TVMotor says…

15.09.2006 | 4 Kommentare | Christian_alternakid

Ein Kleinod pro Tag: vom 16.9. bis zum 29.9.
Samstag, 16. September:

Lost In Translation (USA, 2003)
ARD 23.10

Sofia Coppola gelang nach Virgin Suicides mit Lost In Translation der zweite großartige Film. Lost In Translation zeigt auf unkomplizierte, stille Art mehr über die Einsamkeit im Leben als tausend Worte sagen könnten. Wie passend, dass man den letzten Satz von Bill Murray, hier in der Rolle seines Lebens, zu Scarlett Johansson nicht einmal hört. Verlorenheit und Melancholie im Moloch Großstadt. Seit Chungking Express wurde das nicht mehr so schön gezeigt.


Sonntag, 17. September:

Die fabelhafte Welt der Amelie (F, 2001)
Vox, 20.15

Um Amelie gab es dereinst so viel Wirbel, dass der Backlash nicht auf sich warten ließ. Angeführt von Harald Schmidt wurde unversehens der putzige französische Märchenfilm in Hipster-Kreisen zum Abschuss freigegeben. Doch weit gefehlt: Amelie hat bei all der potentiell nervigen Niedlichkeit einen zu cleveren Regisseur als dass er wirklich abdriften könnte.


Montag, 18. September:

Fitzcarraldo (D, 1982)
Arte, 0.30

Wer jemals die unfassbare Dokumentation „Mein liebster Feind“ von Werner Herzog über seine Zeit mit Klaus Kinski gesehen hat, wird brennen, diesen Höhepunkt des gemeinsamen Schaffens in Gänze zu sehen. Den Wahnsinn, den Herzog hier – und selbstredend auch Kinski – an den Tag legt, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Die (reale) Hauptfigur Fitzcarraldo versuchte dereinst, einen Schiffsdampfer über einen Berg zu hieven, weil die Flussbiegungen nicht für die Durchfahrt geeignet waren. Herzog, in all seinem Wahnsinn, vollbringt exakt diesen Irrsinn ebenfalls in Fitzcarraldo, ohne special effects:Looking at the map, he becomes obsessed with the fact that a nearby river system offers access to hundreds of thousands of square miles of potential trading customers -- if only a modern steamship could be introduced into that system. There is a point, he notices, where the other river is separated only by a thin finger of land from a river that already is navigated by boats. His inspiration: Drag a steamship across land to the other river, float it, set up a thriving trade, and use the profits to build the opera house -- and then bring in Caruso! This scheme is so unlikely that perhaps we should not be surprised that Herzog's story is based on the case of a real Irish entrepreneur who tried to do exactly that.

The historical Irishman was at least wise enough to disassemble his boat before carting it across land. In Herzog's movie, however, Fitzcarraldo determines to drag the boat up one hill and down the other side in one piece. He enlists engineers to devise a system of blocks-and-pulleys that will do the trick, and he hires the local Indians to work the levers with their own muscle power. And it is here that we arrive at the thing about "Fitzcarraldo" that transcends all understanding: Werner Herzog determined to literally drag a real steamship up a real hill, using real tackle and hiring the local Indians! To produce the movie, he decided to do personally what even the original Fitzgerald never attempted
(Roger Ebert)
Kinski ersetzte übrigens in Fitzcarraldo aufgrund chaotischer Drehbedingungen den ursprünglich mitspielenden Mick Jagger in der Hauptrolle

Dienstag, 19. September:

A Clockwork Orange
WDR, 22.10

Stanley Kubrick, der Beethoven und Mozart der Filmgeschichte, mit seinem umstrittensten, bis heute aber besten Werk: A Clockwork Orange. Jahrzehntelange durfte Kubricks Abhandlung über Moral und Menschsein, das in einem dystopischen England spielt, nicht in Großbritannien aufgeführt werden und auch heute noch ist die unbändige Kraft und scharfe Intelligenz des Films um kein Jota vermindert. Einer der besten Filme aller Zeiten, Pflicht und Muss für einen Jeden!

Mittwoch, 20. September:

Die purpurnen Flüsse (F, 2000)
Pro7, 20.15

Die purpurnen Flüsse sind exakt zwei Drittel ihres Weges brillant-mysteriös-mystische Serienkillerunterhaltung bis eine Welle Unsinn all die schöne Exposition den Wasserfall der Vernunft hinab weit weg von den Landen der Logik spült. Schade, aber dennoch: die ersten zwei Drittel sind mit das beste was Hochglanzthriller aus Europa bisher zustande brachten. Und es gibt Jean Reno wie Vincent Cassel!


Donnerstag, 21. September:

Tracks
Arte, 0.15

Nachdem letzte Woche die Babyshambles durch Tracks zogen, schreit nun Karen O Charlotte Roche an. Dazu noch der Verrückte von Killing Joke und die sympathischen We Are Scientists, sounds like an hour of fun.


Freitag, 22. September:

Die üblichen Verdächtigen (USA, 1995)
Pro7, 23.25

Mit The Usual Suspects schuf Bryan Singer einen der cleversten Thriller der letzten Jahrzehnte, was er dem brillanten, brillanten (…and did I mention „brillant“?) Drehbuch von Christopher McQuarrie und der erstklassigen Darstellerriege (Kevin Spacey, Pete Postlethwaite, Benicio Del Toro, Gabriel Byrne, Chazz Palminteri,…) zu verdanken hat. Der beste Plottwist seit Jahren und ein fantastisch herausgearbeiteter, immer im Dunkeln bleibender evildoer Keyser Soze machen The Usual Suspects zu einem Erlebnis. The greatest trick the devil ever pulled was convincing the world he did not exist.


Samstag, 23. September:

They (USA, 2002)
ZDF, 23.15

Beitrag zum letztjährigen Fantasy Filmfest, der mit unseren Urängsten spielt: Dunkelheit und das potentiell darin lauernde Böse.

Sonntag, 24. September:

Natural Born Killers (USA, 1994)
K1, 0.45

Nach einem Drehbuch von Quentin Tarantino drehte Oliver Stone diese wilde Satire auf das Medienzeitalter, die absurderweise fürchterlich als Pladoyer für ein Killerpaar missverstanden wurde. Ein Rätsel wie man bei klarem Kopfe diesen Film derart fehlinterpretieren kann, zeigt die damalige Skandalwallung aber schön wie Medien und Politik auf satirische Kritik an ihnen reagieren: mit Holzhammerhorden und Zensurschreien. QT selbst distanzierte sich im Übrigen von Stones Endergebnis über Bonnie & Clyde aus dem Trailerpark auf psychedelischen Drogen.

Montag, 25. September:

Ein einfacher Plan
Tele5, 22.15

Ein einfacher Plan ist ein kalter, klarer Thriller von Spiderman und Tanz der Teufel - Regisseur Sam Raimi. Dieser eisige Thriller, dessen Leitthema die Korrumpierbarkeit des Menschen ist , spinnt gnadenlos sein Netz und reißt jeden ins Unglück. Es mag dem Film der bizarre Humor von Fargo fehlen, doch als zynischer Thrillerbruder des Coen-Brothers-Welterfolgs geht Sam Raimis Fingerübung mit dem eiskalten Händchen ohne Frage durch. Zu empfehlen!


Dienstag, 26. September:

Außer Atem (F, 1960)
B3, 23.20

Wahrscheinlich der Film, der bis heute Jean Luc Godards Ruf am meisten bekräftigt. Ein Meilenstein der Filmgeschichte, Startschuss der Nouvelle Vague und spielerisches Einfangen der 60er Jahre, das gibt es alles im A Bout De Souffle Paket. Man beachte Jean Seberg und ihre Frisur! Mehr davon, Damen dieser Welt.

Wie man es nicht macht, zeigen im Übrigen die USA um 21.45h auf dem gleichen Sender, wenn das Remake mit Kim Basinger (!) und Richard Gere (!!) und verdammt viel nackter Haut vor dem Godardschen Original läuft.


Mittwoch, 13. September:

Frankreichs Jugend erwacht
Arte, 16.00

Dokumentation über die Jugendrevolte des letzten Jahres in Paris, als das Gesetz, das Berufsanfängern zwei Jahre lang keinerlei Kündigungsschutz garantierte, zu Ausschreitungen und Straßenschlachten führte. Vielleicht auch bald hier, auf den Straßen der Generation Praktikum, wenn nicht deren Lethargie die Wut im Latte Macchiato ertränkt.


Donnerstag, 28. September:

Placebo & Franz Ferdinand auf Tour
Arte, 22.40

Arte begleitet die guten Franzens, wie sie mit dem glatzköpfigen bisexuellen Zwerg von Placebo durch die Landen ziehen. What’s wrong with a little destruction?


Freitag, 29. September:

El Mariachi (Mexiko, 1993)
Das 4., 22.40

El Mariachi oder das Ticket nach Hollywood. Mit sage und schreibe 8.000 Dollar drehte Robert Sin City Rodriguez diesen kleinen mexikanischen Thriller und landete einen überraschenden Glückstreffer, der zum von ihm selbst gedrehten Remake Desperado und einer beeindruckenden Kinokarriere führte. Das nächste Projekt von Rodriguez ist ein gemeinsamer Horrorfilm mit Tarantino namens Grindhouse, aus dem, so wird allerorts gemunkelt nun wohl doch kein zweigeteilter Episodenfilm, sondern je ein vollständiger Spielfilm der beiden Wunderkinder Hollywoods entstehen wird.
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Kommentare

Benny am 15.09.2006 um 12:15 Uhr:

Clockwork Orange ist für wahr einer der besten Filme den ich jemals sehen durfte, das gleiche gilt für Natural Born Killers und Amelie. Fitzgeraldo sollte man ebenfalls mal gesehen haben!

cleo am 15.09.2006 um 14:51 Uhr:

rightyright, und real horrorshow. aber bitte, bitte bitte auch das buch lesen, das ist nämlich fast noch besser!

Marquant am 15.09.2006 um 23:34 Uhr:

Markant gibt für außerordentliche Leistuingen im Bezug auf Medien und TV Plege: *****

Christian_alternakid am 16.09.2006 um 05:16 Uhr:

hey wie kann man so betrunken werden, wenn man nicht mit mir weggeht? wie schauts morgen aus? homedrinking, zusammen?


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