Be My Dieter Eilts. Folge 1: Die Torsteher.

28.03.2007 | 32 Kommentare | Christian_alternakid

Wer wollte nicht schon immer mal Dieter Eilts sein? Der Mann, dessen Sexappeal nur von Thomas Schaaf, dem norddeutschen Tom Jones, übertroffen wird und der vor einigen Jahren Unterwäschemodel für Calvin Klein war, steht in der Zwischenzeit der Lars-Ricken-Gedächtnistruppe, dem deutschen U 21 - Jugendteam, vor und ist somit für den Nachschub an jungen Nationalspielern verantwortlich. Vergessen wollen wir die Glamourvergangenheit des Ostfriesenalemao und Ex-Mannes von Linda Evangelista und uns ganz auf seinen Beruf konzentrieren. Sklavisch soll dabei die folgende Auswahl nicht verstanden sein, so dass auch deutlich ältere Spieler genannt werden. Die Idee ist lediglich: wer wird der nächste David Odonkor? Wo kommen die jungen Spieler her, die 2010 Südafrika rulen und mit dem WM-Song „Meet Nelson Mandela" Popgeschichte schreiben werden?

Die Motorjugend darf wie immer ihr Statement abgeben: Wer wird die neue Nummer drei, zwei, eins, meins?

Heute: Heiner Stuhlfauts Erben: Die Torsteher.
Welchem der jungen Tausendsassas, Hexern und Titanen ist zuzutrauen, mit Genickbruch den englischen Pokal zu gewinnen? Wer zahlt den Franzosen die Jacket-Kronen? Wer wird Deutschlands Mladen Pralija? Wer nennt Jogi Löw einen Suppenkasper? Wer wird die neue Fratze von Anzing? Wann heißt endlich wieder ein deutscher Nationaltorwart wie eine Frau ohne „H" und ein Schwanz ohne „P"?

René Adler (22, Bayer Leverkusen)
Auf einer traditionell stark besetzten Position im deutschen Fußball gab es wohl in den letzten 20 Jahren keinen Torhüter mehr, der einen derart fantastischen Einstand feiern konnte. Seine ersten drei Bundesligaspiele wurden vom Kicker mit den Noten 1,0 / 1,5 / 1,5 benotet und Adlers Reflexe erinnern an den jungen Kahn. Adler wirkt in manchen Momenten mehr wie ein Handballtorhüter, ein Hennig Fritz, ein Andreas Thiel des deutschen Fußballs, so blitzartig schnellen seine Arme und Beine in alle Ecken des Torraumes.
Adlers unweigerlichem Aufstieg stehen lediglich zwei Dinge im Weg: erstens scheint der Hype um ihn bereits gefährlich zu werden, denn an einen derartigen Einstand im Bundesligageschäft kann sich kaum jemand erinnern und zweitens hat er bereits eine lange Leidensgeschichte mit Verletzungen hinter sich, die ihn eine komplette Saison ausschalteten. Ob sein Körper und sein Kopf den Anforderungen des Bundesligageschäfts stand halten werden, ist die entscheidende Frage. Das Talent, auf Jahre hinaus Deutschlands Nummer 1 zu werden, hat Adler ohne Zweifel.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 90 %

Florian Fromlowitz (21, 1. FC Kaiserslautern)
Im Abstiegsjahr des 1. FC Kaiserslautern war Fromlowitz von allen Lauterer Eigengewächsen (Halfar, Schönheim, Bellinghausen et al) der wohl herausragende. Die in den letzten Jahren traditionell starke Torwarttalentschmiede von Grätschen-Gerry in der Pfalz schien nach Weidenfeller und Wiese den nächsten Nationalmannschaftsaspiranten hervorgebracht zu haben. Doch mit dem Abstieg des 1. FC Kaiserslautern begann auch der von Fromlowitz: er verlor seinen Stammplatz an den österreichischen Nationaltorwart Jürgen Macho, der allerdings – da Österreicher – von seinen fußballerischen Qualitäten mehr ein Softie ist. Die Jugend spricht für FF, doch Neuer und Adler haben ihm bereits den Rang abgelaufen. Der Stammplatz muss wieder her, ob in der Pfalz oder an anderer Stelle. Gerüchten zufolge ist Fromlowitz die B-Alternative auf die Raphael-Schäfer-Nachfolge beim 1. FC Nürnberg, sollte sich die Verpflichtung der tschechischen Nummer zwei, Jaromir Blazek, zerschlagen. Talent besitzt Fromlowitz zuhauf, von den ganz jungen Torhütern ist er im Moment auf Rang drei anzusiedeln.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 25 %

Simon Jentzsch (30, VFL Wolfsburg)
Vor vier Jahren wechselte Jentzsch für die enorme Summe von 5 Mio. Euro von 60 München zu Wolfsburg, konnte dort aber nicht die nötige Konstanz nachweisen und verlor zwischendurch sogar seinen Stammplatz an Sead Ramovic (!). In der Zwischenzeit stabilisierte sich Jentzsch jedoch wieder und ist in seinem Jahrgang hinter Enke sicherlich die Nummer 2. Doch für Nationalmannschaftsambitionen dürfte dies angesichts der enorm starken - und jüngeren - Weidenfeller und Wiese kaum ausreichen. Jentzsch hatte seine Chance, but he bottled it.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 10 %

Thorsten Kirschbaum (19, TSG Hoffenheim)
Der U21-Torhüter gilt in Rangnicks Fußballlaboratorium TSG Hoffenheim als große Nachwuchshoffung, hat jedoch im September nach einer Verletzung seinen Stammplatz an Daniel Haas verloren. Mit 19 hat er seine Zukunft noch vor sich, doch sind Neuer und Adler bereits die Nummer 1 in Spitzenmannschaften der ersten Liga, während Kirschbaum auf der Bank der Regionalliga sitzt. Schwierig wird es werden, auf dieser Position.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 5 %

Markus Miller (25, Karlsruher SC)
Der vielleicht beste Torhüter der zweiten Liga darf sich in der nächsten Saison erstmals in der obersten deutschen Spielklasse beweisen. Man darf auf den Kahn-Nachfolger Karlsruhes gespannt sein. Allerdings ist er auch schon in einem Alter, in dem er es schwer haben wird: Weidenfeller, Wiese und Hildebrandt sind kaum älter und Adler, Neuer, Fromlowitz deutlich jünger. Er müsste schon mehr als herausragend halten, um trotzdem den Sprung nach ganz oben zu schaffen. Ein guter Bundesligatorhüter wird aber mit Sicherheit heranwachsen.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 10 %

Manuel Neuer (21, FC Schalke 04)
Dass Frank Rost einer der besten Torhüter der Bundesliga ist, stellt er seit seinem Wechsel zum Hamburger SV erneut Woche für Woche unter Beweis. Umso höher ist Manuel Neuer anzurechnen, dass er Rost beim FC Schalke aus dem Team verdrängte und mit unspektakulären, aber konstanten Leistungen Slomkas Wahl Woche für Woche bestätigte. Ein etwas anderer Torhütertyp als Adler oder Fromlowitz entspricht Neuer vielleicht sogar mehr dem Typus des „modernen Torhüters", wenn er auch Adlers Irrsinnsreflexen nicht folgen kann. Diese beiden werden die Zukunft der Torhüterposition sein.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 85 %

Markus Pröll (27, Eintracht Frankfurt)
Jahrelang galt Pröll als bestenfalls durchschnittlicher Torhüter bis er in der Vorrunde dieser Saison über den Elfmeterkiller zum Führenden in der Rangliste des deutschen Fußballs des Kickers aufstieg. Konstanz muss der Frankfurter jetzt jedoch noch nachweisen und die gleichaltrigen Wiese, Weidenfeller oder sogar Schäfer scheinen bei weitem talentierter. Kaum vorstellbar, dass ausgerechnet Pröll den Sprung schaffen wird.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 0 %

Michael Rensing (23, Bayern München)
Seit Jahren als der Nachfolger von Oliver Kahn bei Bayern München gehandelt, dürfte es mehr als interessant sein zu sehen, ob Rensing der erste Münchener seit Raimond Amann wird, der tatsächlich aus Position zwei heraus Stammtorhüter der Bayern werden kann. Traditionell werden die Münchener Nachwuchstalente hoch gehandelt, doch keiner in den letzten 15 Jahren konnte die in ihn gesetzten Erwartungen auch nur annähernd erfüllen. So ist ein Uwe Gospodarek mit 64 Bundesligaspielen beinahe noch der erfolgreichste aus der Riege der verbrannten Münchener Torwarttalente (Scheuer, Wessels).
Rensing wird noch ein Jahr warten, danach muss er unter Beweis stellen, dass ihm die Jahre auf der Bank nicht geschadet haben. Sollte Bayern zu seinem Wort stehen, hat er die besten Möglichkeiten sich ins Rampenlicht zu spielen – doch muss auch klar sein, dass sich Rensing keine Schwächeperioden wie andere Keeper leisten darf. Die Presse wird gnadenlos sein. Bereits die erste Saison als Bayern-Nummer-1 wird Rensings make-or-break-Jahr werden: entweder er schafft es, sich durchzusetzen und ist damit automatisch Nationalmannschaftsanwärter oder er wird als der Sven Scheuer 2008 durchgereicht.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 35 %

Raphael Schäfer (28, 1. FC Nürnberg)
Schäfer hat sich in den letzten zwei Jahren von einem durchschnittlichen Torhüter zu einem der konstantesten der ersten Liga entwickelt. Seine Stärke liegt dabei im oft gerühmten modernen Torwartspiel. Schäfer ist mehr Lehmann als Kahn, dabei aber mit dem ruhigen Gemüt eines Hansjörg Butt gesegnet. Als neue Nummer 1 des VfB Stuttgart kann er nächste Saison erstmals beweisen, was er international zu leisten vermag, doch ist bei dem Überangebot an hervorragenden (jüngeren) Torhütern schwer vorstellbar, dass Schäfer tatsächlich in die Nationalmannschaft kommen wird. Für einen Torhüter internationaler Klasse leistet sich Schäfer zudem doch zu viele Fehler, so dass seine Stärke mehr bei Butt als Kahn oder Lehmann zu verorten ist. Normalerweise zu wenig, um in Deutschland das Tor zu hüten.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 5 %

Roman Weidenfeller (27, Borussia Dortmund)
Leichte Schwächen und Verletzungen durchziehen die letzten 12 Monate von Roman Weidenfeller, der die beiden Spielzeiten zuvor der beste Bundesligatorhüter war. Wieses Vorgänger beim 1. FC Kaiserslautern besitzt im Vergleich zu vielen seiner Konkurrenten den Vorteil, bereits einmal durch die Hölle gegangen zu sein. Als Nachfolger von Jens Lehmann leistete er sich zu Beginn seiner Bundesligakarriere den einen oder anderen Patzer und wurde von der Bildzeitung als „Roman Fliegenfänger" zum Abschuss freigegeben. To add insult to injury zog der damalige Dortmunder Trainer Matthias Sammer auch die französische Gurke Guillaume Warmuz dem jungen Deutschen vor. Doch Weidenfeller arbeitete sich aus diesem Tief heraus und zeigte in den Folgejahren, nun auch physisch mit einer enormen Präsenz gesegnet, warum er bei seinem Bundesligadebüt für Kaiserslautern als Torhüter der Zukunft gesehen wurde. Der einzige Bundesligatorhüter, der ihm in den letzten Jahren das Wasser reichen konnte, war Hannovers Robert Enke, der nun auch an seiner Statt den Sprung ins Nationalteam geschafft hat. Doch warum Hildebrandt immer noch Weidenfeller vorgezogen wird, bleibt ein Rätsel. Wie damals bei Dortmund sollte Weidenfeller der logische Nachfolger Lehmanns sein, zumindest als Torhüter Nummer 2 oder 3. Die einzige Frage bleibt, ob die ganz jungen Adler und Neuer nicht an dem mittelalten Weidenfeller vorbeiziehen. Schade wäre es.
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 75 %

Tim Wiese (26, SV Werder Bremen)
Weidenfellers Nachfolger beim 1. FC Kaiserslautern hat ebenfalls bereits einen Karriereknick hinter sich: als er nach seinem Wechsel zu Werder Bremen den Gurkenkönig und legitimen Erben der Pannen-Olli-Rolle bei Werder Bremen, Andreas Reinke, nicht verdrängen konnte, waren viele überrascht. Er profitierte von Reinkes schlimmer Verletzung und überlebte auch seinen Mega-Bock gegen Juventus Turin, der ihm seine ganze Karriere nachhängen wird. Erinnert Adler an den jungen Kahn, so ist Wiese der Nachfolger Toni Schumachers. Kaugummi, Bodybuilding, Proll-Attitüde – Grätschengerrys Ausbildung bezog sich in Kaiserslautern offensichtlich nicht nur auf die Torsteher-Fähigkeiten.
Wiese fordert vehement seinen Nationalmannschaftsplatz und ist im Hinblick auf seine Reflexe sicherlich auch einer der besten Deutschlands. Doch sowohl spielerisch als auch bei der Torraumbeherrschung hat Wiese weiterhin Defizite, auch wenn er diese kontinuierlich abbaut. Wiese oder Weidenfeller sollten Lehmanns Platz einnehmen, zunächst. Doch die nächste Generation scharrt schon mit den Torwarthandschuhen…
Nationalmannschaftswahrscheinlichkeit: 70 %