Auf den ersten Blick ist Andrew Dominiks Marilyn-Monroe-Film ein klassisches Biopic: von Jugend bis Tod spannt sich seine Erzählung, das übliche Kindheitstrauma als Trigger für alle späteren Verfehlungen und Verletzungen inklusive. Aber wie Dominik seine Marilyn-Geschichte umsetzt, könnte nicht weiter weg sein von üblichen Malen-nach-Zahlen-Biographien.
Mit jeder erdenklichen visuellen Spielerei und häufigem, auf mich völlig random wirkenden Wechsel der Aspect Ratio schafft er einerseits eine ständige Unruhe in den Bildern, die er aber andererseits immer wieder mit Schwarz-Weiß-Bildern kontrastiert, die wie hinter einen Traumschleier wirken. Durch letzteres lehnt sich "Blonde" manchmal an David-Lynch-Filme an (auch wird das "Laura Palmer Theme" gegen Ende mindestens "zitiert"), ist aber in seiner Wirkung näher an "Inland Empire" als an "Twin Peaks". Ähnlich wie Laura Dern in "Inland Empire" sehen wir auch Ana de Armas als Marilyn bei der Auflösung ihrer Persönlichkeit zu. Ergebnis ist ein Film der Dissoziation.
Nach einem unheimlich starken Beginn, der verstörend nahe geht, verliert sich "Blonde" aber auch selbst immer mehr, so dass Marilyn Monroe nur noch Projektion wird, aber kein Charakter mehr ist, mit dem man fühlen könnte. Möglicherweise steckt hier auch ein Meta-Kommentar, denn offensichtlich ist Andrew Dominik genau an den Fragen von Projektion vs. Person interessiert und holzhämmert seine Punkte auch mit Nachdruck dem Zuschauer ein.
Am Ende bin ich zwiegespalten: ein starker, starker Beginn und manche fast unwirklich schöne Bilder, die aber mit ihrem enormen Verstörungspotential das "Leichtwegschauen" richtigerweise verhindern, andererseits aber auch viele Längen, keinerlei Subtilität und das Gefühl, einem seelischen Torture Porn beizuwohnen.
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Christian_alternakid am 10.10.2022 um 09:07 Uhr:
Auf den ersten Blick ist Andrew Dominiks Marilyn-Monroe-Film ein klassisches Biopic: von Jugend bis Tod spannt sich seine Erzählung, das übliche Kindheitstrauma als Trigger für alle späteren Verfehlungen und Verletzungen inklusive. Aber wie Dominik seine Marilyn-Geschichte umsetzt, könnte nicht weiter weg sein von üblichen Malen-nach-Zahlen-Biographien.Mit jeder erdenklichen visuellen Spielerei und häufigem, auf mich völlig random wirkenden Wechsel der Aspect Ratio schafft er einerseits eine ständige Unruhe in den Bildern, die er aber andererseits immer wieder mit Schwarz-Weiß-Bildern kontrastiert, die wie hinter einen Traumschleier wirken. Durch letzteres lehnt sich "Blonde" manchmal an David-Lynch-Filme an (auch wird das "Laura Palmer Theme" gegen Ende mindestens "zitiert"), ist aber in seiner Wirkung näher an "Inland Empire" als an "Twin Peaks". Ähnlich wie Laura Dern in "Inland Empire" sehen wir auch Ana de Armas als Marilyn bei der Auflösung ihrer Persönlichkeit zu. Ergebnis ist ein Film der Dissoziation.
Nach einem unheimlich starken Beginn, der verstörend nahe geht, verliert sich "Blonde" aber auch selbst immer mehr, so dass Marilyn Monroe nur noch Projektion wird, aber kein Charakter mehr ist, mit dem man fühlen könnte. Möglicherweise steckt hier auch ein Meta-Kommentar, denn offensichtlich ist Andrew Dominik genau an den Fragen von Projektion vs. Person interessiert und holzhämmert seine Punkte auch mit Nachdruck dem Zuschauer ein.
Am Ende bin ich zwiegespalten: ein starker, starker Beginn und manche fast unwirklich schöne Bilder, die aber mit ihrem enormen Verstörungspotential das "Leichtwegschauen" richtigerweise verhindern, andererseits aber auch viele Längen, keinerlei Subtilität und das Gefühl, einem seelischen Torture Porn beizuwohnen.