Irreversible

06.10.2003 | 0 Kommentare | Christian_alternakid

My End Is Nearer Than Your End:
tatsächlich ist der film ein hartes stück arbeit. da ja die thematik schon mal grundsätzlich nicht zum genießen einlädt, ist ein weiteres erschwernis die konsequente rückwärtserzählung, die Noe so stringent incl aller daraus folgenden implikationen durchhält, dass irreversible komplett jeder dramaturgischen gewohnheit zuwiderläuft. das führt natürlich dazu, dass die letzte halbe stunde des films (die ja normalerweise eine verdichtung schafft) lose und in einem lockeren erzählton (eben einer einleitung gemäß) die Grundlage der im film vorher geschehenen erschreckenden szenen bietet.

My Hype Is Bigger Than Your Hype:
hysterie und brandmarkung sind natürlich wieder einmal völlig unberechtigt. es gibt in irreversible zwei unwahrscheinlich harte szenen, die im kino wirklich ihresgleichen suchen, aber in keinem moment 'lust' am zusehen bereiten (was ja irgendwo hinter jedem actionfilm bspw steht), sondern in ihrem kühlen, realistischen, nie ausbeuterischen blick kommentarlos stehenbleiben (wie es frank spilker mal schön formuliert hat in "ein ganz normaler tag": "ich bin die bühne nur, nicht das drama").
die kompromisslosigkeit (jeweils praktisch ohne schnitt, nur eine kameraeinstellung) machen die beiden szenen noch schwerer erträglich, was auch gestern dazu führte, dass leute das kino bei der zweiten szene verlassen haben.

My Experiment Is Gelunger Als Your Experiment:
fazit bleibt: irreversible ist als filmisches experiment, nicht als "richtiger" film zu sehen. darstellerisch - insbesondere Monica Belluci - von großer klasse, mit eigenwilliger regie und dem ehrenwerten (allerdings anfangs kaum zu ertragenden) versuch, durch die kameraarbeit die rasende wut von vincent cassel sicht- und sogar fühlbar zu machen.
zu kritisieren bleibt aber aus meiner warte dennoch, dass irreversible im prinzip keine fragen aufwirft, sondern nur 'zeigt'. die zentrale "philosophie" des films ist ein banaler nullsatz, der in keiner weise eine befriedigende aussage enthält. faszinierend ist irreversible doch vor allem darin, dass er einem selbst unglaublich viel über die persönliche rezeption von filmen lehrt, womit ich jetzt nicht einmal meine, ob man den film durchsteht oder nicht, sondern das gefühl, mit dem man das kino verlässt. das ende (also eigentlich der anfang) ist ja pures glück, von dem man weiss, dass es innerhalb einiger stunden in einem brutalen desaster endet. deswegen müsste es sogar deprimierender sein, im gegenteil ist es aber erleichternd.
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