf der Intensivstation eines Krankenhauses oder auch gerne bei einer offenen Diskussion in der Hippie-Kommune deiner Wahl einfließen zu lassen.


l) Der musikhistorisch-subtile Diss

Vertreter: Damon Albarn
Diss: „Oasis Quo“
Über: Oasis und deren Song „Roll With It“

Der musikhistorisch-subtile Diss ist wunderbar, wenn man mit befreundeten Nerds vor seinem Plattenschrank sitzt und gerade die kürzlich zufällig auf einem Flohmarkt erstandene Erstpressung von „White Light/White Heat“ von The Velvet Underground hört. Schwierig hingegen, wenn man zu einem Round-Table-Gespräch mit Alexander, Elli und Daniel K eingeladen wird (Test: welcher Unterpunkt verbietet diesen Satz? Richtig: f).
Sehr schön ist hier anhand der beiden Diss-Arten k) und l) zu sehen, wie sehr dir deine Herkunft den Weg zum individuell-richtigen Diss weist. Kann die Working Class gerne auch mal richtig auf die Kacke hauen (k), so zeigt der Art-School-Absolvent (l) sein Wissen auch im Dissen, wie ein altes lateinisches Sprichwort sagt.
Dass Damon Albarn durchaus seine Stärken auch im Diss hat, wies die Gelegenheit nach, bei der er oben genannte Bemerkung fallen ließ: er nutzte 1. die Breitenwirkung des Daytime-Radios (Merke: ein Diss, den keiner hört, existiert nicht) und 2. die Möglichkeiten, die ihm dieses Medium bot, in dem er einfach gegen Ende des vorgespielten Liedes Roll With It (oasis) auf Sendung summend in Status Quos „Rockin All Over The World“ überging, um im späteren Gespräch beiläufig Oasis als „Oasis Quo“ zu titulieren. Subtil, aber bis ins Mark treffend, wie auch Diss Beispiel k) zeigt, das als Replik auf den ‚Oasis Quo’- Diss kam.


Teil 1: Eine kleine Typologie des Dissens

Teil 3: Dissen oder gedisst werden
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