Joon-ho Bong ist mit "Parasite" eine trotz seiner Zweistundenplus-Laufzeit immer unterhaltsame, oft amüsante und manchmal spannende Groteske über die Auswirkungen des Kapitalismus auf das Individuum gelungen. Auch visuell ist "Parasite" auf höchstem Niveau: sowohl die bedrückende Enge der Souterrain-Wohnung der Armen als auch die kühle Eleganz der brutalistischen Reichen-Villa sind beeindruckend.
"Parasite" ist mit Sicherheit der beste Film in Bongs Laufbahn - und der erste der mich durchgehend überzeugt, da ich weder "Snowpiercer" noch "Mother" oder "Memories Of Murder" stringent genug fand, von Flops wie "Okja" mal ganz zu schweigen. Dennoch wundert mich die überbordende Begeisterung bei "Parasite" doch ein wenig - Goldene Palme in Cannes, imdb 8.5/10, Letterboxd sogar 4.5/5 - ist doch auf der einen Seite die politische Message so dermaßen auf dem Tablett serviert (schon das Problem an "Snowpiercer") und doch gleichzeitig die Ausführung dieser Idee nicht durchgehend schlüssig. Der hervorragende zweite Akt wird im letzten Akt dann etwas konterkariert und ich hatte den Eindruck, dass Bong hier sein eigener "Unterbau" nicht mehr interessiert hat. Was für einen Film, der offensichtlich mehr als nur "unterhalten" will, dann doch etwas schade ist.
Da war ich jetzt schon ein bisschen enttäuscht und verwundert, bei den ganzen Preisen und Loben. Was ist denn so gut an dem Film außer der Optik? Gibt´s da ne Message? Reiche sind gutgläubig und oberflächlich, Arme müssen nicht zwangsläufig nichts können, können dafür aber gewitzte Parasiten sein? Bei denen der Spaß aber aufhört, wenn man ihnen die Armut an-riecht und man deswegen die Nase rümpft? Echte Sozialkritik kann ich da auch nicht finden. Es wurde darauf verzichtet, die Chancenlosigkeit zum Aufstieg in der Gesellschaft auch nur mal anzureißen. Die Familie wird nur als gerissene Assi-Honks dargestellt, von denen man gar nicht glaubt, dass sie es jemals ehrlich versucht hätten. Diese bedrückende Enge in der Souterrain-Wohnung erzeugt auch nicht wirklich Mitleid, die hausen da wie die Schweine, aber Hauswirtschaft machen bei den Reichen geht komischerweise.
Vieles ist nicht wirklich nachvollziehbar (muss der Typ aus dem Keller jetzt so handeln, verdienen die bei den Reichen so wenig), manches vorhersehbar (Sex auf der Couch, der gruselige Kindheitstrauma-Typ taucht an passender Showdown-Stelle wieder auf), viele klassische Momente (kommen früher aus dem Urlaub zurück, auch vorhersehbar). Da geht´s wirklich nur darum, dass sich a paar Reiche mehrfach Parasiten eingefangen haben.
Ach ja, und diese minutenlange Szene, in der die Familie von ganz oben runter und immer noch weiter runter heim läuft, im Regen, direkt in die Traufe, und dann auch noch ein Gossen-Bild - viel plakativer und redundanter geht´s nun wirklich nicht mehr. Oscar für den besten Film, tss.
Kann hier deine EInwände schon nachvollziehen, die große Gesellschaftskritik als die "Parasite" wohl gesehen wurde, finde ich da auch nicht wieder. Das war ja auch schon mein Problem mit Bongs "Snowpiercer", dass mir seine Allegorien da immer doch recht platt vorkommen.
Im Gegensatz zu "Snowpiercer" finde ich aber "Parasite" dafür auf jeder anderen Ebene gelungen. ER sieht erstens fantastisch aus, hat tolle Set Pieces (das unter de Couchtisch verstecken, die Gartenparty) und ist amüsant wie spannend.
Für mich also ein guter Film, aber warum gerade "Parasite" jetzt der große Durchbruch für den asiatischen Film wurde oder warum "Parasite" und nicht "Midsommar" der Arthouse-Dauerbrenner und mit Preisen überschüttet wurde, das muss ich dann nicht verstehen.
Ich fand ihn schon wirklich sehr gut und packend. Visuell mega beeindruckend. Von Bong Joon Ho gefällt mir tatsächlich The Host noch mal besser (aber auch erst nach wiederholtem Sehen). Der verbindet Gesellschaftskritik ja mit Monsterfilm, auch ne interessante Mischung.
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Christian_alternakid am 20.10.2019 um 16:25 Uhr:
Joon-ho Bong ist mit "Parasite" eine trotz seiner Zweistundenplus-Laufzeit immer unterhaltsame, oft amüsante und manchmal spannende Groteske über die Auswirkungen des Kapitalismus auf das Individuum gelungen. Auch visuell ist "Parasite" auf höchstem Niveau: sowohl die bedrückende Enge der Souterrain-Wohnung der Armen als auch die kühle Eleganz der brutalistischen Reichen-Villa sind beeindruckend."Parasite" ist mit Sicherheit der beste Film in Bongs Laufbahn - und der erste der mich durchgehend überzeugt, da ich weder "Snowpiercer" noch "Mother" oder "Memories Of Murder" stringent genug fand, von Flops wie "Okja" mal ganz zu schweigen. Dennoch wundert mich die überbordende Begeisterung bei "Parasite" doch ein wenig - Goldene Palme in Cannes, imdb 8.5/10, Letterboxd sogar 4.5/5 - ist doch auf der einen Seite die politische Message so dermaßen auf dem Tablett serviert (schon das Problem an "Snowpiercer") und doch gleichzeitig die Ausführung dieser Idee nicht durchgehend schlüssig. Der hervorragende zweite Akt wird im letzten Akt dann etwas konterkariert und ich hatte den Eindruck, dass Bong hier sein eigener "Unterbau" nicht mehr interessiert hat. Was für einen Film, der offensichtlich mehr als nur "unterhalten" will, dann doch etwas schade ist.
Bloody Mary am 05.04.2020 um 22:06 Uhr:
Da war ich jetzt schon ein bisschen enttäuscht und verwundert, bei den ganzen Preisen und Loben. Was ist denn so gut an dem Film außer der Optik? Gibt´s da ne Message? Reiche sind gutgläubig und oberflächlich, Arme müssen nicht zwangsläufig nichts können, können dafür aber gewitzte Parasiten sein? Bei denen der Spaß aber aufhört, wenn man ihnen die Armut an-riecht und man deswegen die Nase rümpft? Echte Sozialkritik kann ich da auch nicht finden. Es wurde darauf verzichtet, die Chancenlosigkeit zum Aufstieg in der Gesellschaft auch nur mal anzureißen. Die Familie wird nur als gerissene Assi-Honks dargestellt, von denen man gar nicht glaubt, dass sie es jemals ehrlich versucht hätten. Diese bedrückende Enge in der Souterrain-Wohnung erzeugt auch nicht wirklich Mitleid, die hausen da wie die Schweine, aber Hauswirtschaft machen bei den Reichen geht komischerweise.Vieles ist nicht wirklich nachvollziehbar (muss der Typ aus dem Keller jetzt so handeln, verdienen die bei den Reichen so wenig), manches vorhersehbar (Sex auf der Couch, der gruselige Kindheitstrauma-Typ taucht an passender Showdown-Stelle wieder auf), viele klassische Momente (kommen früher aus dem Urlaub zurück, auch vorhersehbar). Da geht´s wirklich nur darum, dass sich a paar Reiche mehrfach Parasiten eingefangen haben.
Bloody Mary am 05.04.2020 um 22:15 Uhr:
Ach ja, und diese minutenlange Szene, in der die Familie von ganz oben runter und immer noch weiter runter heim läuft, im Regen, direkt in die Traufe, und dann auch noch ein Gossen-Bild - viel plakativer und redundanter geht´s nun wirklich nicht mehr. Oscar für den besten Film, tss.Christian_alternakid am 09.04.2020 um 18:51 Uhr:
Kann hier deine EInwände schon nachvollziehen, die große Gesellschaftskritik als die "Parasite" wohl gesehen wurde, finde ich da auch nicht wieder. Das war ja auch schon mein Problem mit Bongs "Snowpiercer", dass mir seine Allegorien da immer doch recht platt vorkommen.Im Gegensatz zu "Snowpiercer" finde ich aber "Parasite" dafür auf jeder anderen Ebene gelungen. ER sieht erstens fantastisch aus, hat tolle Set Pieces (das unter de Couchtisch verstecken, die Gartenparty) und ist amüsant wie spannend.
Für mich also ein guter Film, aber warum gerade "Parasite" jetzt der große Durchbruch für den asiatischen Film wurde oder warum "Parasite" und nicht "Midsommar" der Arthouse-Dauerbrenner und mit Preisen überschüttet wurde, das muss ich dann nicht verstehen.
babygirliegirl am 08.02.2021 um 01:49 Uhr:
Ich fand ihn schon wirklich sehr gut und packend. Visuell mega beeindruckend. Von Bong Joon Ho gefällt mir tatsächlich The Host noch mal besser (aber auch erst nach wiederholtem Sehen). Der verbindet Gesellschaftskritik ja mit Monsterfilm, auch ne interessante Mischung.