Alkoholismus in Absurdistan. Folge 2: Das Kapseln

05.10.2005 | 10 Kommentare | Christian_alternakid

Was macht mehr Spaß als Trinken? Richtig, trinken und dabei irgendwelche Gegner besiegen. Sozusagen: Le Motorpokal des Alkohols.
Das Angenehme am Kapseln, dieser gottgesandten Trinksportart ist die minimalistische Spielausrüstung. Was benötigt man?
2 Bier,
2 Kronkorken,
1 Gegner,
1 Durst.

Die Regeln: Die beiden Spieler sitzen sich mit ausgestreckten Beinen gegenüber, wobei jeder eine Flasche Bier vor sich stehen hat. Auf die Flasche wird jeweils umgedreht ein Kronkorken (= Kapsel) gelegt. Jener Kronkorken muss vom Gegner - mit Hilfe eines zweiten Kronkorken - heruntergeworfen werden.
Fällt die Kapsel (= Kronkorken), so muss der "Getroffene" einen Schluck aus seinem Bier zu sich nehmen. Das Spiel setzt sich solange fort, bis eine Flasche geleert und damit eine vorher vereinbarte Trefferzahl erreicht ist. Nach jedem erfolgreichen Wurf ist der Spieler noch einmal an der Reihe.

Grundschema:


Spiele werden üblicherweise auf 5 Treffer ausgetragen (d.h. nach 5 Treffern muss das Bier geleert sein.). Es sind jedoch zur Steigerung des ohnehin schon immensen Nervenkitzels auch Spiele auf geringere Trefferzahlen möglich - und natürlich auch auf höhere, um z.B. Neuinteressierten die Angst vor dem Bier zu nehmen.

Der "Digger, ist das nicht teuer?" - Faktor:
1/10 - Billiger geht es kaum, man benötigt lediglich zwei Flaschen Bier - und da man sich zum Spielen auf den Boden setzen muss, ist Kapseln gemeinhin eine Sportart, die außerhalb öffentlicher Kneipen, Clubs und Berlin-Mitte-Bars stattfinden muss. Nachteil: die Infiltration der Gesellschaft geht langsamer vonstatten, nur Eingeweihten wird im kleinen Kreis die Kunst des Kapselns nahegebracht, Vorteil: auf Privatpartys ist das Bier unschlagbar günstig, praktisch geschenkt.

Der lazy-cunt-Faktor:
2/10 - Super, man sitzt die ganze Zeit auf dem Boden - wenn das nicht lazycuntesque ist, ist der Motor nicht mehr König! Lediglich das übermäßige Strecken des Rückens um eine optimale Reichweite beim Kapselwurf zu erzielen kann auf Dauer etwas anstrengend sein. Auch sind die Kollegen mit den verkürzten Kniebändern immer wieder am Jammern ob der während des Spiels durchgestreckten Beine.

Der Herumhool-Faktor:
8/10 - natürlich hoch, denn es geht ja um einen sportiven Event. Man besiegt nicht nur das Bier an sich, sondern auch den Gegner. Fangesänge sind erwünscht, oftmals schlägt sich auch eine ganze Partymannschaft hinter einen besonders sympathischen Kapselspieler und feiert diesen unablässig oder beschimpft den Gegner als Kapseldeppen etc. pp. Noch größer wird der Herumhoolfaktor, wenn man nicht nur sporadische Einzelmatches spielt, sondern beispielsweise über das ganze Jahr hinweg eine Art Weltrangliste des Kapseln wertet, bei der auf jeder Party offizielle Spiele stattfinden. Eine Alternative ist ein Kapselturnier mit fest ausgelostem Spielplan.


Der "schön und gut, aber ich möchte beim trinken auch was lernen" - Faktor:
4/10 - Eingeschränkt, doch ‚bis fünf zählen' - trainieren mag bei manchem schon von Vorteil sein. Pisa, you know. Die körperliche Koordination jedoch wird immens verbessert. Mens sana in corpore sano: Nicht nur exaktes Zielen und genaues Werfen führt zu einem verbesserten Ganzkörpergefühl, sondern beispielsweise auch das schlangenartige Bauchtanzen im Sitzen um den Gegner bei seinem Wurf zu irritieren (file under: Ablenkungsmanöver, erlaubte).


Der Amusement - Faktor:
9/10 - Hoch, da das sportive Element mit Biertrinken verbunden wird und zudem dem Spieler selbst überlassen ist, ob er von Anfang an auf Nummer sicher trinkt (also große Schlücke macht) oder erst mal den lieben Gott einen guten Mann sowie alle fünfe grade sein lässt und im sicheren Vertrauen auf nachlassende Zielgenauigkeit beim Kontrahenten zunächst nur Nipper, Kleinstschlücke und andere Gegner-Provokationen durchführt, weil die innere Sicherheit laut ausruft: "der gewinnt eh nicht, dann muss ich das Bier sowieso nicht austrinken". Spiel! Spannung! Nervenkitzel!
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Kommentare

THE DUDE am 05.10.2005 um 21:11 Uhr:

Super Beschreibung!

Carl Schranz am 05.10.2005 um 21:32 Uhr:

ich hoffe in folge 3 kommt endlich das volley - saufen zum zuge :-)

THE DUDE am 05.10.2005 um 21:44 Uhr:

volley saufen?

motorhorst am 05.10.2005 um 22:14 Uhr:

Volley Saufen muss der Herr Schranz mal wirklich vorstellen. Da hab ich bei ihm so einiges lernen können.

Aber er ist halt auch einer vom Schlage:
Ein Mann / Ein Wort - Ein Huhn / Ein Hut.

Christian_alternakid am 06.10.2005 um 01:31 Uhr:

der schranzenscarl möge uns bitte an seinen trinkgewohnheiten teilhaben lassen. ich: always wissbegierig in dieser hinsicht.

Marquant am 06.10.2005 um 18:43 Uhr:

Na da hat sich der Christian aber feine Markenschühchen hingezaubert! ;-)

Lassie am 07.10.2005 um 13:51 Uhr:

Wie immer eine grandiose Beschreibung des Herrn Christian I. Ich habe lediglich die auf der einstigen Kapsel-Homepage angeführte Auflistung der fachsprachlichen Bezeichnungen für die auf bestimmte Trefferzahlen festgelegten Kapselmatches (bis 4 Treffer = Hardcore-Kapseln, bis 3 Treffer = Harakiri-Kapseln, bis 2 Treffer = Kamikaze-Kapseln, bis zum ersten Treffer = Suizid-Kapseln) vermisst.
Und da wir Collies nicht nur bellen und beißen, sondern auch (klug-)scheißen: Es heißt "mens sana in corpore sano." (Sorry, ich kann von Berufs wegen leider nicht anders...) :-)

MfG, die Nr. 6 der Kapselweltrangliste 1998


Christian_alternakid am 07.10.2005 um 15:30 Uhr:

verdammt. die vorzüge einer humanistischen bildung gehen offensichtlich im kapselbeschreibungsrausch verloren. man entschuldigt und gelobt beserung. aber geile markenschuhe hab ich mir dafür hingezaubert, nicht? das ist doch irgendwie die hauptsache.

Marquant am 07.10.2005 um 16:57 Uhr:

hauptsache der basti muß in ollen schwarzen working-class-pantiletten seinen frohmut opfern. das nennt mann dann wohl künstlerische freineid, ne?

Christian_alternakid am 07.10.2005 um 17:00 Uhr:

ach, der basti ist doch ein emokid. da trägt man gerne schwarz.


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