Im Lauf der Zeit

Christian_alternakid am 28.10.2021 um 21:12 Uhr:

Dass Wim Wenders neben Fassbinder und Herzog die Gallionsfigur des "Neuen Deutschen Films" war, ist nicht immer leicht nachzuvollziehen, kennt man nur seine mittleren bis späten Werke, die doch sehr 'Arthouse-Establishment' sagen. Doch bei einem frühen Film wie "Im Lauf der Zeit" kann man erahnen, dass auch Wenders ein Ikonoklast gewesen sein mag, selbst wenn er diese Reise zweier Misfits entlang der deutsch-deutschen Grenze - von Wolfsburg bis Hof - elegisch und "schön" filmt. Aber nicht nur ist diese Geschichte über das "Driften" - was der Film in seiner mäandernden Struktur auch formal aufgreift - ein Gegenentwurf zur bundesrepublikanischen Gesellschaftsidee des Ankommens, sondern scheut Wenders auch nicht vor verstörenden Szenen zurück (ein in Großaufnahme auf ein Feld scheissender Hauptdarsteller und ein masturbierender Filmvorführer), die gerade im sonstigen stilistischen Kontext der Schönheit der Wender'schen Schwarz-Weiß-Aufnahmen jeder Verklärung entgegenstehen.