Rock im Park 2001

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Freitag, 01.06.2001 - Sonntag, 03.06.2001 - Frankenstadion / Zeppelinfeld Nürnberg

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Erlebnisse und Berichte

motorhorst am 25.10.2018 um 15:14 Uhr:

Aus dem mh-Archiv von damals:

Nachdem die Einkäufe im neuen Zuhause abgeliefert wurden, wird der Geldbeutel noch mal aufgefüllt und erneut die U-Bahn betreten. Ziel: Frankenstadion. Eigentlich sollte das auch leicht erreichbar sein, denkt man als dummer Mensch. Ca. eine Stunde Fussmarsch nach dem Aussteigen ist man dann aber schon schlauer: Dann sieht man nämlich das Stadion schon von weitem. Glücklicherweise sind überall Tankstellen und Getränkestände aufgebaut und so bereits einiges Bier konsumiert, als man sich endlich anstellen darf um seinen Kartengutschein in eine alberne richtige Karte und ein lumpiges Armband einzutauschen. Das Armband klebt die nette Tauscherin klugerweise so schief zu, dass die halbe Unterarmbehaarung mitklebt.

Nach dieser endlosen Tortur dann ein Hetzen zur Arena, denn Blackmail sollen dort gleich spielen. Natürlich hat Herr Motor nicht mit der grandiosen "Organisation" von Abzock im Park gerechnet: Jeder Einzulassende wird natürlich von der tumben Security kontrolliert (Karte und Armband - logisch, wozu hab ich eigentlich das Armband wenn ich jedes Mal die Karte mit rausfummeln muss?). Anschliessend kommt ein zweiter Kontrollring aus Polizistenschülern. Diese greifen wahllos Leute heraus, um diese nach Drogen zu durchsuchen.

Gut 30 Minuten später hat man diese 15 m dann überbrückt und darf sich noch 3 Lieder von Blackmail anhören. Diese haben wie üblich Probleme mit ihrem Livesound (Mischer feuern oder Spielen lernen, bitte, die Alben sind doch auch grossartig!), rocken aber trotzdem volles Rohr und Sänger Aydo macht wie üblich feine Spässe. Anschliessend schaut man sich das Ganze mal von den Rängen an und bemerkt bei einem Blick aus dem Fenster, dass stellenweise gar keine Leute mehr eingelassen werden und Security und Polizisten eine menschliche Kette (leider ohne Lichter) gebildet haben, um die andrängenden Massen aufzuhalten.

Herr Motor fasst in diesem Moment einen kühnen Entschluss: Obwohl Tool erst 5 Stunden später spielen sollen, wird er die Arena nicht mehr verlassen. Dort gibt es zwar nichts zu essen, aber dafür etliche Bierstände. Slut und Tomte wird man deshalb wohl erst beim Uni-Open-Air in Bayreuth sehen dürfen, aber dafür sieht man einige Bands, die man sich ansonsten nicht angeschaut hätte und weiss noch nicht mal welche, wegen: man hat natürlich auch keinen Ablaufplan mitgenommen. Ein Horst Motor ist halt immer top vorbereitet.

Bier 3: Als erstes steht hed(pe) auf dem Plan. Bereits beim Soundcheck stellt man fest, dass sie musikalisch auf einer Linie mit Korn und Konsorten liegen. So ist's dann auch. Offenbar ist der DJ der Band nicht mitgekommen, denn wenn dieser Irrwisch im Exhibitionisten-Mantel hinter den Plattenspieler ein reguläres Bandmitglied ist, dann gibt es beim Proben bestimmt keine Langeweile....Die bereits gut gefüllte Halle flippt aus, das vordere Drittel der Menge lässt sich immer wieder zum Springen animieren. Der Sänger sammelt Sympathiepunkte: Er erzählt, welch grosse Ehre es für ihn sei, mit einer fantastischen Band auf der selben Bühne zu stehen. Freudige Erwartung. Die Zuschauer sollen doch bitte "a big hand" geben für.....Tool ! Die Halle rast. Gänsehaut. Das wird allerdings schnell etwas relativiert. Die grosse Hand gibt es nämlich auch noch für Papa Roach und Godsmack.

In der Pause gibt es gleich mal einen Dämpfer. Einer der trotteligen Moderatoren gibt bekannt, dass Orbital abgesagt haben. Ganz toll, mein Aftershow-Programm ist damit zunichte gemacht (was sich aber im Nachhinein als kleineres Fiasko erweist: ich hätte sonst noch drei Stunden mit Biertrinken verbringen müssen).

Bier 4: Godsmack aus Boston sind die nächste Band. Man überlegt immer, ob sie lieber die Deftones oder Monster Magnet sein möchten. Harter Gitarrenrock auf jeden Fall mit einem charismatischen Sänger, der die (immer noch begeisterte und springende Menge) auffordert "over here" und "over there" einen riesigen Moshpit zu veranstalten, was diese auch begeistert tut. Zwischendurch sollen alle im Innenraum mal den Rängen die Finger zeigen, da die nicht beim Klatschen und Schreien mitmachen. Spassig. Von der Musik bleibt nicht sooo viel hängen, vielleicht kann man in das Album mal reinhören. Interessant war noch die Tatsache, dass Billy Corgan, der am Freitag noch Drummer bei Radiohead am Ring war, hier jetzt auf einmal Bass spielte. Bass-Haltung übrigens original-fieldy-korn-style.

Bier 5-7: Tex spielten wohl als nächstes. Plötzlich bewegte sich gar nichts in der Menge, da offenbar niemand die Band kannte und diese auch noch mehr als belanglos war. Herr Motor nutzte die Zeit ausschliesslich zum Biertrinken und Security- und Polizisten beim Versagen beobachten. Wer sich für solche Berufe entscheidet, sollte sich nur mit solchen Situationen auseinandersetzen müssen: entwürdigendes "Absperren", verzweifeltes Koordinieren von oben und einfach blöd sein. Nach unten durfte man inzwischen auch nicht mehr, ich war in den Rängen gefangen. Rock am Rang.

Bier 8-10: Thumb. Kann man einfach nicht mehr hören. Sind doch immer wieder dasselbe, doch die Menge liebte sie auch wieder. Springen und balgen ohne Ende. Was soll's. Biertrinken.

Bier 11-12: H-Blockx: Siehe Thumb. Selbe Situation. Herr Motor kann sich kaum noch erinnern von denen was gesehen zu haben. Nur mal kurz den dicken Henning und den Bassisten, der immer so grimmig guckt. War der andere "Sänger" auch dabei? Hat der jetzt halblange Haare? War da jemand schon stark angetrunken? Zumindest eine dieser Fragen können wir definitiv mit "Ja!" beantworten. Gegen Ende des Sets nochmal aufs sehr noble Klo, ein dreizehntes Bier gekauft und einen Platz besorgt. Die Wächterin erkennt mich und lässt mich ganz vorne bei der Bühne Platz nehmen. Von dort sehe ich leider nur die Boxen und das Drum-Kit.

Bier 13: Tool. Was soll ich sagen? Dass es grandios war? Möglicherweise war es das. Leider konnte ich mich nicht mehr von meinem Platz bewegen. Bei "The Grudge" kurz aufgesprungen und dabei fast in den Innenraum gefallen, deshalb besser wieder hingesetzt. Neben dem Drumkit steht ein Podest. Das sehe ich auch. Und auf diesem Podest steht während des ganzen Konzertes Maynard James Keenan und der reicht mir eigentlich. Gitarrist und Bassistin kann ich mir auch in Düsseldorf anschauen. MJK steht vor einer kleineren Videowand, eine grössere hängt hinter der Band. Darauf laufen pausenlos Filme im üblichen Tool-Stil. Grandios. Beängstigend. MJK trägt eine Art Lederschürze, derer er sich aber schnell entledigt, um wie gewohnt nur mit Shorts bekleidet zu singen, schreien, zucken, was auch immer. Das Konzert beginnt so plötzlich, dass ich nicht mal vor Begeisterung in Tränen ausbrechen kann. Und es vergeht wie im Flug. Schwerpunkte natürlich auf den letzten beiden Alben. Ab und zu kurze, absolut unverständliche Ansagen. Wahnsinn, denke ich mal. Die Menge ist einfach nur ehrfürchtig. Oder verwirrt.

Bevor ich noch in die Verlegenheit komme, mir Papa Roach antun zu müssen, verlasse ich schwer beeindruckt, aber auch mit schwerer Seitenlage den Ort des Geschehens. Am Eingang warten Unmengen von halb-so-alten-wie-ich, die wahrscheinlich alle denken "wie kann der Idiot nur jetzt gehen, wo doch die Superband kommt. Womöglich war der gestern nicht mal bei Linkin Park und Limp Bizkit." War ich auch nicht, vor allem muss ich mir aber in zwei Jahren keine Vorwürfe machen, dass ich meine Zeit bei einer Band verschwendet habe, die niemand mehr kennt und deren Lyrics einfach nur primitiv und oberflächlich sind.

Absolut orientierungslos wanke ich umher, abwechselnd nach einer U-Bahn-Station oder einem Taxi. Endlich kommt ein Taxi, ich springe rein, aber der ältere Türke fragt, ob ich es telefonisch bestellt habe. Habe ich nicht, also wieder raus. Einige hundert (tausend?) Meter dann das nächste. Rein. Nach Gostenhof bitte. Der Nazi fährt mit seinem Nazi-Auto los. Wir sind bestimmt 3 Stunden unterwegs. Denke ich zumindest. Genug Zeit, um über das Erlebte zu reflektieren. Man reflektiert ja so gerne mit drei Promille: Wirklich alle waren sie wieder da: Die Schreier (war "Helga" irgendwann mal lustig?), die Herumspringer, die Suffnasen, die blöd-starrenden Hascher, die Motorradfahrer, die In-die-Hecke-Scheisser, die um Geld oder Essen Anbettlerinnen, die "Ficken 10 DM"-Schild-Aufsteller, die laut ToteHosenBryanAdamsBöhseOnkelz-Hörer. Überhaupt: Während ich auf den Einlass in die Arena wartete durfte ich hintereinander "Summer of 69", "I love Rock n Roll" und "Hells Bells" hören. Was glauben diese Vollidiotenveranstalter denn, was für Proleten bei ihrer Mistveranstaltung sind? Offenbar wissen sie gut Bescheid: Anstatt die Anlage zu demolieren und den DJ anzubrüllen: "Mach die verdammte Scheisse aus" gröhlt neben mir lauthals ein Arschloch "Tii En Tii - hey hey hey". Wahnsinn.

Wir sind dann irgendwann doch noch da "in Gostanbul" wie der Nazi-Taxifahrer sagt. "Blödes Naziarschloch" denke ich. "Haha" sage ich. 26,10 DM. Ich gebe ihm 30,- DM auf seine ausgestreckte Nazihand und schlage die Nazitür seines Naziautos zu. Wie ich in die Wohnung gekommen bin weiss ich nicht mehr, aber ich muss es geschafft haben, da ich dort aufgewacht bin. Glücklicherweise habe ich mich nicht mehr an die Depeche Mode-Party im Tullnau-Park erinnert, sonst hätte ich mich dorthin fahren lassen. In dieser Verfassung hätte ich nämlich spielend den "Dave Dancing"-Wettbewerb gewonnen.

Anmerkung 2018: BasstiIN bei Tool?

Christian_alternakid am 01.06.2019 um 10:28 Uhr:

Das war die Veranstaltung, die mir auf Jahre hinaus das Prinzip Festival verleidet hatte. Eine unterirdisch miese Organisation und Security, die offensichtlich danach ausgewählt wurden, dass sie im Lebenslauf "größtes Arschloch von 1998 bis 2001 running" stehen hatten. Habe mich wegen eines Disputs um eine Sunkist-Tüte mit einem Security-Typen sogar so angelegt, dass ich seinen Namen wissen wollte (Kennzeichnungspflicht, FFS!) um mich über ihn namentlich zu beschweren. Was der Typ aber natürlich nicht gemacht hat, sondern dafür den anderen Gorilla (no offense zu euch Affen) zur Verstärkung holte. Grund war die offensichtliche Frechheit, mir ins Gesicht zu lügen, dass Limp Bizkit darauf bestanden hätten, dass wir keine Sunkist-Tüten ins Stadion nehmen dürften.
Dann das grandiose Radiohead-Konzert vor einem halbleeren Stadion. Aber bei Anastacia glücklich werden, ihr fucking Banausen.
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