Somewhat damaged

25.09.2018 | 0 Kommentare | motorhorst

Die Erinnerungen an ein Nine-Inch-Nails-Stück, welche mir beim Abendessen kamen, worauf ich gleich das komplette The Fragile nochmal hören musste. Trent Reznor und Konsorten auf dem Höhepunkt ihres Schaffens
Der erste Gedanke bei diesem Song ist die Erinnerung an einen Abend in der Indie-Disco, der Abend meines Geburtstages (was nicht sein kann, weil DER_ABEND immer freitags war und ich in diesem Jahr an einem Sonntag Geburtstag hatte), ca. einen Monat nachdem das zugehörige Album The Fragile von Nine Inch Nails erschienen war. Dieses Stück ist der perfekte Einstieg in ein NIN-(Doppel)-Album, wäre auch ein brillanter Auftakt zu einem Konzert (wobei Trents Reznors Gesang dafür etwas zu früh einsetzt, die Band oder das Band müsste das Intro vermutlich ein wenig strecken) und ist womöglich sogar ein gelungener Einstieg in das Werk der Gruppe, die damals auf dem Höhepunkt ihres Schaffens war. Ein paar schräge Sounds, ein stampfender, künstlicher Beat, dann dieses bedrohliche Anschwellen von irgendetwas, das man noch nicht fassen kann und schließlich Trents Stimme, die vom negativ-passiv-aggressiven Ton in den typischen Lyrics-Passagen ("Lost my faith in everything", "Taste the wealth of hate in me") zu einer Schreiattacke im Refrain führt. Klassisch, quasi der Proto-Typ eines Nine Inch Nails-Song.
 
Diesen Song ließ ich jedenfalls wünschen, da es ja schließlich mein Geburtstag (also fast) war, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt, schließlich ist das ja eine der meist bemühten Tropen im DJ-Unwesen, dass nun unbedingt Lied xy gespielt werden müsse, da der nicht näher genannte Freund Geburtstag hätte und dann ALLE tanzen würden und der mir in meiner Lege-Karriere dann selbst immer wieder begegnete und meine Verbitterung (die ich mir vermutlich zu einem Gutteil von Trent abgeschaut hatte) noch verstärkte. Dieses Mal war es aber wahr, der Song wurde gespielt, niemand tanzte, ich schon, was sehr schwierig ist bei dem Stück und vor allem in Headbanging und der alkoholisch-erschwerten Konzentration, nicht hinzufallen (wie bei New Noise oder Come To Daddy zur selben Zeit), bestand.
 
Das kommt immer gut an in der Indie-Disko, wenn nur einer oder maximal drei tanzen. Der DJ merkt sich das Stück gleich und setzt es auf die schwarze Liste, für die Anwesenden brennt sich aber ein Bild ins Gedächtnis, das sie vielleicht nie wieder vergessen. So wie das eine im Raskalnikov, in dem Gille und ich krachbetrunken auf der Tanzfläche liegen, weil uns die Begeisterung über ein Pearl Jam-Stück ("Even flow"?) und der billige Alkohol (Bier-Börsen-Tag!) und die Euphorie umgerissen hatten - an einem Montagabend (and where were you?). Oder das andere Bild (selber Club, also auch selber Ausstellungsraum im Museum des Lebens), das in diesen Tagen wohl um die 25 Jahre - fuck you! - alt sein dürfte: Ministrys "Jesus built my hot rod" läuft (Wann zum Fuchsteufel endete denn eigentlich die Zeit, wo so ein Track einfach mal gespielt wurde?) und ein einziger Typ headbangte dazu, inmitten der Tanzfläche und ansonsten völlig unbewegt, stehend. Wie alle der wenigen Besucher erhielt auch er einen Spitznamen. Andere Anwesende waren für uns "Billy Corgan" oder "Midnight Oil", er aber hieß Rudi Völler. Der Song dauert mehr als fünf Minuten und drückt so dermaßen aufs Gaspedal, dass man eigentlich nur verlieren kann, wenn man mal zu bangen begonnen hat (so ähnlich wie das Dilemma, das in Soloalbum beschrieben ist: Portishead-Song beginnt, alle stürmen "Wooohoooo" auf die Tanzfläche und merken nach 2 Minuten, dass man eigentlich nicht richtig dazu tanzen kann, wenn man nicht sehr gut ist, die Musik läuft dann aber noch vier Minuten weiter), aber der Typ zog es knallhart durch (er nutzte nicht mal den "I wanna love you"-Break, was einhundertprozentig legitim gewesen wäre, um in Würde auszusteigen) und wird für immer in der Gedächtnisgalerie seinen Ehrenplatz behalten.
 
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