TVMotor says…

13.10.2006 | 10 Kommentare | Christian_alternakid

Ein Kleinod pro Tag: vom 14.10. bis zum 28.10.
Samstag, 14. Oktober:

Wonderboys (USA, 2000)
RTL2, 20.15

Bob Dylan nahm seine einzige Oscar-Auszeichnung für den Song zu Curtis Hansons „Wonderboys“ entgegen. Das wunderbare Alterswerk „Things Have Changed“, damals per Liveschaltung und mit einem Schnurrbart tragenden Bobby D während der Academy Awards präsentiert, passt wunderbar in diesen generationenübergreifenden Film. Ein hervorragender Michael Douglas als gealtertes Literatur-Wunderkind mit Writers Block und ein pre-Spiderman-Tobey Maguire tragen diese Geschichte und werden von Katie Holmes, Frances McDormand und Robert Downey Jr. unterstützt.


Sonntag, 15. Oktober:

Samaria (SKOR, 2004)
ARD, 23.30

Kim Ki-Duk, bereits letzte Ausgabe mit seinem Jahreszeitenreigen erwähnt, tritt in dieser Woche mit dem Gewinner des Silbernen Bären der 2004er Berlinale an. Samaria ist deutlich härter als der beschauliche „Frühling, Sommer…“, was bei Sujets wie Teenagerprostitution, Pädophilie, Rache und Vergeltung auch nicht wundern lässt.


Montag, 16. Oktober:

Killing Words (E, 2003)
VOX, 0.05

Der ehemalige Fantasy Film Fest Beitrag und Gewinner des Fantasporto Preises aus Spanien ist ein Psychoduell zwischen einem Peiniger und einem von ihm an einen Stuhl gefesselten Opfer.


Dienstag, 17. Oktober:

Copland (USA, 1997)
K1, 20.15

Copland stellt wahrscheinlich den einzigen durchweg gelungen Ausflug Sylvester Stallones ins Charakterfach dar. Ein vom Leben gebeutelter, resignierter Polizist, der die täglichen Schläge des Lebens und die immer weiter zunehmende Einsamkeit in Kenntnis der Unabwendbarkeit akzeptiert und mehr dahin vegetiert denn lebt. Mit DeNiro, Liotta und Keitel herausragend besetzt (und umso erstaunlicher, dass es Stallone dennoch gelingt, den ruhenden Pol des Films zu spielen), gelingt „Walk The Line“ Regisseur James Mangold ein düsteres, resignatives Bild von Mensch und Macht zu zeichnen. Beeindruckend sein Einfall, Stallone in einer der späten Schusssequenzen ertauben zu lassen - und mit ihm den Zuschauer. Man irrt wie Stallone selbst ohne jeden Ton durch das Szenario und spürt die Verwirrung, die Orientierungslosigkeit durch diesen Kunstgriff direkt.


Mittwoch, 18. Oktober:

Stalker (UdSSR, 1979)
Arte, 22.40

Für den neben Solaris berühmtesten Film Tarkowskijs verweise ich auf Wolfgangs brillante Solaris-Analyse , um Lust auf Stalker zu machen


Donnerstag, 19. Oktober:

Alexis Sorbas (USA, 1964)
ZDF, 1.20

Nach dem Griechen der berühmteste Grieche der Welt: Alexis Sorbas. Für seine Rolle als Grieche der Griechen wurde Anthony Quinn für den Oscar nominiert und bis heute ist es Alexis Sorbas der Quinns Schauspielkarriere – trotz zweier Oscars für andere Filme - überragt. Darauf einen Sirtaki nach dem Souvlaki. Und was trinkst du so?


Freitag, 20. Oktober:

Ginger snaps (USA/CAN, 2000)
Tele5, 0.35

Das clevere Update des Werwolf-Mythos, das die Sagengestalt als Metapher für weibliche Pubertät verwendet, flößte dem darbenden Lykantropen-Genre eine ordentliche Portion Mondlicht ein. Zwei Fortsetzungen und ein begeistertes Fangefolge sprechen eine deutliche Sprache.


Samstag, 21. Oktober:

Rockpalast Mobil mit Thees Uhlmann
WDR, 23.00

King Uhlo auf allen Kanälen: diesmal im halbstündigen Interview mit dem nimmermüden Rockpalast. Nächste Woche: Thees – Der Film.

Sonntag, 22. Oktober:

Der Mann ohne Vergangenheit (FIN, 2002)
ARD, 23.30

Man ist geneigt zu glauben für Aki Kaursimäkis Filme wurde der Ausdruck „lakonischer Humor“ geradewegs erfunden. Der europäische Jim Jarmusch, ähnlich lange im Arthouse-Geschäft wie der schlohweiße New Yorker, erlebte mit „Der Mann Ohne Vergangenheit“ den Höhepunkt seiner Karriere. Dabei ist sein Spielfilm von 2002, Gewinner des Cannes-Festival und nominiert für den Auslandsoscar, im Grunde Kaurismäki pur: dem Neorealismus eines Vittorio De Sica ebenso verhaftet wie dem zurückhaltenden, eher beifälligen Humor der frühen Nouvelle Vague, schafft Kaurismäki immer wieder aufs neue Geschichten von den Verlierern des Lebens, die kaum mehr reden als unbedingt vonnöten, zu erzählen und gewinnt diesen tristen, tristen Bildern der Armut und Einsamkeit auf wundersame Weise ein ums andere Mal einen Charme ab, den man nicht vermuten mag, hat man seine Filme nicht gesehen. An welchen Orten Kaurismäki auf die Suche nach Humor und damit Hoffnung geht und auch noch fündig wird, ist unglaublich und umso schöner für uns.


Montag, 23. Oktober:

Gegen die Wand (D, 2004)
Arte, 20.40

Fatih Akin hatte schon mehrfach angedeutet, welch Regietalent in ihm schlummert, doch Gegen die Wand löste all die kurzen und schmerzlosen Versprechen mit einem derartigen Donnerhall ein, dass man nur noch zitternd vor dem Kino stand. Ein Naturereignis von einem Film: ein wildes wildes Leben, vor Spielfreude berstende Schauspieler und immer wieder die überwältigende Kraft der Liebe im ewigen Ringen mit der Selbstdestruktion der Liebenden. Als die damalige Jury-Präsidentin Frances McDormand auf der Berlinale 2004 „Gegen die Wand“ mit dem Goldenen Bären auszeichnete, begründete sie die Wahl mit den Worten “Gegen die Wand ist Zelluloid gewordener Rock and Roll“. Nichts bleibt dem hinzuzufügen. Der beste deutsche Spielfilm seit vielen, vielen Jahren.


Dienstag, 24. Oktober:

Nacht und Nebel (F, 1955)
Arte, 0.35

Alain Resnais, später Regisseur der beiden Meisterwerke „Hiroshima Mon Amour“ und „Letztes Jahr in Marienbad“, drehte 1955 „Nuit Et Bruillard“, den beeindruckendsten Dokumentarfilm über die Konzentrationslager des zweiten Weltkriegs. Francois Truffaut nannte „Nuit Et Bruillard“ “den größten Film, der je gemacht wurde“ und bis heute bleibt Resnais’ Annäherung die definitive Messlatte für jeden Film dieser Richtung. Auch in „Hiroshima Mon Amour“ wird Resnais später auf dokumentarische Szenen zurückgreifen, um die Verwüstung nach dem Abwurf der Atombombe über Japan zu zeigen und damit die Vernarbung eines Volkes und des Individuums zu demonstrieren. „Nacht und Nebel“ ist lediglich 32 Minuten lang ist und doch in seiner Wirkung seit 50 Jahren ungedimmt.



Mittwoch, 25. Oktober:

Harry & Sally (USA, 1989)
H3, 22.15

Giving RomComs a good name since 1989. Wieviele unsägliche Versuche im Genre der romantischen Komödie Hollywood auch in den letzten 20 Jahren vor unserer Haustür abgesetzt haben mag, Harry & Sally bleibt bis heute ein Meisterwerk. Neben einem Billy Crystal in Hochform profitiert Rob Reiners sie-kriegen-sich-nicht-sie-kriegen-sich-doch-Film von den messerscharfen Dialogen Nora Ephrons, die neben einer Scharfzüngigkeit, die den besten Sitcoms gut stände (“ You look like a normal person but actually you are the angel of death.“) vor allem philosophische Fragen über Mann, Frau, das Buhlen, Werben, Besitzen und Nichtmehrwollen aufwirft oder beantwortet, dass manchem das Studium dieses Films empfohlen wäre, um sein/ihr Liebesleben in den Griff zu bekommen.

Harry: „Because no man can be friends with a woman that he finds attractive. He always wants to have sex with her.“
Sally: „So, you're saying that a man can be friends with a woman he finds unattractive?”
Harry: “No. You pretty much want to nail 'em too.”

Brillant.


Donnerstag, 26. Oktober:

½ Miete (D, 2002)
WDR, 1.05

Ein bisschen erinnert die Geschichte sowohl an Kim Ki-Duks „Bin-Jip“ als auch an Nolans „The Following“ und erzählt doch in eigenem Stil: der sich verloren glaubende Peter nistet sich in fremden Wohnungen ein, stiehlt Daten anderer und lebt so sein Leben durch das der ihm Unbekannten.


Freitag, 27. Oktober:

Die Unzertrennlichen (CAN, 1988)
Tele5, 23.40

Jeremy Irons brilliert in seiner Doppelrolle in Cronenbergs Verwirrstück um Identität und Obsession. Die Unzertrennlichen des Titels sind komplett identisch aussehende Zwillinge, die sich lediglich in den Graden ihrer Maliziösität unterscheiden. Lügen würde ich, behauptete ich, den Film und insbesondere sein Ende auch nur annähernd verstanden zu haben, ist dennoch Cronenbergs Interesse an der Entfremdung des Menschen wie immer das eigentlich bemerkenswerte an diesem Film.
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Kommentare

Basti am 13.10.2006 um 14:36 Uhr:

danke dafür. liest sich immer wieder gut, deine TV-Zusammenstellungen ...

Christian_alternakid am 13.10.2006 um 14:42 Uhr:

und jetzt noch einfacher, dank deiner termin-unterstützung!

Basti am 13.10.2006 um 15:46 Uhr:

ach, dafür nicht, alder.

wowo101 am 13.10.2006 um 17:42 Uhr:

da muss ich mich gleich anschließen (an den ersten kommentar, natürlich). lauter leckerbissen.

Christian_alternakid am 20.10.2006 um 09:21 Uhr:

Tracks, Dienstag 24.10., 01.05

Motorjugend goes Charlotte Roche

Daniel_ bekommt seine 15 seconds of fame, in dem er sich bei einer Lesung an ein gerät anschließen ließ, das ihm je nach lust und laune der hörerschaft stromschläge gab. klar, dass die Gorehounds von arte da nicht nein sagen können.

Daniel_ am 25.10.2006 um 01:51 Uhr:

15 Minuten Quatsch. Das ist maximal das Warmlaufen (das ist eine Warnung). Aber deine Häme immer! Du wünschtest ich wäre tot (evtl. via elektrischem Stuhl)!

Christian_alternakid am 25.10.2006 um 08:44 Uhr:

irgendeinen sinn muss doch so ein aufenthalt in den USA haben!

Marquant am 25.10.2006 um 11:56 Uhr:

Daniel, am besten fand ich ja den Hippiediss ;-)

Fix am 25.10.2006 um 12:18 Uhr:

@Daniel: poste doch mal deinen text...

aber in berlin laufen die dinge dann doch etwas anders...wenn er wirklich grottig ist, wirst du einfach verprügelt. ;)

Christian_alternakid am 25.10.2006 um 20:21 Uhr:

ich fand den Hippie-Diss auch am besten, haha. außer natürlich den allerletzten eineinhalb sekunden, in denen man mich bier trinken sieht.


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