Haben Sie kurz Zeit für eine Meinungsumfrage?

20.07.2004 | 13 Kommentare | motorhorst

Es geht um Zufriedenheit - Ähem, naja, ok, wie lange dauert es denn? Und schon ist es zu spät...
Warum falle ich immer wieder darauf herein? Als mein Leben noch in die falsche Richtung ging, fand ich Marktforschung während meiner Studienjahrzehnte immer furchtbar spannend. Nur so ist es zu erklären, dass ich immer noch den Verstand komplett ausschalte, wenn die Worte "Umfrage, statistische Erhebung oder 'Ihre Meinung'" fallen.

Also bejahe ich die Frage, ob ich kurz Zeit hätte, obwohl das Abendessen dampfend auf dem Tisch steht. Meine bange Nachfrage, wie lange denn "kurz" wäre, wird mit "ach, so 10 Minuten beantwortet" und ich falle - mal wieder - drauf herein. Die Telefonumfrage wird insgesamt 25 Minuten dauern, gefühlt sind es aber eher so 2 Stunden. Und das, obwohl ich nach dreimaligen Vorlesen der Standardantworten diese auswendig kenne und mir nicht jedes Mal alle Abstufungen von "vollkommen zufrieden" bis "unzufrieden" aufzählen lasse. Die einzige Möglichkeit, wie jemand den Fragenkatalog innerhalb von 10 Minuten beantworten kann, ist es gleich zu Beginn ins Telefon zu brüllen "Kreuzen Sie einfach irgendwas an, Wiederhören!". Aber aufhören mittendrin ist ja auch nicht drin, da hätte man gleich zu Beginn so klug sein und einfach mal "nein" sagen sollen.

Es geht also um Zufriedenheit. Ich erzähle also eigentlich alles über mich, wo ich meinen Strom beziehe, wo mein Auto in der Werkstatt ist, wo ich meine Lebensmittel einkaufe, welches Handy ich habe (plus Vertrag) und welche Autoversicherung. Und jedes Mal dazu die selben Fragen und immer die gleichen stupiden Abstufungen. Gerade jemand, der nicht so blöd ist wie ich und ernsthaft versucht alles wahrheitsgemäß zu beantworten, um wenigstens über sich selbst etwas in Erfahrung zu bringen, stumpft nach 10 Fragen ab. Vielleicht weil er einfach nicht mehr den Unterschied zwischen "vollkommne, sehr und nur zufrieden" kennt oder auch nicht sagen kann, ob er den Coffeeshop seiner Wahl seinen Bekannten "sicher, vielleicht, eher ja oder wahrscheinlich nicht" weiterempfehlen wird. Oder halt die Konkurrenzprodukte im Bereich Sparkassen "genau so gut" wie die seiner eigenen Bank beurteilt, obwohl es ihn einen Scheißdreck interessiert, weil er nebenbei noch ein Leben hat.

Was lernen wir daraus? Den tollen Statistiken nix mehr zu glauben, weil die Fragen von willenlosen genervten Opfern an Telefonen unabsichtlich systematisch falsch beantwortet werden? Nein, wir lernen, das nächste Mal einfach zu antworten: "Bitte rufen Sie mich erst wieder an, wenn ihre Erhebungsnazis gelernt haben, wie man spannende Fragebögen gestaltet."
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Kommentare

Elwood am 21.07.2004 um 03:31 Uhr:

Da lob ich mir die Zeugen Jehovas. Die kommen wenigstens noch persönlich um dir ein Ohr abzukauen. Und meistens bringen sie auch noch was feines zum lesen mit.

motorhorst am 21.07.2004 um 08:34 Uhr:

Und vor allem kommen die auch sehr schnell gar nicht mehr, wenn man nur alle ihre Fragen sehr offen und ehrlich beantwortet.

Christian_alternakid am 21.07.2004 um 11:25 Uhr:

also ich finde es immer noch nicht ungeil, fragebögen zu beantworten. gerne auch über themen, die mich interessieren. ich werde eigentlich viel zu selten befragt, finde ich. meine meinung soll auch eure meinung sein.

motorhorst am 21.07.2004 um 11:35 Uhr:

Fragebögen ja, aber keines Falls mehr "kurze Telefonumfragen" für mich. Fragebögen dürfen die mir auch zukünftig schicken. An meine E-Mail-Adresse.

- Wie ist denn ihre E-Mail-Adresse?
- Kommt drauf an, wie heißt denn Ihr Unternehmen?
- Ähem...stimmungsbarometer.
- Dann ist meine E-Mail-Adresse stimmungsbarometer at...
- Nein, das ist doch nicht Ihre E-Mail-Adresse
- Doch ist sie. Die werde ich extra für Sie einrichten, damit ich genau weiß, ob die Mail von Ihnen kommt oder ob sie die Adresse an irgendjemanden verkauft haben.
- ...

Elwood am 21.07.2004 um 12:00 Uhr:

also wenn schon alle stasi spieln dann muss doch motorhorst mitmachen um so richtig hart am zeitgeist vorbeizuschrammeln. ein eigener motorhorst telefonterrorkrieg.
wäre schon mal interessant welche eissorte 52-64 Jährige am liebsten essen. oder welche kondeome 6-7 Jährige am häufigsten verwenden oder warum in teufels namen fast alle menschen rote gauloises rauchen etc. etc.

motorhorst am 21.07.2004 um 12:52 Uhr:

Vor allem, wenn man sieht/hört, was ehrliche Bürger (= ich) alles erzählen, wenn nur jemand behauptet, er wäre von der GFK oder sonst woher.
Manchmal bin ich schon naiv.
Werde heute abend mal über eine Umfrage nachdenken.
Dauert auch nur 10 Minuten...

Benny am 21.07.2004 um 14:13 Uhr:

Ich

Benny am 21.07.2004 um 14:13 Uhr:

Ich

Benny am 21.07.2004 um 14:13 Uhr:

Ich

Christian_alternakid am 21.07.2004 um 19:40 Uhr:

Benny, du alter egozentriker ;-)

wüstennudist am 21.07.2004 um 20:53 Uhr:

habt nachsicht mit den armen jungen damen und herren, die euch nur kurz eure meinung abnehmen wollen. auch ich verdiene hin und wieder meine semmeln in einem der o.g. institute (zum glück nicht in dieser klinkenputzerischen tätigkeit wie hier beschrieben, denn diese jungs sind wirklich zu bedauern). oft sitzt am anderen ende eurer telefonleitung ein armer arbeitsunwilliger musiker, der sich ein paar mark verdienen muss, um wieder drogen kaufen zu können, um dann wieder guten rock'n'roll spielen zu können.
wenn ihr also eine lecker scheibe einer weniger reichen band in euren händen haltet, könnt ihr guten gewissens auf ein zähes telefongespräch über konsumgewohnheiten zurückblicken, mit dem wissen, dass ohne dieses gespräch eben diese platte vielleicht nie zustande gekommen wäre....

Christian_alternakid am 22.07.2004 um 16:55 Uhr:

das heißt dann ja wohl, dass ich als einer, der sich gerne interviewen lässt, nun mit fug und recht "saviour of rock and roll" genannt werden darf.
also liebe strokes, mal bitte rücken auf dem gleichnamigen podest...

Benny am 22.07.2004 um 20:02 Uhr:

das war wirklich keine absicht!


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