the best thing since crack came sliced

27.11.2006 | 6 Kommentare | Christian_alternakid

Ladies und Gentlemen, eines der drei besten Alben des Jahres, das nie veröffentlicht wurde.
Neben den üblichen Dohertyeskapaden – Absage, Wiederankündigung und endgültige Absage der Tour, mit Wolfman beim crackbenebeltem Autofahren erwischt – ist auch ungewöhnlich hohe Peteproduktivität dieser Tage zu verzeichnen. Eine Charitysingle, eine nagelneue EP und eines der drei besten Alben des Jahres, das nie veröffentlicht wurde.

Zuletzt hatten wir bereits die erstaunlich gelungene Charity-Single Indie-Englands unter Babyshambles Führung, die tatsächlich ein 1a-Cover des Clash-Klassikers „Janie Jones“ für Joe Strummers Vermächtnis und Charityprojekt Strummerville veröffentlicht hatte, abgefrühstückt und nun ist für den 8. Dezember der erste komplett neue Release seit dem Down In Albion Album angesetzt, die The Blinding EP.

The Blinding

Mit Ausnahme der ziemlich missratenen Aufnahme von „I Love You But You’re Green“ sind die anderen vier Songs ganz hervorragend, zwei davon zierten bereits den Spitzenplatz der Motorjugend-Toplist: der kleine, feine Popsong „Beg, Steal & Borrow“ sowie das ungewöhnlich hymnische, mit einem fantastischen Chorus ausgestattete „The Sedative“. Selten war Doherty hymnischer als in diesem Refrain. Befremdlich nur, dass die Strophen eher, nun ja, sediert wirken. Aber so war es ja schon immer: sieht etwas so aus, als könnte es im großen Stil funktionieren (wie dieser Chorus), dann kommt Doherty um die Ecke geshambelt und zerstört willfährig jede Breitenwirkung (diese Strophen).

I’m piping almost every night

Doch nach einigen Wochen hat sich etwas überraschend „I Wish“ als bester Track der EP herauskristallisiert. Ein Upbeat-Ska-Song, der an die späte Ära der Specials erinnert, nicht weit von einem „Free Nelson Mandela“ entfernt ist und beschwingt in einer Art klingt, die man bei den Babyshambles nicht mehr für möglich gehalten hätte. Statt dem düsteren Skag-Ska von „Stix & Stones“ ist hier – trotz obligatorischer Crack-Referenz – keinerlei Beschwerlichkeit zu vernehmen, ja, selbst eine Textstelle wie „I'm piping almost every night / I watch my dreams float by, out of sight / I wish to god that I just been stabbed ooh“ wirkt angesichts der sie begleitenden Ska-Musik leicht. Wunderbar, doch in zu Doherty passender Perversität jahreszeitentechnisch mit Anfang Dezember zum falschest möglichen Zeitpunkt veröffentlicht…

The best thing since crack came sliced

Doch all die Charity-Cover und Skapop-Songs verblassen gegen das überraschend letzte Woche von Doherty auf seiner Website veröffentlichte Akustik Demo mit dem bizarren Namen „Stookie & Jim’s Bumfest“. 9 Songs, 5 davon zuvor nie gehört und die restlichen 4 unveröffentlicht, die so fantastisch sind, dass man es kaum fassen kann. Würde Doherty dieses Demo veröffentlichen, es wäre – und das sage ich in ausgeschaltenem Fanboymodus – eines der drei besten Alben dieses Jahres.

Find a girl, have a drink, have a dance and pray

Nicht nur dass er mit There She Goes und Unbilotitled (mit einer im Angesicht der neuerlichen Pete & Wolfman-Verhaftung vom letzten Wochenende beinahe prophetischen „Wolfman and Bilo on the run“ Textstelle) zwei der drei besten unveröffentlichten, alten Doherty-Songs neu eingespielt hat, nein insbesondere, die völlig neuen Stücken sind herausragend. „Delivery“ ist eine zukünftige Single, die textlich von bedrückendem nahendem Ende („So here comes a delivery / Straight from the heart of the misery, oh /Here comes a delivery, straight through the heart of you”) zu lebensbejahendem partying like it’s the end of the world (“And all, you skins and mods, now get together /Make pretend, its 1969 forever / Find a girl, have a drink, have a dance and pray”) innerhalb einer Strophe wechselt. Ein Song, den man gar nicht genug loben kann. Ebenfalls wundervoll ist das in drei Teile aufgesplittete „Cuckoo 14.40“, das nach einem langsamen Beginn auf einen Skarhythmus umschaltet, über den Doherty aber im Gegensatz zu etwa „I Wish“ in klassischem Folksinger-Gestus seine Zeilen intoniert, was das Ganze in die Richtung eines Sea-Shantys drückt.
Ob Unstookietitled oder Carry Up On The Morning, auf dieser Session ist kein einziger Song medioker und gerade die Tatsache, dass die Hälfte davon tatsächlich neu geschrieben und nicht aus dem bei weitem noch nicht ausgeschöpften alten Doherty-Reservoir stammt, ist beeindruckend.

He's stronger than the walls / That you tried to build around him

Hört man diese 9 Songs, so steht wieder im Raum, warum Doherty nicht endlich ein Folkalbum veröffentlicht. Er, seine Gitarre und ein Pfeifchen. Wo, verdammt nochmal, ist ein Rick Rubin, wenn du ihn brauchst?
Eine künstlerische Wiedergeburt stünde außer Frage und die Welt hat verdient, diese Songs zu hören – und zwar in einer low-key-Variante ohne aufgeblasenen Schnickschnack, der das zart pochende Herzchen, das in jedem dieser 9 fantastischen Songs schlägt, erdrückt. Es ist bizarr, immer wenn man sich gerade denkt "Pfeifendeckel, das wird nichts mehr", legt Doherty eine handvoll Songs vor und man weiß wieder, warum man den ganzen Scheiss mitmacht und trotzdem fanboy ist.

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Kommentare

Daniel_ am 27.11.2006 um 11:08 Uhr:

Wo bitte ist in diesem Text der Fanboymodus aus? Aber stimmt schon, da sind hübsche Sachen bei.

Christian_alternakid am 27.11.2006 um 12:07 Uhr:

was denn? das ist doch eine absolute down-to-earth-besprechung. kann ich ja nichts für, wenn die sachen so fantastisch sind ;-)

anmari am 28.11.2006 um 22:10 Uhr:

ich habe heute einen Reisetag hinter mir. Was ich vorher noch gemacht habe? ich bin deinem Link gefolgt und habe petee durch meinen tag singen lassen. dank dafür. ich habe mich aufs neue verliebt und bleibe fangirl trotz der strapazen ;)

wowo101 am 09.12.2006 um 11:29 Uhr:

damit komme ich jetzt reichlich spät, aber: die demos haben's endlich geschafft, auch mich alten zweifler und ignoranten zu bekehren. *reiht sich in die fanboygarde ein*

Christian_alternakid am 14.01.2007 um 20:23 Uhr:

so, weil ich immer wieder nach den tracks gefragt werde und wohl der link oben nicht mehr funktioniert, hier noch einmal.

Christian_alternakid am 19.08.2007 um 13:32 Uhr:

wie dereinst oben erhofft, wird "Delivery" tatsächlich die neue Single.

hier der Promo-Rip (320kb):
Delivery (CD-Single)


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