Ein sensationeller Film, oder?
Was für ein verrückter Ansatz - und wie gut der funktioniert. Eben nicht als Gimmick, sondern wirklich etwas beiträgt dazu, wie diese Geschichte erzählt werden kann.
Ich glaub wirklich ganz fest daran, dass das ein Film ist, über den in 20 Jahren noch geschrieben werden wird.
Wenn man direkt nach dem Film Wikipedia, IMDB, etc. durchwühlt, weil man sich die ganze Zeit fragt, wie die das gemacht haben,wie das Konzept und die Planung war und vor allem, wo es die Tracklist zum "The Black Album" gibt (übrigens: hier), dann weiß man schon, dass der Film so ziemlich alles richtig gemacht hat.
Die ganze ruhige Art, in der der Film, irgendwie auch ohne Höhepunkte (was aber überhaupt nicht negativ ist) abläuft, ist wirklich faszinierend. Auch die lange Spieldauer stellt da überhaupt kein Problem dar. Sehr rund. Sehr gut.
Linklater steht ja auf solche jahr(zehnte)lange Projekte, siehe die "Before"-Reihe mit den jeweils 9 Jahren zwischen den einzelnen "Teilen", aber das hier setzt natürlich ganz eigene Maßstäbe.
Mich hat der nicht sooo vom Hocker gerissen. Klar, der ist auf jeden Fall gut, tolle Figurenzeichnung, netter Aufbau, etc.
Soundtrack ist klasse.
Aber gemessen an der "Before"-Trilogie & dem großartigen "Slacker" hatte der für mich zu wenig Schauwert...
Solche langjährigen Projekte gibts ja schon lange im Dokfilm-Bereich & in der Fotografie, was immer super funktioniert.
Ich find Linklater meistens wirklich gut (meine Favoriten vor Boyhood waren "Dazed & Confused" und "Waking Life"), aber das hier ist so ein *Ding* einfach - es fühlt sich an, als wäre die ganze Karriere von ihm genau auf diesen Punkt zugelaufen, als wären alle Filme vorher eben notwendig gewesen, um bei so etwas Vollendetem wie Boyhood anzukommen. Da sind all seine Themen, ob das Coming Of Age aus Dazed & Confused etc oder die Unmöglichkeit von Liebe aus den Before-Filmen oder die philosophisch-existentialistischen Exkurse aus Waking Life vorhanden, aber eingebettet in eine fließende epische Riesenerzählung, die auch noch so einen natürlichen Flow hat, so etwas Unangestrengtes, dass ich da nur den Hut ziehen kann. Für mich noch mal klar eine Weiterentwicklung zur Before-Trilogie. Dieses alte Klischee, dass Serien die Romane unserer Zeit wären - das passt für Boyhood erst recht.
Ich hoffe auch echt arg, dass Boyhood trotz seiner strukturellen Ungewöhnlichkeit bei der Oscar-Verleihung zumindest in den Nominierungen berücksichtigt wird, wenn nicht mehr.
Ich finde Linklater prinzipiell auch toll, bin ja schon mit Slacker eingestiegen, der immer noch zu meinen absoluten Top-Filmen gehört. Die Newton-Boys habe ich wegen der Thematik ausgelassen, weil mich das zu wenig interessierte. Waking Life ist toll, auch das Gefühl der Schwummerigkeit, die man beim Schauen dank Rotoskopie hat, für eine Wertung muss ich mir den aber noch mal anschauen.
Von Dazed & Confused war ich beim ersten Mal etwas enttäuscht (weil ich natürlich Slacker II erwartete), aber nach wiederholtem Sehen ist der auch gut. Schöne Coming-of-Age-Geschichte in einer mir eher fremden Zeit (aber für Freunde von American Graffiti sicher super).
Das Ziel, die Before-Trilogie endlich komplett zu schauen, endete bisher nur mit einem Wieder-Sehen von Before Sunset. Der ist natürlich immer noch top. Rest folgt dann hoffentlich noch dieses Jahr.
Ansonsten hoffe ich, dass subUrbia endlich mal wieder am TV kommt, auf DVD rauskommt, irgendwo gestreamt wird. Ist wie Looosers so ein verschollener Titel für mich, den ich gerne wiedersehen möchte, aber nicht kann/darf. Wobei: Nachdem ich mir gestern schon eine Lafote-KASSETTE gekauft habe, könnte ich natürlich auch den Video-Rekorder wieder auspacken und mir die beiden Filme auf VHS besorgen.
Also, wenn Slacker nicht wäre, wäre Boyhood mein Lieblings-Linklater, so ist er ganz knapp die Nr.2 - auch wenn man die beiden schwer vergleichen kann. Dennoch sicher der Film des Jahres 2014 bisher.
Und klar, im Doku-Bereich gibt es viele solche Langzeitstudien (ist auch in der Wikipedia zu Boyhood gut aufgelistet), aber ich finde Doku/Spielfilm macht immer noch nen Unterschied. Und wenn man liest, wie gedreht/geplant/geschrieben wurde, ist es umso erstaunlicher, dass so ein rundes Werk heraus gekommen ist. Man muss ja auch mit vielen Eventualitäten rechnen: Was wenn einer der Schauspieler keinen Bock mehr hat, fett wird, sich als total untalentiert (hallo Lorelei Linklater) herausstellt? Linklater hatte ja offenbar sogar vereinbart, dass Ethan Hawke den Film fertig stellt, sollte er selbst während der Entstehungszeit versterben. Auch er muss wohl noch lernen, dass immer noch mehr vor uns liegt als hinter uns.
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Christian_alternakid am 03.11.2014 um 09:15 Uhr:
Ein sensationeller Film, oder?Was für ein verrückter Ansatz - und wie gut der funktioniert. Eben nicht als Gimmick, sondern wirklich etwas beiträgt dazu, wie diese Geschichte erzählt werden kann.
Ich glaub wirklich ganz fest daran, dass das ein Film ist, über den in 20 Jahren noch geschrieben werden wird.
motorhorst am 03.11.2014 um 09:24 Uhr:
Wenn man direkt nach dem Film Wikipedia, IMDB, etc. durchwühlt, weil man sich die ganze Zeit fragt, wie die das gemacht haben,wie das Konzept und die Planung war und vor allem, wo es die Tracklist zum "The Black Album" gibt (übrigens: hier), dann weiß man schon, dass der Film so ziemlich alles richtig gemacht hat.Die ganze ruhige Art, in der der Film, irgendwie auch ohne Höhepunkte (was aber überhaupt nicht negativ ist) abläuft, ist wirklich faszinierend. Auch die lange Spieldauer stellt da überhaupt kein Problem dar. Sehr rund. Sehr gut.
Linklater steht ja auf solche jahr(zehnte)lange Projekte, siehe die "Before"-Reihe mit den jeweils 9 Jahren zwischen den einzelnen "Teilen", aber das hier setzt natürlich ganz eigene Maßstäbe.
babygirliegirl am 03.11.2014 um 13:48 Uhr:
Mich hat der nicht sooo vom Hocker gerissen. Klar, der ist auf jeden Fall gut, tolle Figurenzeichnung, netter Aufbau, etc.Soundtrack ist klasse.
Aber gemessen an der "Before"-Trilogie & dem großartigen "Slacker" hatte der für mich zu wenig Schauwert...
Solche langjährigen Projekte gibts ja schon lange im Dokfilm-Bereich & in der Fotografie, was immer super funktioniert.
Christian_alternakid am 03.11.2014 um 15:46 Uhr:
Ich find Linklater meistens wirklich gut (meine Favoriten vor Boyhood waren "Dazed & Confused" und "Waking Life"), aber das hier ist so ein *Ding* einfach - es fühlt sich an, als wäre die ganze Karriere von ihm genau auf diesen Punkt zugelaufen, als wären alle Filme vorher eben notwendig gewesen, um bei so etwas Vollendetem wie Boyhood anzukommen. Da sind all seine Themen, ob das Coming Of Age aus Dazed & Confused etc oder die Unmöglichkeit von Liebe aus den Before-Filmen oder die philosophisch-existentialistischen Exkurse aus Waking Life vorhanden, aber eingebettet in eine fließende epische Riesenerzählung, die auch noch so einen natürlichen Flow hat, so etwas Unangestrengtes, dass ich da nur den Hut ziehen kann. Für mich noch mal klar eine Weiterentwicklung zur Before-Trilogie. Dieses alte Klischee, dass Serien die Romane unserer Zeit wären - das passt für Boyhood erst recht.Ich hoffe auch echt arg, dass Boyhood trotz seiner strukturellen Ungewöhnlichkeit bei der Oscar-Verleihung zumindest in den Nominierungen berücksichtigt wird, wenn nicht mehr.
motorhorst am 04.11.2014 um 07:27 Uhr:
Ich finde Linklater prinzipiell auch toll, bin ja schon mit Slacker eingestiegen, der immer noch zu meinen absoluten Top-Filmen gehört. Die Newton-Boys habe ich wegen der Thematik ausgelassen, weil mich das zu wenig interessierte. Waking Life ist toll, auch das Gefühl der Schwummerigkeit, die man beim Schauen dank Rotoskopie hat, für eine Wertung muss ich mir den aber noch mal anschauen.Von Dazed & Confused war ich beim ersten Mal etwas enttäuscht (weil ich natürlich Slacker II erwartete), aber nach wiederholtem Sehen ist der auch gut. Schöne Coming-of-Age-Geschichte in einer mir eher fremden Zeit (aber für Freunde von American Graffiti sicher super).
Das Ziel, die Before-Trilogie endlich komplett zu schauen, endete bisher nur mit einem Wieder-Sehen von Before Sunset. Der ist natürlich immer noch top. Rest folgt dann hoffentlich noch dieses Jahr.
Ansonsten hoffe ich, dass subUrbia endlich mal wieder am TV kommt, auf DVD rauskommt, irgendwo gestreamt wird. Ist wie Looosers so ein verschollener Titel für mich, den ich gerne wiedersehen möchte, aber nicht kann/darf. Wobei: Nachdem ich mir gestern schon eine Lafote-KASSETTE gekauft habe, könnte ich natürlich auch den Video-Rekorder wieder auspacken und mir die beiden Filme auf VHS besorgen.
Also, wenn Slacker nicht wäre, wäre Boyhood mein Lieblings-Linklater, so ist er ganz knapp die Nr.2 - auch wenn man die beiden schwer vergleichen kann. Dennoch sicher der Film des Jahres 2014 bisher.
Und klar, im Doku-Bereich gibt es viele solche Langzeitstudien (ist auch in der Wikipedia zu Boyhood gut aufgelistet), aber ich finde Doku/Spielfilm macht immer noch nen Unterschied. Und wenn man liest, wie gedreht/geplant/geschrieben wurde, ist es umso erstaunlicher, dass so ein rundes Werk heraus gekommen ist. Man muss ja auch mit vielen Eventualitäten rechnen: Was wenn einer der Schauspieler keinen Bock mehr hat, fett wird, sich als total untalentiert (hallo Lorelei Linklater) herausstellt? Linklater hatte ja offenbar sogar vereinbart, dass Ethan Hawke den Film fertig stellt, sollte er selbst während der Entstehungszeit versterben. Auch er muss wohl noch lernen, dass immer noch mehr vor uns liegt als hinter uns.