Honduras: Armut in der Bevölkerung - Reichtum an Flora und Fauna

01.09.2001 | 0 Kommentare | motorhorst

Ein Reisebericht von Sandi

Typische Häuser
HONDURAS - „Wo liegt denn das? Südamerika? - Ach so, in Mittelamerika?“, „Wie heißt die Hauptstadt? - Tegucigalpa??? Noch nie gehört!“, „Ist es dort nicht zu gefährlich?“ - Diese oder ähnliche Fragen wurden mir gestellt, als ich mich dieses Jahr entschloß meine Freundin Karen in ihrer Heimat Honduras zu besuchen. Obwohl es nicht meine erste Reise nach Lateinamerika werden sollte, war ich doch sehr gespannt, was mich erwarten würde. Leider gibt es von Deutschland keine Direktflüge und deshalb mußte ich eine 22stündige beschwerliche Reise mit Umsteigen in namhaften Städten wie Paris, Miami und San Jose (Costa Rica) auf mich nehmen. Das Umsteigen stellte sich als sehr nervenaufreibend dar, z.B. mußte ich in Paris 30 Minuten auf den Transferbus warten, um von Terminal B zu Terminal C zu gelangen und in Miami brachte ich den netten Beamten hinter der Glasscheibe fast zur Weißglut, als ich das zweite Mal mit dem falschen Formular kam (was zu meiner Entschuldigung gesagt, mir die etwas lustlose, dicke Dame von der Fluggesellschaft falsch gegeben hatte). Freundlicherweise holte er daraufhin selbst das richtige Formular. Die US-Amerikaner werde ich wohl nie verstehen, ich wollte ja nicht dort bleiben! Warum dieser Papierkram??? Nachher stellte ich auch noch fest, dass der nette Herr mir meinen Kugelschreiber nicht zurückgegeben hatte. Als ich dann noch die kleine 2-motorige, schrottreife, honduranische Maschine sah, mit der ich von San Jose nach Tegucigalpa fliegen sollte, fragte ich mich, ob ich jemals an meinem Ziel ankommen würde. Doch dann - ein wunderbarer Blick auf eine in der Abenddämmerung beleuchtete Stadt, in der ich die nächsten Tage verbringen würde - damit wurde ich für die ganzen Strapazen belohnt.


Kakaopflanze mit Kakaobohnen
Tegucigalpa ist fast eine Millionenstadt mit 800.000 Einwohnern - natürlich ist sie dreckig, wie alle Großstädte in der Dritten Welt - doch durch ihre hügelige, grüne Lage, umgeben von hohen Bergen, wirkte sie sehr faszinierend auf mich. Nachts ist diese Stadt noch schöner, weshalb man auch sagt: „Tegucigalpa ist wie eine Hure, in der Nacht zeigt sie sich von ihrer schönsten Seite“. Die folgende Woche sollte ich diese Stadt und ihre Einwohner noch besser kennenlernen. Man muß dazu sagen, dass die Familie und Freunde von Karen nicht gerade zu den Ärmsten gehören: Ich bekam ein eigenes Zimmer mit Bad und das Hausmädchen kochte für mich. Reis, Nudeln, Tortillas aus Mais oder Weizen, Fisch, Hähnchen, Rindfleisch, exotische Früchte (und vorallen deren frisch gepreßten Säfte), Eßbananen (meist gebraten), Eier, eine Art flüssiger, salziger Käse, saure Sahne (aber cremiger, als bei uns), Bohnen, Mais, Salat aus ungewürzte Weißkohl und Tomaten, dies alles sind typische Speisen der honduranischen Küche.


Ort im typischen Kolonialstil
Einige Freunde von Karen konnten Englisch, obwohl nur 4 % der gesamten Bevölkerung Englisch spricht. Einer dieser Freunde fragte mich, ob wir in Europa wohl annehmen, dass die Menschen in Honduras noch wie Affen auf den Bäumen leben. Nein, das denkt wohl niemand von uns, oder? Doch ich war schon etwas erstaunt, wie sehr US-amerikanisch angehaucht das Leben dieser Menschen ist, was nicht zuletzt durch den Fernseher stark beeinflußt wird. Billige Produktionen aus Mexico a la „GZSZ“, „Marienhof“ und wie sie alle heißen, sind vor allem bei den Frauen äußerst beliebt. Aber aus Mexico kommt nicht nur Schrott - ich war doch sehr überrascht, welch gute Musik man im Radio sowie im Fernsehen (lateinamerikanisches MTV) zu hören bekam: Depeche Mode und Radiohead waren keine Seltenheit, außerdem gab es einige, mir bislang unbekannte mexikanische Bands, die Musik in diese Richtung machten.


Dorfszene mit Landbevölkerung
Die größten Probleme dieses Landes sind die Armut der Bevölkerung (besonders auf dem Land), Korruption; Kinder, die auf den Straßen betteln oder Kaugummi bzw. absurde Dinge, wie z.B. Gemälde, Fußmatten fürs Auto, etc. verkaufen; die hohe Analphabeten-Rate und der hohe Bevölkerungswachstum von 3,2 % sowie Aids, vor allem natürlich bei den Prostituierten. Übrigens sind die Frauen in Honduras sehr hübsch, was man von den Männer weniger behaupten kann. Die Frauen legen sehr viel Wert auf ihr Äußeres, sind stets gut gekleidet und gehen nicht ungeschminkt auf die Straße. Die Menschen in Honduras, sowie fast überall in Lateinamerika, sind dunkelhäutig und braunhaarig, haben braune Augen und sind nicht sehr groß.


Reparaturarbeiten in Copán
Die zweite Woche meines 14-tägigen Urlaubs sollte noch viel aufregender werden - man könnte auch sagen: Ich habe die schönsten Seiten Honduras in 1 Woche kennengelernt. An den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Honduras (Maya-Stätte Copán, die Karibikinsel Utila mit dem zweitgrößten Korallenriff der Welt) begegneten mir zum ersten Mal ein paar Touristen (meist aus den USA). Honduras ist touristisch noch sehr wenig erschlossen und wer gern Urlaub abseits der typischen „Pauschalurlaubern“ macht, dem kann ich dieses Land nur empfehlen. Honduras bietet fast alles - Regenwald, Trockenwald, Bergnebelwald, große Kiefernwälder, die man in einem tropischen Land nicht vermutet (sie befinden sich vor allem in der Umgebung von Tegucigalpa), Kiefersavanne, kilometerlange, einsame Strände mit Kokospalmen, Korallenriffe zum Schnorcheln und Tauchen, Lagunen und Mangrovensümpfe mit einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen, spärlich beleuchtete Tropfsteinhöhlen, Berge (in deren Wäldern noch Tapir, Jaguar und Ozelot zu finden sind) sowie Süßwasserseen, an denen sehr viele Wasservögel zu beobachten sind. Außerdem gibt es dort nette Fischrestaurants, in denen man leckeren Fisch essen kann.

Ballspielplatz von Copán
Eins der Höhepunkte meiner Reise war der Besuch der Ausgrabungsstätte Copán im Regenwald - früher eine bedeutende Stadt und zugleich die südlichste der Mayakultur. Ich gab bestimmt ein komisches Bild ab, wie ich mit meinem Reiseführer versuchte jeden Stein dieses Dschungels zu deuten, denn unseren spanisch nuschelnden Guide verstand ich leider nicht. Der wichtigste Fund dieser Ausgrabungsstätte ist eine Pyramide mit der große Treppe der Inschriften. Durch diese Treppe konnte die Maya-Schrift weitgehend entschlüsselt werden.


Fußballfans in Tegucigalpa
Am Abend dieses Tages hatte ich dann noch das Glück ein Länderspiel zwischen Honduras und Mexico live im überfüllten Stadion von San Pedro Sula zu erleben. Die Massen tobten bei jedem Tor (Honduras gewann 3:1), kein Besucher des Stadions, der nicht blau-weiß (Nationalfarben von Honduras) bemalt oder angezogen war. In Honduras sind auch sehr viele Frauen Fußballfans. Anschließend wurde der Sieg mit einer riesigen, laut humpenden Autokarawane gebührend gefeiert (natürlich ich mittendrin - ein unvergeßliches Erlebnis).

Eigentlich wollte wir am nächsten Tag mit der Fähre von La Ceiba auf die Karibikinsel Utila übersetzen, doch wir verpaßten die Fähre. Diesmal fuhr sie pünktlich ab, wobei es in Honduras eher die Seltenheit ist, dass der Fahrplan eingehalten wird. So hatten wir Gelegenheit in der Nähe den Nationalpark „Cuero y Salado“ zu besuchen, der vor allem dem Manatí, der Karibischen Rundschwanzseekuh (vom Aussterben bedroht!) als eines der letzten Rückzugsgebiet dient. Leider kann man diese schwerfälligen Seekühe nur um 5 Uhr morgens beim Fressen von Seelilien beobachten, doch wir sahen dafür auf unserer Exkursion mit dem Boot durch den Dschungel weiße Kapuzineraffen beim Fressen, Tukane, Fledermäuse am Baumstamm ruhend und massig viele Wasservögel sowie einige Früchte des Dschungels, die wir auch probieren konnten (selbstverständlich erst nach Rücksprache mit dem Guide, ob diese auch genießbar sind).

Den Abend dieses Tages verbrachten wir dann noch mit dem Genuß von einigen Bieren oder besser gesagt einigen Bieren zuviel, denn die Musik der Diskotheken schallte bis in die frühen Morgenstunden in unser Hotelzimmer, dass man eh kein Auge zu tun konnte. In diesen Orten an der Karibikküste ist es übrigens wahnsinnig gefährlich nachts den Strand aufzusuchen, denn Überfälle und Vergewaltigungen sind dort keine Seltenheit. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau existiert in Honduras nicht. Die Mädchen werden meist ziemlich jung schon schwanger, haben an die 5 Kinder und Schläge oder Vergewaltigung in der Ehe sind keine Seltenheit. Nur wenn man in eine reiche Familie hineingeboren wird, hat man überhaupt die Möglichkeit als Frau zu studieren und einen Beruf auszuüben.


Im Garifuna-Dorf
Am nächsten Tag ging es endlich auf die Karibikinsel Utila. Sie ist eine der drei größten vorgelagerten Karibikinseln, die zu Honduras gehören und mit ihrem umgebenden Korallenriffs auf jeden Fall einen Besuch wert. Roatán und Guanaja heißen die anderen beiden, die sehr von den US-amerikanischen Touristen geprägt sind und dementsprechend teuer sind. Utila ist noch relativ billig und ruhig geblieben. Dort findet man einige Tauchstationen und natürlich passend dazu sehr viele Aussteiger- für immer oder nur auf Zeit - aus dem Ausland. Auf diesen Inseln wird meist Englisch gesprochen, da die Bewohner Nachkommen der afrokaribischen schwarzen Garífunas sind und lange Zeit als britische Kolonie von Kingston aus verwaltet wurden. Mein schönstes Erlebnis auf dieser Insel (neben den Cocktails in der „Bar im Busch“ oder den Bars direkt auf Stegen ins Meer reichend) war eine 5-stündige Kajakfahrt auf einem schmutzig stinkenden Kanal durch Mangrovenwälder zu der anderen Seite der Insel. Dort erwartete uns eine rauhe See mit einem kilometerweiten einsamen Palmenstrand, an dem man unzählig viele große Muscheln finden konnte. Ich fühlte mich wie „Robinson Cruso“ - einsam gestrandet auf einer Insel. Der Abend war allerdings für mich gelaufen, denn 5 Stunden paddeln war doch etwas zu viel für die kleine Sandi, ich spürte jeden einzelnen Muskel.

Mit dem Kajak auf dem Kanal unterwegs
Einen Tag vor Abflug zurück nach Deutschland besuchten wir von Thela aus noch einen einzigartigen Nationalpark - Punta Sal. Allein die Bootsfahrt entlang an kilometerlangen Palmenstränden, die nur dünn besiedelt von ein paar Garífunas sind (welche sehr einfach in Strohhütten leben), war sehr beeindruckend. In einem dieser Dörfer bekamen wir von den Garífunas zu Mittag einen typisch zubereiteten Fisch mit Eßbananen und Reis angerichtet mit Kokosnußmilch. Sehr lecker! Wir hatten auch einen großen Hunger, nachdem wir vorher zu Fuß eine Tour durch den Nationalpark gemacht hatten. Unser Guide erklärte uns viele Pflanzen und Tiere des Regenwaldes, u.a. gibt es in diesem Park noch einen Jaguar, der vor kurzem vor lauter Hunger und wahrscheinlich Bequemlichkeit, ca. 11 Hunde der Garífunas gerissen hatte. „Touristen mag er aber nicht!“ versicherte uns unsere Guide. Wie tröstlich!


"Friedhof" der Palmen
Erschreckend waren die vielen abgestorbenen Palmstumpfe am Strand, ein Problem, welches sich von Mexico an der Karbikküste bis nach Honduras zieht. Der Guide erklärte uns, dass Insekten sich in die Palmspitzen einnisten und diese langsam von innen zerstört. Ein Mittel gegen diese Insekten sei zwar gefunden worden, doch um 1 Palme zu retten, benötigt man 80 Dollar - unmöglich für ein Land wie Honduras diese vielen Palmen zu retten. Traurig, aber wahr - viele Strände an der Karibikküste sehen aus wie große Friedhöfe. Bleibt nur zu hoffen, dass andere resistente Palmensorten sich ansiedeln und den Charme dieser Strände erhalten.
Nach wunderbarem Schnorcheln im fischreichen karibischem Meer neigte sich dieser Ausflug (Einige Mitreisende fanden den Ausflug, vor allem die Bootsfahrt, wohl nicht so toll, denn sie übergaben das leckere Essen an die Natur zurück) und ebenso meine wunderbare sowie aufregende Reise dem Ende zu.


Karibikidylle
Ich habe die Einwohner Honduras als sehr herzliche, fröhliche, aufgeschlossene und freundliche Menschen kennengelernt, aber am meisten hat mich ihre Gelassenheit, mit der sie jede Situation meistern, beeindruckt. Wegen dieser Gelassenheit („Die Fähre fährt sowieso nicht pünktlich ab“) verpaßten wir zwar die Fähre nach Utila, was aber nicht weiter tragisch war, denn wir verbrachten den Tag ja kurzfristig in einem wunderschönen Nationalpark. Außerdem ist es mir immer noch ein Rätsel, wie Karen 15 Minuten vor Spielbeginn noch Karten für ein restlos überfülltes Fußballstation (Honduras : Mexico) bekam. Ich werde versuchen mir diese Menschen als Beispiel vor Augen zu halten, damit ich genauso gelassen reagieren kann, wenn mich wieder einmal der Streß, die Arroganz der Menschen oder die bürokratische Genauigkeit in Deutschland wahnsinnig machen. Auch wird dies bestimmt nicht meine letzte Reise nach Honduras gewesen sein, denn es gibt für mich noch einiges zu entdecken, z. B. den nur dünn besiedelten Osten des Landes mit seinem fast undurchdringlichen Regenwald und dessen Bewohnern - den Miskitos.
Der Abschied von diesen facettenreichem Land ist mir nicht leicht gefallen und ich werde noch an manchen tristen Regentag in Deutschland die Augen schließen und träumen von Honduras - seinen Menschen, den Farben des Meeres, den wunderbaren Stränden und der Natur mit seiner Tier- und Pflanzenwelt.

Wer jetzt Lust bekommen hat nach Honduras zu reisen, kann sich gerne wegen weiteren Informationen mit mir (sandra.schwindel@web.de) in Verbindung setzen.
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