MTViva liebt dich!

motorhorst am 12.11.2023 um 14:03 Uhr:

Was kann man bei einer oral history über Musik(fernsehen) schon falsch machen? Eben! Die beiden Autoren und selbst Beteiligten erzählen die Höhepunkte und den Niedergang von VIva und MTV in Deutschland. Ich hatte mich auf jede Menge Fehlwarnehmungen eingestellt, über die ich mich echauffieren könnte, aber weit gefehlt. Das liest sich super weg, beinahe nur O-Töne mit vereinzelten Einschüben von Kavka und Giglinger, die sich aber auf 1-2 Absätze beschränken. Interessante Gesprächspartner (u.a. Jan Müller), auch wenn das zum Teil etwas unausgewogen erscheint (gefühlt sind z.B. alle Selig-Mitglieder dabei).

Teilweise wirklich erstaunliche Geschichten, wie die, wie aus einer völlig unter dem Radar gelaufenen Single einer unbekannten Band namens Wir sind Helden nur durch heavy Videorotation ein Riesenhit und Grundstein einer Karriere wird. Anhand solcher Episoden wird einem noch einmal vor Augen gerufen, welche Macht das Musikfernsehen einst hatte und wie es diese auch gnadenlos nutzte: So werden kostspielige Videoproduktionen und Promo-Aktionen der Labels einfach vernichtet, indem man die Videos einfach nicht in die Rotation nimmt (nur 10 neue Titel pro Woche, so Daumen mal Pi, waren dort jeweils vorgesehen).

Auch ansonsten viele lustige Geschichten über Drogen, Exzesse und Geldvernichtung. Schön auch, dass zu verschiedenen Leuten glasklar Stellung bezogen wird, ob Naidoo oder sogar dem beteiligten Pocher. Viel Nostalgie und Seufzen, teilweise auch Erleichterung, dass das grundsätzlich vorbei ist und Erstaunen, dass die alle damit durchgekommen sind.